Jetzt sollen es die Bürger richten: Im Frühjahr möchte Oberbürgermeister Christian Schuchardt mit einem „zweistufigen Verfahren“ die Würzburger die Gretchenfrage beantworten lassen, was mit der Mozartschule passieren soll. Vier Alternativen will Schuchardt Ende April/Anfang Mai zur Wahl stellen: Gesamterhalt, Teilerhalt, Gesamtabriss und Gesamtabriss mit Rekonstruktion des „Hufeisens“. An diesem Donnerstag soll der Stadtrat die Initiierung eines Ratsbegehren und einer Bürgerbefragung beschließen.
Auslöser für die laut Beschlussvorschlag „demokratische, transparente Entscheidung durch die Bürgerinnen und Bürger“ sind die 8000 Stimmen zur Rettung der denkmalgeschützten Schule, die die Bürgerinitiative (BI) „Rettet das Moz“ seit Sommer gesammelt hat. Schuchardt hatte nach seiner Wahl angekündigt, er wolle diesem Bürgerbegehren ein Ratsbegehren gegenüberstellen. Dann sollten die Würzburger in einer Abstimmung zwischen der Position der BI und der des Stadtrats wählen können.
Eben diese Position will Schuchardt jetzt offen lassen. Während die BI klar für den Gesamthalt eintritt, legt der Oberbürgermeister die Position der Stadt nicht fest. Die Haltung des Ratsbegehrens als „Gegenpol“ zur BI ist „die „grundsätzliche bauliche Neugestaltung des Moz, eventuell mit einem Teilerhalt oder einer Rekonstruktion“.
Dabei schienen die Pläne vom Gesamtabriss der Schule vor einem Jahr vom Tisch: Im Wahlkampf hatten sich sowohl Schuchardt und seine Unterstützer aus dem bürgerlichen Lager CSU-FDP-WL sowie auch Bürgerforum und Grüne zu Freunden des Teilabrisses gewandelt. Deshalb hat die Stadt den Investor, der 2013 den Wettbewerb zur Entwicklung des Areals gewonnen hatte, im Sommer beauftragt, neu zu planen: Nur noch zwei Drittel des Mozart-Faulhaber-Geländes sollten neu bebaut werden. Der zur Hofstraße gerichtete, hufeisenförmige Teil mit der Aula soll erhalten bleiben.
Dass er jetzt wieder den Gesamtabriss ins Spiel bringt, begründet der Oberbürgermeister auf Anfrage der Main-Post so: „Grundlage des Ratsbegehrens ist die eindeutige Ausrichtung auf eine bauliche Neugestaltung der Schule. Dies will die überwiegende Mehrheit des Rates. Ob Kompletterhalt, Neubau oder Teilerhalt ist ergebnisoffen zu diskutieren.“ Er wolle die Diskussion darüber anstoßen: „Die Welt ist nicht schwarz-weiß.“
Persönlich halte er nach wie vor eine Sanierung des „Hufeisens“ für die beste Lösung, sagt Schuchardt. Aber diese jetzt weiter voranzutreiben, mache keinen Sinn, solange es kein Votum der Bevölkerung gibt.
In der offenen Frage an die Bürger sieht Schuchardt die Möglichkeit, den Knoten in der Moz-Frage zu durchschlagen. „Ich möchte die Situation befrieden.“ Tatsächlich versucht der Stadtrat seit knapp 20 Jahren – erfolglos – das städtische Areal zwischen Residenz und Mainfranken Theater einer sinnvollen Nutzung zuzuführen.
Damit der Bürger vier Varianten zur Auswahl bekommt, hat sich das Direktorium im Rathaus einen etwas komplizierten, zweistufigen Abstimmungsmodus mit zwei Zetteln ausgedacht: Auf dem ersten können sich die Bürger im Bürgerentscheid zwischen den Positionen des Rats (Teilerhalt oder Gesamtabriss) und der BI (Gesamterhalt) entscheiden. Mehr als zwei Möglichkeiten sind rechtlich in einem Bürgerentscheid nicht erlaubt.
Der zweite Zettel ist dann eine „Bürgerbefragung“: Hier dürfen die Würzburger ankreuzen, ob sie den Gesamtabriss, den Gesamtabriss mit Rekonstruktion des „Hufeisens“ oder dessen Erhalt wollen.
Rechtlich verbindlich geregelt ist nur das Ergebnis des Bürgerentscheids: Es gewinnt der Vorschlag mit den meisten Stimmen – dies müssen allerdings mindestens zehn Prozent der Abstimmungsberechtigten in Würzburg sein (Zustimmungsquorum). An das Votum ist der Stadtrat dann ein Jahr lang gebunden. Damit auch die „Bürgerbefragung“ wirksam ist, schlägt der OB vor, dass sich der Stadtrat verpflichtet, sich an das Ergebnis zu binden.
Ziel des Vorgehens ist laut OB Planungssicherheit durch die Entscheidung der Bürger: „Was ist der Auftrag der Bürgerschaft, was ist das Entwicklungsziel an dieser Stelle der Stadt? Wenn diese Grundlage eindeutig entschieden ist, kann auch der Investor weiterplanen und das bestellte Projekt liefern“, erklärt Schuchardt.
Wann denn am Mozart-Areal dann endlich etwas passiert, könne er noch nicht sagen. „Die weitere Entwicklung des Areals lässt sich zeitlich noch nicht genau darstellen. Wenn erst einmal die Grundsatzentscheidung durch die Bevölkerung getroffen ist, auf jeden Fall zügig.“
Hin und Her um die Zukunft der Mozartschule: Die Chronologie
2001 legte die Stadt das Mozartgymnasium mit dem Schönborngymnasium zusammen. In der Schule aus den 1950er Jahren sind seitdem ausgelagerte Klassen, kulturelle Organisationen und Sportvereine untergebracht. Das Central Kino will die Mozartschule mittelfristig verlassen und auf das Bürgerbräu-Gelände wechseln.
2007 beschloss der Stadtrat, die denkmalgeschützte Schule abreißen zu lassen. Nachdem ein erster Investorenwettbewerb scheiterte, stellte der Stadtrat einen Bebauungsplan auf.
2011 wollte der Stadtrat das Museum der bayerischen Geschichte im Moz unterbringen. Die Bewerbung blieb erfolglos.
In einem zweiten Investorenwettbewerb hat der Stadtrat 2013 einen „bevorzugten Bieter“ ausgesucht. Dessen Konzept beinhaltete zunächst den Abriss der Schule und ein Einkaufszentrum.
Die Bürgerinitiative „Rettet das Moz“ sammelte seit Sommer 2014 Unterschriften für einen Bürgerentscheid mit dem Ziel, die Schule zu retten. Im Kommunalwahlkampf änderten die konservativen Parteien ihre Haltung: Vor einem Jahr forderte die große Mehrheit des Stadtrat den Teilerhalt der Schule. Der Investor legte deshalb im vergangenen November ein zweites Konzept vor, in dem der „hufeisenförmige“ Gebäudeteil zur Hofstraße stehen bleibt und der Rest abgerissen wird. Details der Pläne sind bislang nicht bekannt.