Der Frust beim Handball-Landesligisten TG Heidingsfeld (3./39:11) ist groß. Zum zweiten Mal hatten die Hätzfelder Bullen vor der Spielzeit den Aufstieg in die Bayernliga als Ziel ausgegeben, zum zweiten Mal werden sie dieses vielleicht verfehlen. Wenn sie nicht am Samstag im Saisonfinale beim TV Helmbrechts (7./26:24) gewinnen und gleichzeitig die HSG Lauf/Heroldsberg (2./40:10) zu Hause gegen die bereits als Meister feststehende SG Regenburg (1./47:3) verliert, bleiben die Heidingsfelder undankbarer Dritter. Zwei dicke Chancen, Relegationsrang zwei zu erreichen, ließen sie aus: Erst verloren sie den direkten Vergleich in Lauf/Heroldsberg, dann nutzten sie am vergangenen Samstag auch die Steilvorlage durch die unverhoffte Niederlage des Tabellenzweiten bei der HSG Fichtelgebirge nicht, um mit einem eigenen Heimsieg gegen den SV Auerbach an Lauf/Heroldsberg vorbeizuziehen. Stattdessen reichte es nur zu einem Remis (25:25, wir berichteten).
Zu wenig für das spielerische Potenzial, das eigentlich im Kader steckt. Und zu wenig für die im Landesliga-Vergleich überdurchschnittlich hohen Gehälter, das die Spieler dafür kassieren, um den Bayernliga-Traum der Bullen zu realisieren – meint Manager und Hauptgeldgeber Alexander Seelig, der die „Einstellung“ Einzelner im Gespräch mit dieser Redaktion scharf kritisiert. „Die Summen, die wir bezahlen und die die Spieler auch fordern, verpflichten zu Leistung!“, sagt er. Die Leistung in den vergangenen beiden Begegnungen und die ängstlichen Auftritte empfinde er vor diesem Hintergrund allerdings als „peinlich“: „Wir nehmen vor der Saison den Mund voll mit unseren Ansprüchen und machen uns dann angreifbar mit solchen Aktionen wie am Wochenende“, sagt Seelig, der keine Lust hat, als „Großmaul“ zu gelten. „So gesehen“ seien manche Spieler „ihr Geld auch nicht wert, sonst würden wir auf Platz eins stehen“.
Karrer will als Trainer bleiben
Auch Trainer Heiko Karrer ließ auf Anfrage Zweifel an der Haltung mancher Akteure durchblicken. „Einige meinen vielleicht, sie hätten eine Sonderstellung und seien zu etwas Höherem berufen. Aber man darf sich als Sportler nicht auf Erreichtem ausruhen, sondern muss sich von Spiel zu Spiel neu beweisen. Wie sich die Mannschaft zuletzt präsentiert hat, war sehr enttäuschend. “
Karrer, der nach dem Rücktritt von Manfred Wirth nach nur vier Partien und nach Interimslösung Artur Lichtlein bereits der dritte Coach in der laufenden Runde ist, hat einen Vertrag bis Saisonende unterschrieben, allerdings bei seiner Verpflichtung im Dezember Interesse an einem langfristen Engagement beteuert. „Ich brauche keine Verträge, bei mir reicht mein Wort“, erneuert er nun seine Zusage zur Zukunft bei den Bullen: „Daher gehe ich – Stand heute – davon aus, dass ich auch in der nächsten Saison Trainer in Heidingsfeld bin.“ Voraussetzung dafür freilich sei, dass er ein Team zusammenbekomme. Mit Julian Bötsch (HSC Bad Neustadt), Maximilan Wirth und Niklas Grammel (beide SG DJK Rimpar) stehen drei Abgänge bisher offiziell fest. „Ich habe mich bereits um potenzielle Neuzugänge gekümmert und positive Gespräche geführt“, sagt Karrer. Mehr will er noch nicht verraten.
Imagewandel angestrebt
Wie auch immer der Kader der kommenden Runde aussehen wird – vor dem Finale der aktuellen rumort es bei Handballern aus dem „Städtle“. Wegen „Differenzen“ mit dem Hauptverein ist Seelig als Handball-Abteilungsleiter am vergangenen Freitag formell zurückgetreten. Er bestätigte, den Rücktritt der Vereinsführung per E-Mail mitgeteilt zu haben. Die Existenz dieser Mail war eines der Interna, die immer wieder nach außen dringen, die Gerüchte anheizen und gegenseitiges Vertrauen abkühlen lassen. Und die vor allem für „Unruhe“ sorgen, wie Karrer sagt.
Der scheidende Kreisläufer und Abwehrchef Julian Bötsch sieht einen Grund dafür auch in der Diskrepanz zwischen dem Leistungsstand in der Landesliga und den Ansprüchen an die Spieler sowie dem daraus resultierenden „Umgang“ mit ihnen: „Einerseits betreiben wir auf dem Niveau Freizeitsport, andererseits wird von uns verlangt, dass wir uns wie Profis verhalten“, so Bötsch auf Nachfrage.
„Das ist keine Diskrepanz, sondern eine Frechheit“, entgegnet Seelig, konfrontiert mit derlei Einschätzungen. Ein Gerücht, wonach der Manager Spielern nach dem Unentschieden gegen Auerbach via WhatsApp das Einfrieren von Gehaltszahlungen angedroht habe, weist Seelig zurück; er kommuniziere seit Wochen nicht mehr direkt mit der Mannschaft, sondern nur über Karrer. „Angebracht wäre die Maßnahme aber!“, meint er. Der 35-Jährige gilt aufgrund seines ihm nachgesagten zuweilen aufbrausenden Naturells als unberechenbar im Umgang. „Sicher ist Alex sehr emotional, aber er bewegt auch sehr viel“, gibt Karrer zu bedenken. Einige seien „so gesehen etwas undankbar“.
Dass Seelig mit seinem selbstbewussten Auftreten polarisiert, ist ihm bekannt. Bisher, so schien es, war das durchaus gewollt. Doch plötzlich schlägt er neue Töne an, spricht sogar von einem angestrebten „Imagewandel“: Weniger Geld, mehr Erfolg“, gibt er als Credo aus. Und klingt, als wolle er damit vielleicht auch unter potenziell zu verpflichtenden Handballern Werbung machen für sein Herzensprojekt bei seinem Heimatverein. Denn sollte es mit dem Aufstieg wieder nicht klappen, dann werden die Bullen der Zukunft diesen mutmaßlich nur realisieren können, wenn individuell starke Spieler sich nicht nur für ihr Engagement entsprechend entlohnen lassen, sondern wenn sie eine Mannschaftsidentität und -mentalität entwickeln. Dafür jedoch müssen sie sich auch mit dem Projekt per se identifizieren.