Am 27. März 2023 könnte Deutschland im Verkehrschaos untergehen. Denn die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sowie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG planen im Rahmen der aktuellen Tarifverhandlungenflächendeckende Warnstreiks in der Bundesrepublik. Das haben die beiden Gewerkschaften am Donnerstag, 23. März 2023, in einer gemeinsamen Pressekonferenz verkündet. Welche Bereiche von dem eintägigen Streik betroffen sein werden, lesen Sie hier.
Großer Streik am 27. März 2023: Welche Bereiche sind betroffen?
Jetzt steht es fest: Verdi und EVG rufen für Montag, 27. März 2023, gemeinsam zu einem eintägigen Warnstreik auf. Zuvor hatten die Süddeutsche Zeitung und die Bild am Sonntag mit Bezug auf Angaben aus Gewerkschaftskreisen von mutmaßlichen Streikplänen berichtet. Diese sind jetzt bestätigt. Der Streik beginnt den Angaben von Verdi und EVG zufolge in der Nacht von Sonntag auf Montag am 27. März 2023 um 0 Uhr und endet um 24 Uhr.
Wie Verdi-Vorsitzender Frank Werneke bei der Pressekonferenz am Donnerstag sagte, ruft die Dienstleistungsgewerkschaft etwa 120.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Streik auf und rechnet mit einer "umfassenden Beteiligung". Aufgerufen sind Beschäftigte aller deutschen Verkehrsflughäfen - außer Berlin -, Beschäftigte in Wasser- und Schifffahrtsämtern sowie kommunalen Häfen, der Autobahngesellschaft des Bundes sowie Beschäftige "verschiedenster Nahverkehrsbereiche" in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und in weiten Teilen Bayerns, die von den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst betroffen sind.
EVG-Vorsitzender Martin Burkert teilte mit, dass die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft rund 230.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Arbeitskampf ruft. Betroffen sind die Beschäftigten der Deutschen Bahn sowie aller nicht bundeseigenen Eisenbahnen – mit Ausnahme von Hessen, weil es dort bereits zum Abschluss eines neuen Tarifvertrags gekommen sei. Auch Beschäftigte von Busgesellschaften, die durch die EVG vertreten werden, sind zum Streik aufgerufen.
Die Auswirkungen für Passagiere dürften enorm sein. Allerdings haben EVG und Verdi ihr Versprechen einer Vorwarnung eingehalten. EVG-Sprecherin Cosima Ingenschayder hatte der Bild am Sonntaggesagt: "Wenn wir das tun, werden wir Streiks rechtzeitig ankündigen." Aus Bahnkreisen hatte die SZ bereits vorab berichtet, dass sich der Konzern auf eine "äußerst schwierige Lage" vorbereite.
Bundesweiter Warnstreik am 27. März 2023: Welche Folgen sind zu erwarten?
Die Folgen eines gemeinsamen Streiks von Verdi und der EVG dürften gravierend sein. Zahlreiche Züge werden ausfallen, der ÖPNV kann vermutlich kaum genutzt werden, an den Flughäfen müssen die meisten Flugzeuge am Boden bleiben und auf den deutschen Straßen wird es zu Einschränkungen kommen. Zudem werden zahlreiche Schleusen bestreikt werden. Das ist bisher bekannt:
- Bahn-Streik: Die Deutsche Bahn hat laut tagesschau.de angekündigt, dass sie den gesamten Fernverkehr und einen Großteil des Regionalverkehrs aufgrund des Streiks am Montag einstellen werde. Allerdings können Tickets, die für den 27. März 2023 gebucht wurden, zum Teil flexibel bis zum 4. April 2023 genutzt werden. Auch Sitzplatzreservierungen sollen problemlos wieder storniert werden können. Weil neben dem Fernverkehr auch im Regionalverkehr die meisten Verbindungen ausfallen werden, sollten sich Reisende vorab informieren und viel Geduld mitbringen. EVG-Vorsitzender Martin Burkert sagte bei der Pressekonferenz am Donnerstag außerdem, dass auch Ausfälle am Sonntagabend schon möglich seien, wenn Schichten beispielsweise schon am späten Abend beginnen würden. Reisende sollten daher am Sonntag versuchen, ihr Reiseziel frühzeitig zu erreichen.
