Dass man anhand von Jahresringen das Alter von Bäumen nachzählen kann, ist bekannt. Wenniger ist es die Möglichkeit, anhand von Kalkschichten nachzuvollziehen, wie lange ein öffentlicher Brunnen nicht mehr grundgereinigt wurde. Beim Frankonia-Brunnen, der zum Weltkulturerbe des Residenz-Ensembles zählt, gab es eine solche Reinigung wohl schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Er ist schwer verwittert. Die Figuren und der Stein sind von einer Millimeter dicken Patina aus Rückständen von Wasser und Luft überzogen. Jetzt wird nach einer Lösung gesucht, die den Brunnen wieder im alten Glanz strahlen lassen soll.
Tatsächlich sind Figuren und Gestein des Brunnenensembles in einem miserablen Zustand. Frankonia, die über allem thront, scheint noch am besten dran zu sein. Ihre bronzene Figur ist nur von Grünspan besetzt, während die großen Würzburger ihr zu Füßen – Bildhauer Tilman Riemenschneider, Minnesänger Walther von der Vogelweide und Maler Matthias Grünewald – immer zur Sommerszeit mit Wasser besprüht werden. Jahr für Jahr haben sie Schicht für Schicht Kalk angesetzt, so dass ihr metallener Körper längst nicht mehr als solcher zu erkennen ist. Einzelheiten der Kunstwerke wirken durch den Überzug schon bizarr. Die Namensschriften sind kaum noch erkennbar.
Das soll sich ändern. Gemeinsam mit der Deutschen Unesco-Kommission und dem Reinigungsspezialisten Kärcher könnte es eine fachmännische Spezialreinigung geben, die den Freistaat beziehungsweise die zuständigen Schlösserverwaltung nichts kostet. Die Firma Kärcher, die mit ihrem Spezialgerät weltweit unterwegs ist und spektakulär auch schon das gewaltige Denkmal der amerikanischen Präsidenten am Mount Rushmor gereinigt hat, bietet im Rahmen ihres Kultursponsorings die Reinigung von einem kulturellen Objekt in Deutschland auf ihre Kosten an.
Der Frankonia-Brunnen ist neben der Hubertuskapelle des Aachener Doms und des Quedlinburger Rathauses in die engere Auswahl gekommen. Am Dienstag wurden am Frankonia-Brunnen die technischen Möglichkeiten einer schonenden Grundreinigung und Sanierung zusammen mit mehreren konservatorischen Experten geprüft. In Würzburg ginge es um Kosten in Höhe von rund 100 000 Euro aufwärts. Experten schätzen, dass es auch deutlich mehr werden könnte. Denn ein genaues Schadensbild ergibt sich erst im Laufe der Arbeiten. Die Kosten würde der Sponsor komplett übernehmen, so Reinigungsspezialist Thorsten Möwes. Eine Entscheidung wird aber von der Unesco-Kommission erst nach Kenntnis der Untersuchungsergebnisse im November gefällt.
Der Einsatz der Firma Kärcher wird gerne mit einem „Sandstrahlgerät“ verbunden. Mit Sand gestrahlt wird hier allerdings nichts, versicherte der Firmen-Spezialist. Sand als Strahlmaterial ist längst verpönt, weil es für so sensible Aufgaben völlig ungeeignet und auch krebserregend ist. Hier geht es darum, ganz unterschiedliches Reinigungsgerät wie Niederdruck-Weichpartikelstrahler mit ganz verschiedenen Strahl- und Spülmaterialien bis hin zum blanken Wasser zu verwenden, die historische Substanz zu schonen und nicht zu verletzen. Nicht ganz leicht, wenn die einzelnen Gipsschichten, die sich durch das Wasser gebildet haben, teils „pickelhart“ sind.
Vieles ist nicht einfach, sagen die Experten, die gestern bei den Untersuchungen der Umwelt- und Erosionsschichten mit Feingeräten so klein wie Zahnarztbohrer zu Werke gingen. Diese Kleininstrumente kommen nicht von Kärcher, aber die Firma nimmt von ihren Sponsoring-Projekten auch Erfahrungen für die Entwicklung von speziellem Reinigungsgerät mit. Sie tritt dabei aber grundsätzlich nicht als Dienstleister auf, sondern zahlt die eingesetzten Fachkräfte und Firmen.
Beim Testtermin mit von der Partie waren die Restauratoren Klaus Häfner für Stein- und Wandmalerei, Georg Schmid und Alexander Wiesneth von der Schlösserverwaltung und Metallrestaurator Max Heimler. Sie legen nun die Methodik für die Sanierung fest, die ein Kriterium für den Wettbewerbsgewinn sein wird. 14 Welterwerbsstätten hatten sich beim Unesco-Wettbewerb für das Kärcher-Sponsoring in diesem Jahr beworben. Würzburg kam mit dem Frankonia-Brunnen in die engere Auswahl. Die Firma hat mit über 100 weltweit restaurierten denkmalgeschützten Bauwerken viele Referenzen. Darunter die Kolonaden am Petersplatz in Rom, die Christus-Statue in Rio und das Brandenburger Tor.
Teure Unternehmungen sind das. Peanuts sind dagegen die Dutzende von Münzen, die Passanten in alter Tradition ins Wasser des Frankonia-Brunnens geworfen haben. Trocken gelegt, konnte man am Dienstag darauf herumtreten. Sie aufzuheben, fand niemand der Mühe wert. Bestenfalls die „Silberlinge“ waren weg.