Für viele Menschen ist das Reisen mit dem Wohnmobil die große Freiheit. Jederzeit Halt machen können, eine Weile hier und da bleiben und wenn es dort nicht mehr gefällt, einfach mit allen Siebensachen weiterfahren. So ein Reisemobil macht unabhängig. Aber wer würde seinen Job kündigen, seine Wohnung auflösen und die Heimatstadt für eine Karriere auf Rädern verlassen? Nicht viele, mit der Ausnahme von Sabine Schmidt. Die Sängerin mit dem Künstlernamen „Lee'Oh“ hat diesen abenteuerlichen Schritt in die Selbstständigkeit gewagt.
„Materielle Dinge waren mir nie wichtig. Ich bin einfach konsequent meinen Weg gegangen“, erzählt Schmidt über ihren Entschluss, mit dem Wohnwagen loszuziehen und nach einem Produzenten für ihr erstes Album zu suchen. „Lee'Oh“ ist von englisch „lion“, übersetzt “Löwe“, abgeleitet und steht für ihre beharrliche und kämpferische Natur. „Der Name beruht auf der Tatsache, dass ich mit dem Herzen eines Löwen für das, wofür ich brenne, kämpfe“, erzählt die 38-Jährige.
Mit Nebenjobs über Wasser gehalten
Seit 2011 ist die gebürtige Würzburgerin hauptberuflich Sängerin. Sie sang in Cover- und Partybands aus der Region wie „Tale“ oder „Barboleto“ und hat sich mit Nebenjobs über Wasser gehalten. Jahrelang suchte sie nach einem Produzenten für ihr erstes Studioalbum, jedoch ohne Erfolg. Deshalb fasste sie vor rund einem Jahr den Entschluss: „Ich muss hier raus und meine Karriere selbst in die Hand nehmen“.
Sie löste ihren Hausrat auf, kündigte ihren Job und kaufte sich ein Wohnmobil, das auf unbestimmte Zeit ihr Zuhause sein sollte. Möbel und sonstige sperrige Sachen versteigerte und verschenkte sie. „Als Künstlerin verfolge ich zielstrebig meinen Weg. Dazu muss man Abstriche machen“, erzählt Schmidt.
Gepackt als würde sie "auf eine einsame Insel" fahren
Ihre Suche nach einem Produzenten startete im Allgäu und in München. Gepackt hat sie für ihr Vorhaben, als würde sie „auf eine einsame Insel“ fahren. Nur das nötigste Hab und Gut und ihre Hündin Jamie begleiteten sie. Ihr Umfeld war teilweise schockiert; andere bestärkten sie in ihrem waghalsigen Entschluss.
Campingerfahren war Sabine Schmidt nicht. Sie hatte nur einmal in einem Wohnmobil übernachtet und musste sich nun darüber Gedanken machen, wie und wo sie sich Wasser beschaffen und ihre Toilette entleeren kann. Um einen geeigneten Stellplatz für ihr Vorhaben zu finden, ging sie im Allgäu von Tür zu Tür: „Die Leute waren oft baff und ich kam mir vor wie Maria und Josef auf der Herbergssuche“. Zweimal wechselte sie bisher ihren Stellplatz. Mittlerweile steht sie mit ihrem Wohnmobil in einem kleinen Ort bei Buchloe mit Blick auf die Berge.
Erstes Studio-Album entsteht
Bei einem Coverabend in München lernte sie schließlich Goar Biesenkamp („Goar B.“), den ehemaligen Produzenten von „Lou Bega“, kennen. Ein Jahr zuvor hatte sie ihm bereits ihre Visitenkarte zugesteckt. Eine Zusammenarbeit ergab sich allerdings erst nach diesem Abend, woraufhin die Beiden schnell merkten, dass sie auf einer Wellenlänge sind. Seit Februar arbeiteten Schmidt und Goar B. nun fast täglich an den Demo-Aufnahmen des ersten Studio-Albums. Titel: „Angekommen“.
„Angekommen“ ist Schmidt nicht nur in der Musik. Denn trotz des unbeständigen Lebens habe sie zu sich gefunden, so die Sängerin. Ihren Musikstil beschreibt sie als „geerdeten Retro-Soul-Pop“, vergleichbar mit Künstlern wie Amy Winehouse, Roger Cicero oder Hildegard Knef.
Viel Zeit für Familie und Freunde bleibt ihr nicht. Ihren Vater und ihre Schwester besucht sie so oft es geht in Würzburg. Ein potenzieller Lebensgefährte müsste den großen Stellenwert der Musik in ihrem Leben akzeptieren, denn die habe stets Priorität.
Internationaler Durchbruch mithilfe von "Crowdfunding"
Ihr Ziel, ein internationales Studio-Album zu produzieren, will Schmidt über die Plattform „Crowdfunding“ erreichen. Dort können Fans die Musikerin mit Spenden ab fünf Euro unterstützen. Je nach Betrag erhalten sie Geschenke, von einer signierten Autogrammkarte bis zu einem persönlich vertonten Lied der Sängerin. Sollte das Ziel von 40 000 Euro nicht erreicht werden, dürfen Lee'Oh und ihr Produzent das bisher eingegangene Geld dennoch behalten und für die Produktion nutzen.
Den bequemsten Weg wählte Schmidt nicht. „Als selbstständige Musikerin durchlebt man natürlich auch harte Zeiten“, sagt sie. Besonders vor der Zusammenarbeit mit Goar B. gab es „schlechte Tage“. Ein wichtiges Ventil zur Verarbeitung ist für sie das Singen. In ihren selbst getexteten Liedern verarbeitet sie eigene Erfahrungen. Wie lange sie noch auf Rädern wohnen wird? „Darüber mache ich mir keine Gedanken, ich lebe im Hier und Jetzt“.
Infos zur Sängerin: www.leeoh.de/
Wer Lee'Oh unterstützen möchte, kann das noch bis zum 6. Januar 2015 tun: www.sponsume.com/de/project/leeoh-crowdfunding-zur-albumproduktion