Der derzeit amtierende dritte Bürgermeister in Randersacker, Oliver Liedtke (Lindelbacher Liste), wurde am Mittwochabend vom Marktgemeinderat im zweiten Anlauf in geheimer Wahl zum ersten Stellvertreter hochgewählt. Liedtke erhielt in Abwesenheit von Johanna Lang (CSU) - sie befindet sich nach dem Studium auf einem längeren Auslandsaufenthalt - acht von 14 abgegebenen Stimmen. Michael Sedelmeyer (CSU) weigerte sich, seine Stimme abzugeben. Er vertrat den Standpunkt, dass angesichts der derzeitigen Situation in Randersacker die Wahl des Stellvertreters quasi der Wahl des eines hauptamtlichen Bürgermeisters gleichkäme. Den aber, so der Gemeinderat, dürften nur die Bürger wählen und nicht der Gemeinderat. Er wolle daher weder für noch gegen den einzigen Kandidaten stimmen. Trotz mehrfacher Aufforderung durch den neuen Geschäftsstellenleiter Roland Drexel, von diesem Schritt abzusehen, den die kommunale Gemeindeordnung nicht vorsieht, blieb er bei seiner Verweigerung.
Abgestimmt haben außer Liedtke selbst fünf Gemeinderäte der UWG, drei aus Reihen der SPD, zwei ÖDP-Räte sowie vier von der CSU. Nötig geworden war die Nachwahl des ersten Bürgermeisterstellvertreters nach dem Rücktritt von Monika Kirschbaum (SPD). Sie hatte als zweite Bürgermeisterin die Amtsgeschäfte übernommen, nachdem der gewählte hauptamtliche Bürgermeister Dietmar Vogel (UWG) im Mai 2015 suspendiert worden war. Der Verwaltungsbeamte hatte sich widerrechtlich 25.000 Euro an Stelle nicht genommener Urlaubstage auszahlen lassen. Das Geld hatte er im Februar 2015 in voller Höhe zurückgezahlt, nachdem das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden war. Seit April 2016 ist der 52-Jährige rechtskräftig zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Anfang September erhob die Landesanwaltschaft beim Verwaltungsgericht Ansbach Disziplinarklage gegen den Bürgermeister, „mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis“. Verhandlungstermin soll voraussichtlich im Frühjahr 2017 sein. Die seit März 2016 erkrankte Kirschbaum erklärte Mitte August ihren Rücktritt. Die Amtsgeschäfte hatte in den letzten Monaten deshalb der vorherige dritte jetzt zum zweiten Bürgermeister gewählte Oliver Liedtke (Lindelbacher Liste) weitergeführt. Der erste Wahltermin für den neuen Bürgerstellvertreter platzte, weil die CSU sich für eine Verschiebung der Wahl stark gemacht hatte und Liedtke mit einem Patt bei der Abstimmung scheiterte (acht zu acht), die Wahl wie auf der Tagesordnung angekündigt durchzuführen. Auch beim jetzigen zweiten Anlauf hatte CSU-Fraktionssprecher Heiko Lörner (CSU) dafür plädiert, die Wahl erneut zu verschieben, um ein Zeichen zu setzen. Randersacker brauche Ruhe und eine funktionierende Gemeindeführung. Eine erneute Stellvertreterwahl sei keine Lösung. „Das Aussetzen der Wahl wäre eben auch ein deutliches Signal für die Behörden und die Öffentlichkeit dieses Dilemma endlich anzugehen.“ Matthias Henneberger hatte seitens der ÖDP wie ebenfalls bereits in der vergangenen Sitzung gefordert, sich gemeinsam auf einen Kandidaten zu verständigen. Zwar, monierte er, habe es jetzt tatsächlich ein fraktionsübergreifendes Gespräch gegeben, aber ohne Bereitschaft über verschiedene Kandidaten zu diskutieren. Liedtke, so Hennberger, sei für ihn als zweiter Bürgermeister nicht tragbar. „Wer Zusamenarbeit fordert, dann aber die Ergebnisse als eigene Leistung verkauft, will keine Zusammenarbeit, sondern Zuarbeit“, sagte er. Daher plädiere er dafür, erfahrene Ratsmitglieder mit großem Rückhalt in der Bevölkerung - wie Peter Rost (UWG) oder Ulrich Schmitt (SDP) ins Amt zu heben. Lörner und Henneberger beteuerten aber auch übereinstimmend, die demokratischen Mehrheitsverhältnisse zu akzeptieren, wenn sich das Bündnis aus UWG, SPD und Lindelbacher Liste - wie schließlich geschehen - durchsetzen werde. Man wolle die Fronten nicht weiterverhärten und werde, zum Wohl der Marktgemeinde weiter gemeinsam an der Sache arbeiten, versprachen beide. „So unterschiedlich wir in der Bewertung und im Umgang mit der hiesigen Bürgermeistersituation sind, so gleichgeschaltet wind wir bei der Sacherarbeit, nämlich uns gemeinsam für unseren Ort einzusetzen“, fügte Bruno Schmitt (CSU) an. Liedtke argumentierte ähnlich: „Unabhängig von den Ressentiments, die heute teilweise anklangen, biete ich einmal mehr auf das Wohl Randersacker gerichtete Zusammenarbeit im Marktgemeinderat an.“