Kann sich Würzburg in der aktuell angespannten Finanzlage eine Taktverdichtung der Straßenbahn leisten? Diese Frage hat zumindest das Bündnis "Besser leben im Bischofshut" zum Auftakt des zweiten Tages der Haushaltberatungen mit "Ja" beantwortet: Mit der Mehrheit des Bündnisses (25 zu 18 Stimmen) hat der Stadtrat für den Start der Taktverdichtung nach den nächsten Sommerferien 400.000 Euro in den Haushalt 2023 eingestellt und jeweils 1,4 Millionen Euro für die drei folgenden Jahre eingeplant.
Die Taktverdichtung hatte der Stadtrat bereits im Januar dieses Jahres in Auftrag gegeben und Ende Oktober unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit fast einstimmig beschlossen. Kernpunkt des vom WSB-Aufsichtsratsvorsitzenden und Grünen-Stadtrat Niklas Dehne ausgearbeiteten Konzepts ist ein 5-Minuten-Takt auf der am stärksten genutzten Strecke zwischen Heuchelhof und Hauptbahnhof ab September 2023. In der Zellerau und der Sanderau bleibt es bei einem 7,5-Minuten-Takt, in Rottenbauer beim 15-Minuten-Takt. Außerdem sollen an den Samstagen alle Straba-Linien tagsüber im 15-Minuten-Takt fahren, während im Moment an den Wochenenden nur die Linien 4 und 5 im Einsatz sind.
Bürgermeister Heilig bekräftigt Verbesserung für den ÖPNV
Auch vor dem Finanzierungsbeschluss waren sich alle Rednerinnen und Redner einig, dass eine Taktverdichtung grundsätzlich wünschenswert ist, für die Gegner kommt sie angesichts knapper Kassen und Neuverschuldung allerdings zum falschen Zeitpunkt. Diese Bedenken wollten die Befürworter der Taktverdichtung nicht gelten lassen: "Bei einem Haushalt mit einem Gesamtvolumen von über 600 Millionen muss es möglich sein, diesen Schwerpunkt zu setzen", betonte Bürgermeister und Umweltreferent Martin Heilig (Grüne).

Die Taktverdichtung sei eine deutliche Verbesserung des ÖPNV-Angebots in der Stadt ohne zusätzliche Investitionen in Fahrzeuge, Gleise und Haltestellen. Auch der Zeitpunkt sei angesichts der angekündigten Einführung des bundesweiten 49-Euro-Tickets für den Nahverkehr der richtige, um durch ein attraktives Angebot ohne lange Wartezeiten möglichst viele Menschen zum Umstieg in die Straßenbahn zu motivieren, ergänzte Sandra Vorlová, die Fraktionsvorsitzende der Grünen.
Auch FDP/Bürgerforum, Linke, Freie Wähler und ÖDP-Fraktion stimmten geschlossen für die Taktverdichtung, die für Vorlova auch eine Konsequenz aus dem Ergebnis des Talavera-Bürgerentscheids im Juli ist: "Daraus haben wir gelernt, dass sich die breite Mehrheit der Bevölkerung eine Verbesserung des ÖPNV-Angebots wünscht." FWG-Stadtrat Volker Omert sprach von einer Maßnahme, "mit der wir die Chance haben, wirklich etwas zu bewegen und sie auf der Einnahmenseite zu einem gewissen Teil auch zu refinanzieren".
Stadtkämmerer: Durch zusätzliche Belastungen steht die Handlungsfähigkeit der Stadt in Frage
Der Stadtkämmerer geht dagegen davon aus, dass durch die zusätzliche Belastung die künftige Handlungsfähigkeit der Stadt in Frage steht. Die bis 2026 insgesamt beschlossenen 4,6 Millionen Euro für die Taktverdichtung werden laut Scheller nicht nur das aktuelle ÖPNV-Defizit im WVV-Konzern von gut 22 Millionen Euro pro Jahr weiter erhöhen, sondern als Folge davon auch die Verschuldung der Stadt "eins zu eins" weiter steigen lassen. In der Finanzplanung der Kämmerei sind für die kommenden Jahr bereits neue Schulden und ein Verbrauch der Rücklagen vorgesehen.
Gegen die Taktverdichtung zum aktuellen Zeitpunkt stimmten die CSU und Oberbürgermeister Christian Schuchardt, die SPD und die AfD. "Man muss sich überlegen, wo der Euro am besten angelegt ist. Erst die Pflicht, dann die Kür", sagte der CSU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Roth und meinte mit "Pflicht" unter anderem die Sanierung der städtischen Schulen, für die die CSU eine Million Euro zusätzlich beantragt hatte.
Alexander Kolbow, Vorsitzender der SPD-Fraktion, sieht durch die zusätzlichen ÖPNV-Ausgaben nicht nur die Genehmigung des städtischen Haushalts durch die Regierung von Unterfranken in Gefahr, sondern auch die Finanzierung der geplanten neuen Straßenbahnlinie vom Hauptbahnhof ans Hubland. "Aus Vernunft und aus Verantwortung für die Linie 6 und den ÖPNV als Ganzes", bat er die Befürworter vergeblich darum, die Taktverdichtung aufzuschieben.