Wie kann es sein, dass eine Band nach 50 Jahren immer noch existiert – und plötzlich so viele Auftritte hat wie nie zuvor? Es gibt in der Region Mainfranken nur eine einzige Formation, die solche Dinge von sich behaupten kann: The Jets. Die vor einem halben Jahrhundert gegründete Gruppe ist der lebende Beweis, dass eine Band immer mehr ist als die Summe ihrer einzelnen Musiker. 50 Jahre ist es her, dass der Würzburger Helmut Schmidt gemeinsam mit den drei Freunden Günther Seuffert, Klaus Keller und Sammy Meininger eine Band namens The Jets ins Leben rief und mit ihr den ersten Auftritt im „Haus Abendfrieden“ in Zellingen absolvierte. 1963 war das, als die Beat-Musik nach Deutschland schwappte und die Beatles und die Stones nicht nur die Musik, sondern auch die Gesellschaft veränderten.
2013 steht Helmut Schmidt als Sänger und Gitarrist immer noch mit den Jets auf der Bühne. Wenn er über die Musik spricht, die er liebt und die ihn nicht loslässt, dann kommt er so jung und musikhungrig daher wie damals, vor fünf Jahrzehnten. Als deutsche Ohren erstmals vom englischen Beat dröhnten und Konrad Adenauer noch Bundeskanzler war.
50 Jahre – und sieben Bundeskanzler – später blickt Helmut Schmidt auf völlig neu formierte Jets. Mit Sänger Jerry James steht seit einem knappen Jahr ein erfahrener Profi am Hauptmikro, ebenso neu sind Bassist Steve Hyde und Schlagzeuger Tuncay Tercanli. Die beiden anderen, Gitarrist Steve Chapple und Keyboarder Gary Reck, gehören auch nicht zur Urbesetzung, die viele Fans mit dem Namen The Jets verbinden. Aber die neue Formation hat ihn offenbar wieder belebt, den Geist der Gruppe, das kaum zu beschreibende Wesen einer Band, das man nicht sehen kann, sondern nur fühlen. „Ich liebe Oldies, und mit den Jets bin ich jetzt bei einer echten Oldie-Band“, sagt Jerry James. Der Mann ist selbst ein Urgestein der fränkischen Beatabend-Szene, wurde bei Bands wie Push oder Race bekannt.
Für Helmut Schmidt ist die Zusammenarbeit mit den neuen Musikern eine Art Jungbrunnen. Die Professionalität und die Leidenschaft seiner neuen Mitstreiter imponieren ihm, knüpfen sie doch nahtlos an das langjährige Konzept an: „Unsere Vision bei den Jets war immer, gesangsbetont zu arbeiten. Die qualitative Beständigkeit der Band garantierte dem Publikum immer einen vergnüglichen Abend.“
Natürlich vermissen manche Fans die Musiker, die der Band lange Zeit das Gesicht gaben: wie Bassist Reiner Egert und Schlagzeuger Dieter Marschall, die Ende 2011 die Gruppe verlassen haben. Oder Erich Götzner, der Mann mit der unverwechselbaren hohen Stimme, der 2010 die Jets verließ – es aber noch nicht ganz lassen kann und beim Kleeblatt nach wie vor auf die Oldie-Pirsch geht. Sie alle prägten das Bild der Band, vor allem nach der Wiedergründung im Jahr 1990. Da bekam der Jet noch mal richtig Flughöhe, was eigentlich niemand mehr erwartet hatte. Im Herbst 1979 war der Flieger nämlich erstmal stillgelegt worden, einige der Musiker zogen sich zurück, Helmut Schmidt startete mit Phoenix ein anderes Band-Projekt.
Bei einigen Auftritten Ende der 80er-Jahre, zunächst nur als nostalgische Erinnerung geplant, entsprang der über zehn Jahre eingesperrte Jets-Geist der Flasche. Bald schwamm die Band überaus erfolgreich auf der Oldie-Welle. Erich Götzner, Rainer Egert, Dieter Marschall, Helmut Schmidt und Keyboarder Klaus Haderdauer – bis 2002 bildete dieses Quintett die Jets und begeisterte mit feinem Chorgesang und enger emotionaler Bindung an die 60er und frühen 70er-Jahre ihre Anhänger.
Zwei Live-CDs entstanden, es gab ergreifende, jährliche Dankeschön-Konzerte auf der Würzburger Talavera. Der Jet hatte stabile Flughöhe. Daran änderte auch ein personeller Wechsel nichts, als 2002 Klaus Haderdauer die Band verließ und der aus Phoenix-Zeiten bekannte Gary Reck für ihn nachrückte. Ins Schlingern geriet der Jet ab 2010. Zunächst nahm Erich Götzner seinen Hut. Sein Nachfolger, Steve Chapple, genießt zwar als Gitarrist den allerbesten Ruf, die gesangliche Lücke, die „der Erich“ hinterließ, blieb aber offen. Als ein Jahr später auch noch Reiner Egert und Dieter Marschall ausstiegen, schien es für viele, als ob die Tage der Jets gezählt seien.
Übrig geblieben waren Gründungsmitglied Helmut Schmidt, Gary Reck und Steve Chapple. Auch wenn es zunächst schwierig aussah mit dem Neustart, so wollten sie den Jet nicht einfach einmotten. „Wir lieben unsere Musik, und wir wollen weitermachen“, beschloss das Trio und machte sich auf die Suche nach Musikern. Diese sollten den Stil der Band fortsetzen, alte Fans überzeugen und neue dazugewinnen.
Komplett neu aufgestellt wagt die Band 2012 die ersten Flugversuche, die erfolgreich verlaufen. Die neue Formation stellt sich nicht als altersschwacher, zusammengeflickter Segelflieger dar, sondern als kraftvoller, runderneuerter Jet. Der so viel Anklang findet, dass die Jets fürs Jubiläumsjahr 2013 besser gebucht sind, als sie das nach der Reunion 1990 je waren. Sogar eine CD wird es wieder geben, die in diesen Tagen an den Verkaufsstart geht. „Das Publikum muss spüren, wie viel Freude uns die Musik bereitet“, sagt Schmidt. Und seine Augen leuchten dabei so, als ob er am Wochenende das erste Mal in seinem Leben auf die Bühne geht.
Termine: 18. Mai: Frammersbach, 19. Mai: Königsberg. 7. Dezember: Jubiläumskonzert bei der Main-Post-Party im Vogel Convention Center (VCC) Würzburg (VVK hat begonnen).