Im Prozess um den Überfall auf ein älteres Ehepaar in Augsburg-Bergheim im Dezember 2021 haben Staatsanwaltschaft und Verteidiger am Montag ihre Plädoyers gehalten. Staatsanwalt Thomas Junggeburth forderte für die drei Angeklagten jeweils zwischen zehn und zwölfeinhalb Jahren Gefängnis. Junggeburth wertete die Taten unter anderem als gemeinschaftlichen versuchten Mord. Die Verteidiger der drei rumänischen Männer sehen die Lage teils deutlich anders und plädierten auf geringere Strafen.
Der Staatsanwalt sagte, die Gewaltkomponente sei "immer Teil des Plans" der Täter gewesen; dass die Opfer die Attacke überlebten, sei Zufall gewesen. Eine Konfrontation der Täter mit den Opfern sei angesichts der Ausführung des Einbruchs zwangsläufig gewesen, sagte Junggeburth. Der Staatsanwalt sprach von einer "Gewaltorgie", die auch erfahrene Ermittler fassungslos gemacht habe. Zwei der Angeklagten hatten das Haus den Ermittlungen zufolge im Wissen betreten, dass sich darin Menschen aufhielten.
Angeklagt sind Zsolt S., Iliuta B. und Daniel M., der eine kleine Baufirma in Oberhausen hatte. Der Anklage zufolge waren Zsolt S. und Iliuta B. an jenem Tag im Dezember 2021 mitten in der Nacht über ein Kellerfenster in das Haus gelangt, in dem ein älteres Ehepaar lebte und zu der Zeit schlief. Die Angeklagten sollen auf der Suche nach Geld gewesen sein und die Senioren, 83 und 71 Jahre alt, im Schlaf attackiert und dabei so massiv zugeschlagen haben, dass beide Opfer gravierende Verletzungen erlitten und der 83-jährige Mann auf einem Auge seine Sehkraft verlor.
Prozess in Augsburg: Staatsanwalt wertet Überfall als versuchten Mord
Nach Erkenntnissen der Ermittler hatten die Angeklagten geplant, die beiden Senioren zu fesseln und ihnen große Mengen Bargeld wegzunehmen, die die Männer in dem Haus vermuteten. Dass sich in dem Haus einiges an Bargeld befindet, soll der 33-jährige Daniel M. gewusst haben. Der Handwerker sollte für das Ehepaar eine ehemalige Praxis in der Augsburger Innenstadt zu Wohnungen umbauen. Iliuta B. war einer seiner Mitarbeiter, denen er zum Tatzeitpunkt Geld schuldete. Zsolt S. heuerte er den Ermittlungen zufolge an. Bei dem Mann handelt es sich um einen früheren Kampfsportler, von dessen Kämpfen Videos im Internet zu sehen sind.
Daniel M., der selbst nicht im Haus war, wird von den Ermittlern als Planer und Drahtzieher der Tat gesehen, für ihn forderte Staatsanwalt Junggeburth mit zwölf Jahren und sechs Monate Haft die längste Haftstrafe. Zsolt S., für den er zehn Jahre Haft verlangte, habe das "ehrlichste Geständnis" abgelegt, sagte der Staatsanwalt.
Dass alle drei Männer grundsätzlich mit dem Überfall etwas zu tun haben und dafür auch verurteilt werden dürften, war bereits früh klar; schon am ersten Verhandlungstag hatten sie jeweils einen Teil der Vorwürfe eingeräumt, sich allerdings dabei auch gegenseitig belastet. Iliuta B., der bereits in Großbritannien und Rumänien wegen verschiedener Delikte verurteilt worden war, sagte etwa, lediglich Zsolt S. habe im Haus zugeschlagen, der wiederum beschuldigte den Mitangeklagten, ebenfalls gewalttätig geworden zu sein. Daniel M. bestritt, dass geplant gewesen sei, Gewalt anzuwenden.
Überfall in Bergheim: Verteidiger fordern geringere Haftstrafen
Die Verteidiger forderten geringere Haftstrafen für ihre jeweiligen Mandanten. Die Schläge seien ihrem Mandanten nicht zuzurechnen, er habe nicht gewollt, dass sie ausgeführt werden, sagten die Anwälte Werner Ruisinger und Christian Ciurea, die Daniel M. vertreten. Sie plädierten wegen eines versuchten schweren Wohnungseinbruchsdiebstahls auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne.
Jörg Seubert, Verteidiger von Iliuta B., sagte, die Gewalt sei ursprünglich nicht geplant gewesen; es handele sich daneben um einen "Exzess" des Angeklagten Zsolt S., der nach Angaben seines Mandanten als Einziger zugeschlagen hatte. Sein Mandant müsse sich das nicht zurechnen lassen, sagte Seubert, der eine Strafe wegen eines versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls forderte, die er in das Ermessen des Gerichts stellte. Klaus Rödl, Anwalt von Zsolt S., bestritt ebenfalls, dass ein versuchter Mord vorgelegen habe, und plädierte auf eine "milde Haftstrafe" und die Unterbringung seines Mandanten in einer Drogentherapie im Maßregelvollzug. Sein Mandant, sagte Rödl, habe sich den Vorwürfen gestellt und glaubwürdig ausgesagt.
Am Mittwoch fällte die 8. Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Richter Franz Wörz das Urteil: Das Gericht verurteilte die Angeklagten unter anderem wegen schwerer und gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen zwischen sieben Jahren und sieben Jahren und neun Monaten.
Schon zuvor zeichnete sich ab, dass möglicherweise eine der Prozessparteien nach der Verkündung in Revision gehen wird, der Bundesgerichtshof das Urteil also womöglich auf etwaige Rechtsfehler überprüfen wird. Insbesondere bei der Frage, ob ein versuchter Mord vorlag oder nicht, herrschten zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung unterschiedliche Ansichten.
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