- Nahverkehr-Streik: Im Nahverkehr dürfte es im Zuge des Streiks zu vielen Ausfällen kommen. Busse, Straßen-, U- und S-Bahnen sowie weitere Verkehrsmittel des ÖPNV werden größtenteils stillstehen. In einigen Bereichen, wie beispielsweise beim MVG in München, ist bislang nicht klar, in welchem Ausmaß der Nahverkehr betroffen sein wird. Einem RND-Bericht zufolge hat Pro Bahnübrigens schon vor Bestätigung des Streiks durch EVG und Verdi Streikfahrpläne gefordert.
- Flughafen-Streik: Zahlreiche deutsche Flughäfen sind am 27. März 2023 von dem bundesweiten Streik von EVG und Verdi betroffen. Trotzdem gibt es auch Ausnahmen, wie beispielsweise den Bodensee-Airport in Friedrichshafen. Auch der Berliner Flughafen ist laut Verdi-Angaben von dem Streik ausgenommen. Zum Streik aufgerufen sind Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, der Bodenverkehrsdienste und des Sicherheitspersonals. Probleme könnte es unter anderem beim Be- und Entladen von Flugzeugen, beim Betanken, bei der Enteisung sowie dem Bustransport und beim Security-Check geben. Am Flughafen in München beginnt der Streik bereits am Sonntag und dauert damit zwei Tage an.
- Autobahn-Streik: Von den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst ist auch die Autobahngesellschaft des Bundes betroffen. Die Beschäftigten sind für rund 13.000 Autobahnkilometer sowie einige Bundesstraßen in Deutschland zuständig. EVG-Vorsitzender Frank Werneke hat bei der Pressekonferenz am Donnerstag darauf hingewiesen, dass es insbesondere Einschränkungen im Bereich von Tunnelverbindungen geben wird. Das hat die Autobahngesellschaft nun mit Verweis auf Notdienstvereinbarungen zurückgewiesen.
- Schleusen-Streik: Auch Beschäftigte der Wasserstraßen im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst sind am 27. März 2023 zum Streik aufgerufen. Was bedeutet das? Verdi-SprecherinChristine Behle hatte bei der Pressekonferenz von Verdi und der EVG am Donnerstag erklärt, dass alle nicht automatisierten Schleusen in ganz Deutschland bestreikt werden würden. Das könne zu erheblichen Einschränkungen sowie "Bereichen, in denen es nicht weitergeht", führen. Auch kommunale Häfen werden bestreikt. Als Beispiel nannte Behle den Hamburger Hafen und sagte, dass besonders große Schiffe eventuell nicht mehr einlaufen könnten.
Verkehrsstreik am 27. März 2023: Wie steht es um die Tarifverhandlungen?
Verdi hatte erst am 13. März zu Streiks an den Flughäfen in Hamburg, Hannover und Bremen aufgerufen. Hintergrund sind die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen sowie die der EVG. Ähnlich wie bei der Deutschen Post - Verdi konnte sich inzwischen mit dem Brief- und Paketzusteller einigen - sind die Forderungen der Gewerkschaften aufgrund der stark steigenden Inflation so hoch wie selten. Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Lohn und mindestens 500 Euro mehr pro Monat. Die EVG fordert zwölf Prozent mehr Lohn und mindestens 650 Euro mehr pro Monat.
Bisher stocken die Verhandlungen. Der aktuell geplante Streik fällt aber mit dem 27. März 2023 genau auf den Start der nächsten Verdi-Verhandlungsrunde, in der es laut SZ um rund 2,5 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes geht. EVG, die Deutsche Bahn sowie die rund 50 weiteren Bahnunternehmen trafen sich bis zum 23. März 2023 immer wieder zu Gesprächen - diese sind nun erst einmal abgeschlossen.
Bei der EVG startet die nächste Verhandlungsrunde im April. Gespräche mit der Deutschen Bahn sind für Ende April geplant. Einer Mitteilung des Konzerns zufolge viel zu spät. DB-Personalvorstand Martin Seiler fordert: "Die EVG muss sich ihrer Verantwortung stellen und umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren. Unsere Mitarbeitenden und Fahrgäste brauchen jetzt eine zügige Lösung, keinen großen Warnstreik. Wir haben ein verantwortungsvolles Angebot vorgelegt und sind zu jeder Zeit gesprächsbereit."
Weitere Informationen zum ganztägigen Warnstreik bei der Deutschen Bahn, dem ÖPNV, an Flughäfen, auf der Straße, an Häfen und Schleusen sowie in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen finden Sie außerdem hier.