Einen weiteren Bürgermeister hat nun die Marktgemeinde Reichenberg. Im Beisein zahlreicher Gäste aus allen Ortsteilen wurde Karl Hügelschäffer zum Altbürgermeister ernannt.
Freitag, kurz vor 18 Uhr: Der Rathausplatz ist fein herausgeputzt, der neue Brunnen sprudelt, die Gäste treffen ein. Auch die Hauptperson des Abends: Karl Hügelschäffer kommt mit seiner Frau Hildegard. Anspannung und Wehmut sind in seinem Gesicht zu lesen. Achtzehn lange Jahre hatte der gebürtige Uengershäuser die Geschicke des Marktes Reichenberg gelenkt. Bei der Wahl im März 2014 wurde er überraschend abgewählt.
Seine langjährigen Verdienste sollen an diesem lauen Sommerabend mit der Ehrenbezeichnung „Altbürgermeister“ gewürdigt werden. Ein vielfältiges Aufgabengebiet habe Hügelschäffer in den vergangenen 18 Jahren mit vollem Engagement sehr erfolgreich bewältigt, lobte Bürgermeister Stefan Hemmerich.
An Projekte wie die Sanierung der Bergstraße in Lindflur, der ehemaligen Schule in Fuchsstadt, die Renovierung des Rathauses und Lehrerwohnhauses in Reichenberg, den Bau der Seniorenwohnanlage am Schlossberg und des Radweges von Lindflur nach Reichenberg sowie die Wiedereröffnung des Schwimmbades Albertshausen erinnerte er.
Nicht zu vergessen die Neugestaltung des Rathausplatzes, der ein echtes Schmuckstück im Herzen des Ortes sei. Viele große, aber auch kleine Dinge habe Hügelschäffer angepackt, alles immer mit dem Ziel, die beste Lösung für die Gemeinde zu finden. „Deshalb ist es mir eine besondere Ehre und Freude, Ihnen die offizielle Urkunde und die Ehrenbezeichnung Altbürgermeister zu überreichen“, sagte Hemmerich.
Weiterentwickelt habe sich der Markt Reichenberg in den letzten 18 Jahren, sagte der evangelische Pfarrer Matthias Penßel. „Du hattest immer ein offenes Ohr und fandest immer offene Worte. Du hattest die Fähigkeit, die Dinge menschlich und nicht bürokratisch zu regeln“, lobte er. Und: „Deine Stärke war, dass Du Deine Person sehr stark mit Deinem Amt verknüpft hast.“
Gerne hätte Hügelschäffer die Verantwortung weitergetragen, aber es kam anders, meinte Penßel. Was aber macht eine solche demokratische Entscheidung mit einem Menschen, fragte er. Da gebe es vermutlich einen Zwiespalt zwischen Herz und Verstand. „Das Herz sagt: 'Es tut weh. Da ist etwas weggebrochen, das zu mir gehört hat'“, meinte der Pfarrer.
Deshalb gelte es nun für ihn, die Zukunft zu gewinnen. „Dein Wirken war ein Segen. Gott möge Dir den Mut geben, für die Aufgaben, denen Du Dich jetzt stellen möchtest“, wünschte Penßel. Und Hügelschäffer solle der Mensch bleiben, der er immer war: geradlinig, tatkräftig, kantig, aber immer hundert Prozent bei der Sache.
„Ihnen lag es am Herzen, dass alle Kinder gut aufgehoben waren, gefördert und altersgerecht betreut werden“, sagte Franziska Rothmeyer, Leiterin der Kita Lindlfur. So manches sei nicht selbstverständlich gewesen und das Engagement sei oft über die Pflicht hinaus gegangen. „Sie haben Ihre Arbeit gut gemacht und sich stets mit Herzblut für die jüngsten Mitbürger des Marktes eingesetzt“, lobte sie. „Sie haben bei uns immer einen Stein im Brett.“
Vertreter der Vereine aus allen Ortsteilen gratulierten dem frisch gebackenen Altbürgermeister und dankten ihm für die Zusammenarbeit. Mit seinem Engagement habe er einen lebendigen und wohnenswerten Ort gestaltet. Den Titel Altbürgermeister habe er sich redlich verdient, meinte Eberhard Oehler.
Außerordentlich freue er sich über die Auszeichnung, sagte Karl Hügelschäffer sichtlich bewegt. Auch wenn der Titel für ihn noch etwas ungewöhnlich klinge, denn so alt fühle er sich noch nicht. Bürgermeister Hemmerich und allen Rednern dankte er für die „wohlwollenden, lobenden Worte“ und die Geschenke. Achtzehn Jahre habe ihm das Amt sehr viel Freude bereitet, aber auch viel Kraft gekostet.
Und noch immer sei da Wehmut, wenn er am Rathaus vorbeigehe oder seine Projekte sehe, sagt Hügelschäffer im persönlichen Gespräch. Immer noch die Gedanken, an das, was er noch alles machen wollte. Und überall Erinnerungen. Eine ganze Weile werde es wohl dauern, bis diese nicht mehr schmerzen.
Seine neu gewonnene Zeit schenkt er nun seinem Enkel und seiner Frau. Und seinen 40 Hühnern. Und den sportlichen Ereignissen im Fernsehen. Und weiteren Ehrenämtern. Und dem Arbeitskreis Westbahnhof. Langweilig wird ihm offensichtlich nicht.