Ein Segelschiff im Gegenlicht der untergehenden Sonne ist auf das Sterbebild von Winfried Herrmann gedruckt. Passender könnte das Motiv nicht sein. Denn mit dem Wasser und mit Booten fühlte sich der Gründer von Bavaria Yachtbau sehr verbunden. Wasser – das war immer sein Element.
Dabei fing Winfried Herrmanns Karriere als Unternehmer abseits des Wassers statt. In Giebelstadt, auf dem flachen Land, hat sich der gelernte Industriekaufmann schnell selbstständig gemacht. Mit einem Partner stellte er mit 24 Jahren eine Fabrik für Kunststofffenster auf die Beine. Das Unternehmen lief zunächst wunderbar. Die Baubranche boomte. In dieser Zeit kam Herrmann die Idee, auch in die Freizeitindustrie einzusteigen und Boote zu bauen, die man sich leisten kann. Mit Bavaria 707 und 808, deren Entwürfe Winfried Herrmann selbst zeichnete, begann der Yachtbauer in der Branche Fuß zu fassen. Bavarias Werbeslogan „An uns kommt keiner vorbei“ wurde Realität. Nach und nach ist der Bootsbauer gewachsen. In Giebelstadt entstand die größte Werft der Welt – mit rund 700 Beschäftigten in der Hochphase.
Unterstützt von Konstrukteuren entwarf Winfried Herrmann ein Boot nach dem anderen. Teils in atemberaubenden Geschwindigkeiten. Herrmann setzte dabei auf technisches Know-how. Er erfand sogar einen Computer, der in Verbindung mit einer Fertigungsstraße den Bootsbau industrialisierte. „Er hat nicht nur den Grundstein für den heutigen Erfolg der Werft gelegt, Winfried Hermann hat den gesamten Bau von Serienyachten revolutioniert.“ Yachten auf der Basis einer industriellen Fertigung in hoher Qualität herzustellen, und sie somit einer breiten Kundenschicht zugänglich zu machen, sei sein Verdienst, sagt Constantin von Bülow, heutiger Geschäftsführer der Bavaria Yachtbau GmbH.
Dank dieses industrialisierten Verfahrens gelang es Bavaria Sportboote schneller und billiger zu produzieren. Die „Financial Times“ nannte Herrmann gar den „Henry Ford aus Franken“. Zwischendurch musste der Vorzeige-Unternehmer aber auch wirtschaftlich raue Zeiten erfahren. 1980, als es der Werft schlecht ging, stieg eine Yachtagentur am Chiemsee in das Unternehmen ein und belieferte den Mittelmeerraum mit Booten, 1984 musste die Fensterbau-Firma Konkurs anmelden.
2007, zu einer Hochzeit im Bootsbau, zog sich Herrmann, damals 65 Jahre alt, aus dem Unternehmen zurück. Die Eigentümer, Herrmanns Ehefrau und die Yachtagentur Meltl, verkauften die Firma an einen amerikanischen Investor. Anfangs stand Herrmann den neuen Eigentümern noch als Berater zur Verfügung, wandte sich aber mehr und mehr seiner Familie, vor allem den Enkeln zu.
Winfried Herrmann ist wenige Tage vor seinem 72. Geburtstag nach schwerer Krankheit in Tutzing gestorben. Die Beisetzung auf dem Kleinochsenfurter Friedhof fand im engsten Familienkreis statt. Was bleibt, ist eine Straße in Giebelstadt, die seinen Namen trägt.