Stadtförster Karl-Georg Schönmüller beschäftigt sich schon lange mit den Wäldern der Region und ihren Problemen. Im Interview erklärt der 53-Jährige, wie sich naturnaher Wald von einer Monokultur unterscheidet.
Frage: Der Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben macht die "Massenbaumhaltung" für das neue Waldsterben verantwortlich. Der Klimawandel zeige nur die Fehler der deutschen Forstwirtschaft auf. Sehen Sie das auch so?
Karl-Georg Schönmüller: Fichten- oder Kiefernwälder haben große Probleme. Denn in Monokulturen vermehren sich Schädlinge schnell massenhaft und das ganze Ökosystem ist weniger widerstandsfähig. Hitze und Trockenheit verschärfen diese Situation. In Würzburg haben wir zum Glück eine andere. Der Stadtwald ist ein stabiler Laubwald in einem guten ökologischen Zustand. Ich war selbst schon im Wald des Kollegen Wohlleben in der Eifel und weiß deshalb, dass unser Stadtwald heute schon da ist, wo Wohlleben erst noch hin will.
Warum vertrocknen dann auch im Stadtwald Bäume?
Schönmüller: Weil Franken ein Hotspot des Klimawandels ist. Uns fehlt seit einigen Jahren der Niederschlag - vor allem im Winter. Außerdem sind rund 60 Prozent unseres Bestandes Buchen, die besonders unter Hitze leiden. Die harten Blätter von Eiche, Feldahorn und Elsbeere scheinen Temperaturen über 40 Grad Celsius besser auszuhalten.
Fürchten Sie, dass der Klimawandel in Deutschland zu einem Waldsterben im Ausmaß der 1980er Jahre führen wird?
Schönmüller: Ich hoffe nicht. Zuversichtlich bin ich, dass wir sterbende Fichten, Kiefern und jetzt auch zunehmend Buchen durch andere Baumarten ersetzen können. Im Moment leidet neben dem Wald vor allem die vom Nadelholz dominierte Waldwirtschaft. Da der Holzpreis durch das große Angebot in den Keller geht, wird die Bewirtschaftung defizitär. Wenn es sich die öffentliche Hand, wie hier in Würzburg, aber etwas kosten lässt, den Wald für die Zukunft zu erhalten und naturnah zu bewirtschaften, wird er Trockenheit, Stürme oder Schädlingsbefall künftig auch besser überstehen.
Heißt naturnah, dass man den Wald sich selbst überlässt?
Schönmüller: Naturnah heißt, dass es zum Beispiel keinen Kahlschlag gibt, bei dem große Waldstücke komplett und mechanisch geerntet werden und danach Setzlinge in Reih und Glied - meist schnell wachsende Fichten oder Kiefern - gepflanzt werden. Im seit den 80er Jahren naturnah bewirtschafteten Stadtwald werden nur einzelne Bäume entfernt, zum Beispiel um anderen mehr Licht zum Wachsen zu geben. Er verjüngt sich durch Aussaat oder wir pflanzen vor allem Baumarten nach, die in Franken heimisch sind und wenig Wasser brauchen. Außerdem gibt es wilde Bereiche und wir schlagen weniger Holz als nachwächst.
Verbringen Sie gerne Zeit im Wald?
Schönmüller: 60 Prozent meiner Arbeitszeit verbringe ich im Forstbetrieb in Heidingsfeld, den Rest zum Glück im Wald. Ich schätze besonders die alten Bäume. Sie sind unser Gedächtnis. Zum Beispiel haben wir 300 Jahre alten Eichen, die zur Zeit der Fürstbischöfe gepflanzt wurden, um Holz für Schiffe zu erzeugen, mit dem Schulden bezahlt werden sollten. Außerdem bin ich im Stadtwald auch für die Jagd verantwortlich.
Wie der Jäger als Förster? Die einen wollen doch viele Rehe, um welche schießen zu können. Die anderen wenige, damit junge Bäume nicht verbissen werden...
Schönmüller: Deshalb ist es ja gerade gut, wenn das in einer Hand ist. Als Jagdleiter für fünf Pirschbezirke bekomme ich viele Informationen über das Wild. Als Förster kenne ich den Zustand des Waldes. Unser Ziel ist eine waldfreundliche Jagd.
Zur Person: Karl-Georg SchönmüllerSeit 2018 ist Karl-Georg Schönmüller Würzburgs Stadtförster. Davor leitete er über zehn Jahre lang den staatlichen Forstbetrieb Güntersleben und war im Bayerischen Forstamt in Würzburg tätig. Er stammt aus einer Lohrer Försterfamilie und hat in Weihenstephan Forstingenieurwesen studiert. Der 53-Jährige lebt in Margetshöchheim, ist verheiratet und hat eine Tochter.