würzburg (JOKE) Wenn es um die Würzburger Residenz geht, geraten Kunstfreunde ins Schwärmen. Neumann, Tiepolo und die Fürstbischöfe aus dem Hause Schönborn sind die Namen, die in diesem Zusammenhang zunächst genannt werden. Der geniale Stukkateur Antonio Bossi sowie die weiteren für die Ausstattung zuständigen Künstler und Kunsthandwerker standen bisher in ihrem Schatten. Eine umfangreiche Doktorarbeit schließt nun Lücken der Forschung.
Im Zentrum des von Dr. Verena Friedrich vorgelegten Werkes stehen die Paradezimmer südlich des Kaisersaals sowie der unter Fürstbischof Friedrich Carl von Schönborn ausgestattete Weiße Saal. "Das Fürstbistum Würzburg galt als reichstes und wichtigstes Hochstift im Heiligen Römischen Reich", betont die Wissenschaftlerin; "Glanz und Prachtentfaltung wurden mit politischem Ansehen gleichgesetzt". Es verwundert daher nicht, wenn der Fürstbischof 1746 gegenüber dem Domkapitel äußerte, man habe die Residenz "von Grund auf neu erbauet und respect mässig meublieret" um das "Ansehen zu mehrern"; außerdem gereiche sie zur "Zierde der Statt."
Als Quelle diente die umfangreiche Korrespondenz zwischen Neumann und dem Fürstbischof, der die meiste Zeit seiner Regierung in Bamberg residierte oder sich in seinem Sommerschloss Pommersfelden aufhielt. Daneben konnte Friedrich wichtige Dokumente des Staats-, Stadt- und Diözesanarchivs sowie Bestände der Universitätsbibliothek und des Martin von Wagner-Museums auswerten.
Fürstliche Bauherren überließen nichts dem Zufall, und so schickte Johann Philipp Franz von Schönborn seinen Architekten Neumann 1723 nach Paris, um die neuesten Moden der Raumdekoration in Augenschein zu nehmen. Neumann war völlig begeistert von der Pracht aus Marmor, Gold und feinsten Schnitzereien. Dazu Friedrich: "Neben Ornamentstichen brachte er Modelle von Kaminen und Möbelstücken, Spiegelrahmen und Wandleuchter von seiner Reise mit, die seinen Kunsthandwerkern als Muster dienen sollten." Auch einen Vergolder und einen Tapezierer konnte er in Paris für Würzburg verpflichten.
Maßgeblich beteiligt an der Ausstattung im Stil des Spätbarock und Rokoko waren der Hofmaler Johann Rudolf Byß, der Stuckator Antonio Bossi, der Kunstschreiner Ferdinand Hundt und der Bildhauer Johann Wolfgang van der Auwera.
Friedrich beschränkt sich in ihrer Untersuchung keineswegs auf die Analyse der Kunstwerke und der zugehörigen Dokumente, sondern stellt sie in einen umfassenden kulturgeschichtlichen Zusammenhang. Die 505 Seiten starke Untersuchung wurde von der Bayerischen Schlösserverwaltung gemeinsam mit der Gesellschaft für fränkische Geschichte herausgegeben.
Verena Friedrich, Rokoko in der Residenz Würzburg, München 2004. Preis: 53 Euro.