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ie Wahrheit ist bitter und gerade deshalb dürfen wir vor ihr nicht die Augen verschließen: Ein Seebeben, wie das im Indischen Ozean, ist "erdgeologischer Alltag". So sagen es die Experten. Anders ausgedrückt: Solche Beben hat es immer gegeben und wird es immer wieder geben. In einigen Regionen sind sie statistisch häufiger als in anderen. In einigen Fällen geht es glimpflich vorüber, in anderen hat die Erdbewegung geradezu apokalyptische Auswirkungen wie jetzt an den Küsten Südostasiens.
Seebeben kann niemand verhindern. Man weiß, dass es irgendwann geschehen wird, doch niemand kann genau sagen wann. Um so wichtiger ist es deshalb, die betroffenen Menschen möglichst frühzeitig vor der drohenden Gefahr zu warnen. Niemand kann die Natur in ihrem Lauf aufhalten. Aber die Folgen solcher Ereignisse von vorn herein einzudämmen, das ist die Pflicht aller Verantwortlichen. Denn schließlich ist auch die körperliche Unversehrtheit ein Menschenrecht.
Wieder einmal sind es die Ärmsten der Armen, die von der Katastrophe heimgesucht wurden. Diejenigen, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, sich vor den Auswirkungen der Naturgewalten zu schützen. Zum Beispiel durch ein entsprechendes Frühwarnsystem.
Sicherlich: Die Regierungen der betroffenen Länder hatten in der Vergangenheit andere Probleme zu bewältigen als den Aufbau eines umfassenden Tsunami-Alarms. Zumal die Todeswellen in dieser Region sehr selten sind. Nun wird man wohl nicht darum herum kommen, aufwendige Technik zu installieren. Doch es geht nicht nur um moderne Technologie. Es geht darüber hinaus um Aufklärung und um effiziente und schnelle Wege der Information.
In Japan weiß jedes Kind, was ein Tsunami ist. Doch als das Meer sich bis zu einem Kilometer von den Stränden zurückzog, konnte offensichtlich kaum jemand dies als Vorbote der Todeswelle deuten. Stattdessen sammelten einige die Fische auf, die plötzlich auf dem Trockenen lagen. Hier muss dringend Aufklärung betrieben werden.
Und es muss dafür gesorgt werden, dass die Gefährdeten schnell gewarnt werden. Es stockt einem fast der Atem, wenn jetzt zu erfahren ist, dass es bereits Minuten nach dem Beben die ersten Warnungen gab - auf einer Internet-Seite des Geologischen Dienstes der USA. Doch zu den Stränden Südostasiens gelangte diese Information nicht mehr rechtzeitig. In Thailand sollen Meteorologen über die Wahrscheinlichkeit eines Tsunami diskutiert haben, zwei Stunden bevor die Welle Phuket erreichte. Eine Warnung unterblieb, offenbar um der Tourismusindustrie nicht zu schaden.
Ein modernes Frühwarnsystem, umfassende Aufklärung und ein effektives Informationsnetz - all dies werden die betroffenen Länder nicht alleine bewerkstelligen können. Hier ist die Weltgemeinschaft in der Verantwortung und in der Pflicht, Hilfe zu leisten. Hilfe, die über die akute Not hinausgeht und die in Zukunft dafür sorgt, Gefahr für Leib und Leben abzuwenden.