Die Kernbotschaft ist positiv, auch wenn die eine oder andere damit verbundene Veränderung nicht jedem schmecken wird: Die Stammbelegschaft von ZF am Standort Schweinfurt darf sich über eine Jobgarantie bis 2025 freuen. Was hinter der Vereinbarung steckt und wie die darin festgelegten Maßnahmen das Unternehmen auch über das Jahr 2025 hinaus zukunftssicher machen sollen, darüber haben wir mit Standortleiter Hans-Jürgen Schneider und Betriebsratsvorsitzender Oliver Moll gesprochen.
Wie kam es dazu, dass sich Betriebsrat und Geschäftsführung gemeinsam an einen Tisch gesetzt haben, um diese Vereinbarung zu treffen?
Laut Betriebsratsvorsitzendem Oliver Moll war es für jeden ersichtlich, dass sich die Konjunktur in der Automobilbranche in den vergangenen Jahren eingetrübt hat. So sei es auch nicht überraschend gewesen, "dass die Unternehmensseite an uns herangetreten ist, und gesagt hat: ,Lasst uns mal konkret reden über ein Zukunftsprodukt, das wir zukünftig auch am Standort Schweinfurt fertigen wollen, aber das jetzt bereits schon unter einem bestimmten Kostendruck steht'." Konkret ging es um die vierte Generation des 8-Gang-Automatgetriebes in modularer Bauweise, der Baukasten nennt sich 8 HP. Am Beispiel dieses Produktes wurde kalkuliert, wie die Erfolgsaussichten am Markt sind, wenn die Konditionen in der Produktion gleich bleiben. Im Ergebnis waren die Perspektiven nicht rosig. Unternehmensführung und Betriebsrat erarbeiteten deswegen einen Maßnahmenkatalog, der den Standort Schweinfurt zukunftssicher machen soll und den Mitarbeitern Arbeitsplatzsicherheit gewährleistet. Die nun getroffene Vereinbarung ist laut Standortleiter Hans-Jürgen Schneider "ein wichtiges Paket", das ZF Schweinfurt so aufstellt, dass weiter hier am Standort produziert werden kann.
Laut der Vereinbarung sollen jährlich 70 bis 80 Millionen Euro eingespart werden. Wie soll dieses Ziel erreicht werden?
Laut Oliver Moll geht es überwiegend um Personalkosten. Als Hebel sollen hier unter anderem Prozessverbesserungen dienen, die Ablauf- und Arbeitsorganisation soll umgestaltet, andere Arbeitszeitmodelle geschaffen werden. Das ist auch mit Einschnitten für die Beschäftigten verbunden, "das muss man ganz deutlich so sagen", erklärt der Betriebsratsvorsitzende. Er nennt als Beispiel die außertarifliche Zulage von 69 Cent pro Stunde in der Nachtschicht. Die werde es nicht mehr geben. Auch fällt zum Beispiel die Antrittsprämie für Sonn- und Feiertagsarbeit in Höhe von rund 130 Euro weg. Laut Moll sollen die Prozesse so umgestaltet werden, dass es gar nicht mehr notwendig ist, an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten. Insgesamt würden die Mitarbeiter durch die Einsparungen nicht über die Gebühr belastet. Laut Standortleiter Schneider soll die Vereinbarung bis 2023 die volle Wirksamkeit haben, "so dass alle neuen Produkte davon profitieren können". Und er betont ausdrücklich: Der Tarifvertrag bleibt davon unberührt.
Wie haben die Mitarbeiter darauf reagiert?
Wenn finanzielle Leistungen wegfallen, ist es laut Moll natürlich ein Verlust, was bei dem einen oder anderen für Unmut sorgt. Warum die Maßnahmen aber nötig sind, müsse man den Mitarbeitern erklären können. Das oberste Ziel ist und bleibt Jobsicherheit für die Stammbelegschaft. Dennoch muss weiterhin viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, der Betriebsrat sowie die Unternehmensführung setzen dabei auf Transparenz und informieren die Mitarbeiter regelmäßig über die aktuelle Entwicklung und die geplanten Schritte.
Die Vereinbarung gilt bis 2025. Wie geht es danach weiter?
Hans-Jürgen Schneider hält es für verwegen, planerisch über das Jahr 2030 hinauszuschauen. "Das ist absolut nicht möglich, kein Mensch weiß, wie sich die Mobilität 2030 und danach weiterentwickelt", sagt er. Verbrennungs-, Elektro-, Hybrid- oder Wasserstoffmotor: "Das ist ein offenes Rennen." Zehn Jahre in die Zukunft zu schauen, sei schon eine Herausforderung, "aber die trauen wir uns zu". Die Vereinbarung gilt bis 2025, Schneider geht aber davon aus, dass dem Veränderungsprozess eine Initialwirkung nachgelagert ist, so dass sich fünf Jahre Nachwirkung über die Vereinbarung hinaus ergeben.
Muss sich der ZF-Standort Schweinfurt komplett neu aufstellen?
Nein, auch Bewährtes wird weiter eine Rolle spielen. Weiterhin werden etwa High-End-Stoßdämpferteile hier produziert, Lkw-Fahrwerks- und Antriebsstrangteile. Die Produkte müssen sich laut Schneider auf dem Weltmarkt dem Wettbewerb stellen. Es geht bei den Veränderungen nicht nur um die Transformation zur E-Mobilität, sondern auch "um die Vielfalt am Standort", wie Schneider betont. Die klassischen Produkte will ZF Schweinfurt unbedingt im Portfolio behalten. "Solange sie innovativ sind, können sie auch aus Schweinfurt kommen", sagt der Standortleiter. Und erklärt selbstbewusst: "Es gibt wenig im Auto, bei dem wir nicht mitsprechen." Schweinfurt sei der Standort in der ZF Gruppe "mit den meisten unterschiedlichen Technologien an einem Platz". Dazu zählen Fahrwerk, Antriebsstrang, E-Mobilität und das Aftermarket genannte Ersatzteilgeschäft.
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