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Wenn Hitler zur Witzfigur wird

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Wenn Hitler zur Witzfigur wird

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    Helge Schneider als "Führer".
    Helge Schneider als "Führer". Foto: FOTO DPA

    Bis in die 90er Jahre hinein waren Satiren über die Nazis in Deutschland tabu. Der deutsche Spielfilm drückte sich weitgehend um das Abbilden des "Führers". Der filmische Umgang mit Hitler blieb dem Dokumentarfilm vorbehalten, etwa Joachim C. Fests "Hitler - Eine Karriere" (1977), ein Zusammenschnitt zeitgeschichtlicher Aufnahmen. In Fernseh-Dokumentationen erlebte die Darstellung der Nazis als Täter im vergangenen Jahrzehnt einen Aufschwung. Prägend waren etwa ZDF-Dokumentationen wie "Hitlers Helfer" oder "Hitlers Frauen" oder jüngst Heinrich Breloers "Speer und Er", der Spielszenen mit dokumentarischen Aufnahmen mischte.

    Im Bonker auf der Kloschüssel

    Wie ein Meilenstein der Hitler-Darstellung wirkt aus heutiger Perspektive G. W. Pabsts "Der letzte Akt", eine österreichische Produktion aus dem Jahr 1955. Es geht um die letzten Tage Hitlers (Albin Skoda) im Bunker unter der Reichskanzlei. Pabst filmte einen expressionistischen Totentanz. Hitler ist hier ein Mann, der sich in Ritualen ergeht, nutzlose Befehle gibt und dem sein lächerliches Testament überhaupt keine Tragik verleiht. Noch einmal widmete sich "Der Untergang" (2004) mit dem vielleicht bislang besten Hitler-Darsteller - Bruno Ganz - den letzten Stunden im Führerbunker. Der "Untergang" und seine Vorläufer bilden den Boden, auf dem sich die neueren Satiren über den "Führer" entfalten.

    Die vorerst definitiven Film-Satiren zum Thema Hitler sind "Der Bonker" und "Mein Führer", weil sie auch die bisherige Stumpfheit der Hitler-Bilder vor Augen führen. In "Mein Führer" gibt der Komiker Helge Schneider den Diktator, dem auf Grund einer Depressionen sein früherer jüdischer Schauspiellehrer an die Seite gestellt wird, um ihm mehr Selbstbewusstsein zu verschaffen. Felix Gönnerts "Der Bonker" nach dem Comic von Walter Moers beginnt so: "Berlin, 30. April 1945. Die Welt brennt, Deutschland liegt in Schutt und Asche, und Japan geht es auch nicht mehr so gut. Aber einer lässt sich nicht unterkriegen - im Führerbunker brennt noch Licht." Der (gezeichnete) "Führer" sitzt auf der Kloschüssel, singt, putzt sich die Zähne, planscht in der Badewanne. Die Verunglimpfung Hitlers durch Überzeichnung war die Methode zweier großer Satiren der 40er Jahre: "Der große Diktator" von Charlie Chaplin und "Sein oder Nichtsein" von Ernst Lubitsch. Sie gehen äußerst respektlos mit ihrer Hauptfigur um. Inszeniert wurden beide von zwei in den USA arbeitenden Europäern. Chaplin war Brite, Lubitsch 1942 aus Deutschland geflohen.

    Heute sei lachen über Hitler möglich, weil die Nazi-Gräueltaten inzwischen lange genug zurückliegen: "Humor funktioniert nur mit gewissem Abstand, wenn weniger Menschen unmittelbar betroffen sind", sagte der Soziologe Klaus Boehnke von der International University Bremen mit Blick auf Dani Levys Filmsatire "Mein Führer". "Eine Komödie über den 11. September wäre dagegen noch nicht möglich. Aber humorvolle Filme über die Ausrottung der Indianer oder über Kaiser Nero gibt es zuhauf", erklärte Boehnke. Einen Film mit Hitler als Lachnummer könne sich nicht jeder Regisseur leisten. "Aber wenn man Dani Levy heißt und selbst Jude ist, ist das etwas anderes."

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