Wenn im und vor dem Rathaus ein großes Polizeiaufgebot postiert ist, dann muss dort etwas Besonderes vor sich gehen. Am Sonntag fand dort der Neujahrsempfang der Stadt Würzburg statt, der in der Vergangenheit keine derartigen Sicherheitsvorkehrungen erforderlich machte. Doch in diesem Jahr war alles anders. Denn mit dem Würzburger Arzt Josef Schuster, der seit einem Jahr Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland ist, war ein Gastredner eingeladen, für den eine hohe Sicherheitsstufe gilt.
Schon im Vorfeld hatte die Rathausverwaltung darum gebeten, den Namen des Gastredners Schusters nicht publik zu machen. Es sollten keine „falschen“ Zuhörer angelockt werden, die den obersten Repräsentanten der deutschen Juden gefährden könnten. So war der Ratssaal mit 750 Gästen, darunter viele ranghohe Repräsentanten aus Kirche, Politik, Wirtschaft, Behörden und Verwaltung, Vereinen und Institutionen, prall gefüllt. Und alles lief friedlich und in geordneten Bahnen ab.
Ebenso wie später Josef Schuster räumte auch Oberbürgermeister Christian Schuchardt in seiner Ansprache dem aktuellen Flüchtlingsthema viel Raum ein. Rückblickend auf das vergangene Jahr galt Schuchardts Dank vor allem jenen Bürgerinnen und Bürgern, die sich tatkräftig daran beteiligt haben, den hier ankommenden Flüchtlingen die Eingewöhnung in der Stadt zu erleichtern: „Sie machen Ernst mit der so oft beschworenen Solidarität, indem sie Mitmenschlichkeit leben, und zeigen Würzburg von seiner besten Seite“. Zudem äußerte sich der Oberbürgermeister sehr froh darüber, dass immer wieder Hunderte und Tausende von Menschen auf die Straße gehen, um Nein zu sagen zu braunen Parolen, Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass. Damit machten sie unmissverständlich klar, dass Würzburg Ja sagt zu Toleranz, Akzeptanz und einer offenen Gesellschaft mit menschlichem Gesicht.
Ein wichtiges Thema sei die Integration der neu ankommenden Flüchtlinge, so Schuchardt. Sie seien eine große Chance für das ganze Land, glaubt der OB. Deshalb wolle man in Würzburg alle Chancen nutzen, um sie schnellst- und bestmöglich zu integrieren. „Integration gibt es nicht zum Nulltarif, aber eine gescheiterte Integration käme uns viel teurer zu stehen“, so Schuchardt, der auch an die Betroffenen selbst appellierte: „Die Flüchtlinge müssen aber auch den Willen mitbringen, sich zu integrieren.“
Trotz der brisanten Flüchtlingsthematik sieht der OB die Stadt Würzburg insgesamt auf einem guten Weg. Dennoch gelte es, die Stadt noch attraktiver zu machen für Menschen und Unternehmen, die in Würzburg gehalten und nach Würzburg geholt werden sollen. Die Verwaltung sei Partner der Unternehmen, aber „an einigen Stellen können wir da noch besser werden“. Er freute sich über die raschen Fortschritte des Konversionsprojekte Hubland, lobte die Entwicklungen am Bahnhof sowie in der Kaiserstraße und der neuen Fußgängerzone in der Eichhorn-/Spiegelstraße. Die dynamische Entwicklung der Stadt zeige sich auch am neu gestalteten CCW oder der geplanten Sanierung des Mainfranken Theaters.
Gastredner Josef Schuster fügte dem Empfang neben ernsthaften Tönen in seiner Ansprache (siehe Seiten Franken und Bayern) auch die ein oder andere humorvolle Note hinzu. Er berichtete beispielsweise vom Würzburg-Besuch einer Berliner Mitarbeiterin. Sie sei eigentlich kein Fan von Shopping-Malls, sagte sie, habe aber dann aber recht schnell begriffen, dass der Brücken-Schoppen hier doch etwas ganz anderes sei. Und zum Ende zeigte sich Schuster ganz großzügig in Richtung Hauptstadt. Dass die Würzburger Baskets kürzlich gegen Alba Berlin verloren hätten, könne man den Hauptstädtern ruhig gönnen, wenn sie schon ihren Flughafen nicht fertig bekommen.
Musikalisch unterhalten wurden die Gäste von der jungen Würzburger Band Shaky Foundation.