„In aller Munde soll der Heilige Adalbero im Jahr seines 1000. Geburtstags sein“, beschlossen die Gläubigen der nach ihm benannten Pfarrgemeinde St. Adalbero im Würzburger Stadtteil Sanderau. Grund genug für Britta Pracher, Restauratorin und passionierte Bäckerin, dem Würzburger Heiligen zu Ehren eine eigene Geburtstagstorte zu kreieren. Damit ist ihr nicht nur ein wahrhaft schmackhafter Wurf gelungen, sondern sie reiht sich ein in eine jahrhundertealte Tradition.
Bereits vergangenen Herbst machte sich Britta Pracher auf die Suche und schmökerte in alten Backbüchern. Eher zufällig stieß sie dabei auf die Abbildung eines Holz-Models aus dem 16. Jahrhundert, das die Hochzeit zu Kana zeigt und zum Verzieren von Hochzeitstorten verwendet wurde. Denn – man glaubt es kaum – schon im frühen Mittelalter wurden in den Klöstern Kuchen und Torten zu hohen kirchlichen Festtagen gebacken. Mit Hilfe eigens angefertigter Abdruckmodel verzierte man die Gebäckstücke dann kunstvoll mit Motiven, die in Beziehung zum jeweiligen Fest standen.
Zum Ausformen des Models verwendete man bevorzugt Marzipan, eine aus geriebenen Mandeln, Honig und Rosenwasser hergestellte Köstlichkeit, die bereits in Schriften des 13. Jahrhunderts erwähnt wird. Die später als Luxusgut geltende Süßigkeit stammt übrigens aus dem Ori-ent, kam über Venedig nach Deutschland (Marcuspane, Markusbrot) und war ursprünglich eine Fastenspeise, die laut Thomas von Aquin „das klösterliche Fasten nicht bricht“.
Feinste Zutaten ausgewählt
Für das Torteninnere hat Britta Pracher feinste Zutaten ausgewählt, die es vermutlich schon zu Adalberos Zeiten gab und die in Beziehung zu seinem Leben und Wirken stehen. „Damit soll ein Bogen geschlagen werden von der Zeit seines Wirkens als Bischof zu Würzburg hin zu seinen väterlichen Stammsitz Lam-bach in Oberösterreich, das er in ein Benediktinerkloster umwandelte und in dem er bis zu seinem Tod lebte“, erklärt die experimentierfreudige Bäckerin. So verweisen die Preiselbeeren auf die waldreiche Landschaft Oberösterreichs, Weiß-wein und Walnüsse tragen dem in Franken und Lambach verwurzelten Weinanbau Rechnung, während Marzipan als klösterliche Fastenspeise den Bogen zum Klostergründer und -reformator schlägt.
„Schon die Zubereitung des Walnussbikuits war nicht einfach“, erzählt Pracher. „Da ich bewusst kein Backpulver verwenden wollte, fiel der Boden immer wieder zusammen und mein armer Sohn musste viele misslungene Tortenböden essen“, schmunzelt sie. Für die Preiselbeermasse erhitzte sie die Früchte mit Rotwein und stockte sie mit Gelatine. Die dritte Schicht sollte eine Buttercreme aus Weißwein, Eigelb und Milch sein.
Auch beim Komponieren der Torte über-ließ Pracher nichts dem Zufall. Bewusst legte sie drei mal drei Schichten an, denn „drei ist seit alters her eine heilige Zahl“. Eine Dreierschicht besteht jeweils aus einem Wallnussbiskuitboden, Preiselbeeren und Weißwein-Buttercreme. So ergibt sich – ebenfalls keineswegs zufällig – ein Farbspiel aus Rot und Weiß – den Farben Frankens und Österreichs.
Die Krönung der süßen Mehrstocktorte bildet jedoch eine Decke aus feinstem Marzipan, in die Britta Pracher die so genannte Adalbero-Rota eingeprägt hat. Zu diesem Zweck ließ sie die Rota des Bischofs, ein kreisförmiges Zeichen, das in Urkunden als Beglaubigungs-Stempel verwendet wurde, eigens von einem Schnitzer in Birnbaumholz nachschnitzen. Die Rota, die sich nur ein einziges Mal auf einer Urkunde vom 3. März 1057 erhalten hat, beinhaltet die lateinische Inschrift: „Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner“. „Ein wunderschöner Wahlspruch“ wie Britta Pracher findet, denn „Adalbero kann uns mit seiner Maxime, die Christus ins Zentrum stellt, bis heute sehr viel Wichtiges sagen“. So sensibilisiere der Text nicht nur „im Hin-blick auf den aktuellen Ressourcen-Raubbau und die Verantwortung jedes einzelnen für die Schöpfung“, sondern verweise auch auf den Christen Adalbe-ro, der „zeit Lebens standhaft war und Christus ins Zentrum stellte“.
Die Arbeit lohnt sich
Vier Stunden, verteilt auf zwei bis drei Tage, beansprucht die Herstellung der Torte nach Auskunft von Britta Pracher. Doch die Arbeit lohnt sich, wie sich bei einer Kostprobe zeigt: Trotz spürbarer Kalorienzahl ist die Torte nicht zu süß und schmeckt elegant und ausgewogen. Wirkungsvoll und wunderschön sind auch die durchdachte Farbgestaltung sowie die aufwändige Marzipandecke.
Bisher kamen lediglich Referenten und Priester der Pfarrgemeinde in den Genuss der Geburtstagstorte. Britta Pracher würde sich jedoch wünschen, dass der Name „Adalbero-Torte“ auch künftig als Eigen-name für diese Torte erhalten bleibt. Aus diesem Grund finden Sie nebenstehend das Rezept: Nachbacken wärmstens empfohlen!