Am Ende wurde sie von den Nazis ermordet – in der Ungewissheit, welches Schicksal ihre Kinder wohl ereilt hatte. Und vor allem in Sorge um ihre Tochter, die wie sie inhaftiert worden war. Monatelang hatte Anna Ebermann aus Rottenbauer in einer kleinen, kalten Zelle auf ihre eigene Hinrichtung gewartet. Diese wurde am 17. März 1944 in Berlin-Plötzensee vollzogen.
In der Berliner Gürtelstraße 11 erinnert schon seit den 1950er Jahren ein Gedenkstein an sie. Und auch eine Straße im Bezirk Lichtenberg wurde bereits 1976 nach der Widerstandskämpferin Anna Ebermann benannt, die 1891 im heutigen Würzburger Ortsteil Rottenbauer geboren wurde.
In KPD eingetreten
Dort, wo sie als Anna Ziegler das Licht der Welt erblickt hatte und mit ihren Eltern und zwei Geschwistern aufwuchs, stolpert man erst seit 2016 über ihre Geschichte. Wer heute im Lilienweg in Rottenbauer vor dem Haus mit der Nummer sechs steht, entdeckt sicherlich die kleine Gedenktafel, die in den Boden eingelassen wurde, um an sie zu erinnern. Der „Stolperstein“ in Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus war im Juli 2016 verlegt worden.
Aus dem Lilienweg brach Anna Ebermann als junge Frau nach Berlin-Weißensee auf, um dort mit ihrem Ehemann Karl, einem Bäcker, und drei Kindern zu leben. 1931 trat das Paar in die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) ein und engagierte sich ab 1933 gegen das faschistische Hitler-Regime.
Geheime Treffen
In ihrem Haus in der Berliner Gürtelstraße ging es zuweilen geschäftig zu, wenn bei geheimen Treffen darüber diskutiert wurde, wie man sich dem Hitler-Regime entgegenstellen und verfolgten Juden helfen kann. Über das Untertauchen von Menschen, das Beschaffen falscher Papiere und das Verhelfen zur Flucht zu sprechen, war höchstgefährlich, die Zusammenkünfte streng verboten.
Auch Annas Ebermanns Tochter Carmen und deren Mann Hans Fruck waren im Widerstand aktiv und schlossen sich der „Gruppe Herbert Baum“ an. Dort waren vor allem Jugendliche und viele Frauen aus dem jüdischen, kommunistischen und sozialistischen Spektrum organisiert. Die Gruppe flog 1943 auf. Carmen Druck wurde zu einer Gefängnisstrafe, Hans Fruck wegen Hochverrats zu einer fünfjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Er blieb bis 1945 inhaftiert.
Im gleichen Jahr, in dem ihre Tochter im Gefängnis saß, reiste Anna Ebermann für einen Urlaubsaufenthalt nach Würzburg. Der Besuch einer Gaststätte, bei dem sie ihrer Wut über das Regime Luft machte, wurde ihr dabei zum Verhängnis. Vor dem Hintergrund des Bombenkrieges und der Niederlage bei Stalingrad äußerte sie sich regimekritisch und geringschätzig über Hitler und den Krieg.
In der Heimat denunziert
Nicht allen anwesenden Frauen gefiel es, dass ihre Männer, die in den Krieg gezogen und sogar gefallen waren, nach Ebermanns Worten eine Mitverantwortung an ihrem Schicksal tragen sollten. Dass es ihnen ohne das Hitler-Regime besser gehen und eine Kriegsniederlage sogar positiv für das Land sein sollte, ging nicht in ihre Köpfe. Und so kam es, wie es kommen musste: Ebermann, die in Berlin durchaus gelernt hatte, vorsichtig zu sein, hatte sich in ihrer Heimat zu unbedarft kritisch geäußert und wurde ausgerechnet dort denunziert.
Am 5. Mai 1943 kam die Gestapo ins Haus ihres Bruders, der zu diesem Zeitpunkt 2. Bürgermeister des Ortes war, und verhaftete sie. Dass sie bereits langjährig als Kommunistin bekannt und 1932 wegen „Widerstands gegen die Staatsgewalt“ und „Beamtenbeleidigung“ für drei Wochen verhaftet worden war, machte die Sache für sie nicht besser. Auch die Haftstrafe von Carmen rückte Anna Ebermann in den Augen der Faschisten in ein gefährliches Licht. Sie wurde in besonderem Maße als schuldig betrachtet.
Zum Tode verurteilt
Nachdem sie von Würzburg nach Berlin-Moabit überführt worden war, verurteilte der Volksgerichtshof sie am 19. November 1943 wegen „Wehrkraftzersetzung“ in Verbindung mit „Hochverrat“ zum Tode.
Die Kinder und ihr Ehemann erlebten die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus. Der Stolperstein im Würzburger Lilienweg hält die Erinnerung an Anna Ebermann auch über familiäre Bindungen hinaus lebendig.
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