Überraschender Rückzug. Der Würzburger Medizinprofessor Martin Lohse wird doch nicht Präsident der Humboldt-Universität (HU) in Berlin. Medienberichten zufolge hat der Leiter des Rudolf-Virchow-Zentrums Sonntagnacht in einer Mail den Verantwortlichen in der Hauptstadt abgesagt. Warum, darüber wird nun spekuliert. Lohse selbst wollte sich am Dienstag gegenüber der Redaktion erst einmal nicht äußern.
An diesem Dienstag sollte eine Anhörung im Konzil, dem 61-köpfigen Wahlgremium, stattfinden, eine Woche später dann die Wahl des Präsidenten. Lohse, einmütig empfohlen von einer Findungskommission, war der einzige Bewerber. Er habe die Situation an der Uni „falsch eingeschätzt“ wird der renommierte Wissenschaftler nun im Berliner „Tagesspiegel“ zitiert. Nach Gesprächen mit Vertretern der Hochschule sei ihm klar geworden, dass an der HU vor allem eine Verwaltungsreform und die Sicherstellung der Finanzierung anstünden. Dafür aber sei er nicht der richtige Mann.
An anderer Stelle unkt die Zeitung derweil, der „glamouröse Kandidat“ Lohse habe die Bewerbung an der HU nur vorangetrieben, um seinen „Marktwert“ zu steigern. Möglicherweise habe er Aussicht auf einen anderen renommierten Posten in der Wissenschaft, etwa beim ebenfalls in Berlin angesiedelten Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin.
Es könnte aber auch der Fall sein, dass der 59-jährige Leibniz-Preisträger seine Laufbahn nun in Würzburg fortsetzt. Möglicherweise hat das Interesse der Humboldt-Uni geholfen, die finanzielle und personelle Ausstattung des von ihm 2002 gegründeten Rudolf-Virchow-Zentrums, aber auch anderer medizinischer Forschungseinrichtungen zu verbessern. Das wäre dann doch ein sehr ansehnlicher Prestigeerfolg für die Julius-Maximilians-Universität.
Ob an dieser Spekulation etwas dran ist, blieb am Dienstag offen. Uni-Sprecherin Esther Knemeyer Pereira kündigte für Ende der Woche eine Stellungnahme der Hochschule zur Personalie Lohse an.