Die Europäische Union will langfristig Verpackungsmüll verringern, denn den Angaben der Europäischen Kommission zufolge haben Verpackungen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt. Nicht zuletzt aus diesem Grund soll die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle aus dem Jahr 1994überarbeitet werden und ist es auch zum Teil bereits schon. Dementsprechend plant die Europäische Kommission auch ein länderübergreifendes Pfandsystem.
In Deutschland gibt es ein solches bereits seit Jahren, in den meisten anderen EU-Mitgliedstaaten nicht. Daher schlägt nun etwa der Deutsche Brauer-Bund Alarm und drängt auf eine Korrektur der geplanten Verpackungsverordnung. Denn würden die Pläne umgesetzt, müssten Milliarden Flaschen, insbesondere Bierflaschen, zerstört werden. Alles, was Sie wissen müssen, lesen Sie hier.
Neues Pfandsystem der EU: Was würde sich in Deutschland ändern?
In einem Vorschlag, den die EU-Kommission im November 2022 veröffentlicht hat, spricht sie sich für ein einheitliches Pfandsystem für alle Mitgliedstaaten aus, das zudem verpflichtend sein soll. Dabei geht es um Flaschen sowie Dosen mit einer Füllmenge von bis zu drei Litern. Damit das Pfandsystem einheitlich funktioniert, sollen Hersteller ihre Produkte etwa mit Seriennummern versehen und auch in Bezug auf die zulässigen Verpackungen sind Änderungen zu erwarten, denn die Transportverpackung eines Produkts darf nicht mehr als 40 Prozent größer sein, als das Produkt selbst.
In Deutschland könnte das für Probleme sorgen. Ein klassischer Bier- oder Wasserkasten etwa wäre zu groß, schreibt der Deutsche Brauer-Bund in einer Pressemitteilung. Aber auch Seriennummern sind auf Mehrwegflaschen in Deutschland bisher nicht zu finden. Das könnte Folgen haben.
Warum warnt der Brauer-Bund vor dem geplanten Pfandsystem der EU?
Der Deutsche Brauer-Bund hat Ende Mai 2023 in einer Pressemitteilung eine Änderung der geplanten EU-Verordnung gefordert. Zwar seien die Ziele der EU-Kommission - Mehrweg zu stärken, den Ressourcenverbrauch zu senken und die Recyclingfähigkeit von Verpackungen verbindlich vorzuschreiben - wichtige Meilensteine für den Umwelt- und Klimaschutz, sorge aber in Deutschland an "einer entscheidenenden Stelle" für Probleme.
Der Brauer-Bund kritisiert, dass "bereits etablierte erfolgreiche und seit Jahrzehnten funktionierende Mehrwegsysteme durch die vorgesehenen Regelungen in ihrer Existenz gefährdet" würden. Dazu führt der Verein vier Beispiele an:
- Deklarationspflicht: Flaschen und Dosen sollen dem EU-Vorschlag zufolge eine "dauerhaft angebrachte Kennzeichnung" tragen. Im deutschen Mehrwegsystem wird aber "seit jeher mit abwaschbaren Etiketten gearbeitet", schreibt der Brauer-Bund. Die Folge: Die existierenden Mehrwegflaschen müssten vernichtet werden und dürften nicht mehr genutzt werden, "obwohl sie noch viele Jahre im Einsatz sein könnten". Holger Eichele, Präsident des Brauer-Bundes, hat der Bild-Zeitung erklärt, man wäre "gezwungen, alle Mehrwegflaschen einzuschmelzen." Anschließend müssten diese dann mit einer Seriennummer, also einer dauerhaften Kennzeichnung, neu hergestellt werden. Davon betroffen wären Milliarden Bierflaschen in Deutschland. Dem Verein zufolge haben allein die 1500 Brauereien in Deutschland aktuell etwa vier Milliarden Mehrwegpfandflaschen im Umlauf und würden damit einen Mehrweganteil von etwa 80 Prozent ausmachen.
- Transportverpackung: Dem EU-Vorschlag zufolge soll der Leerraumanteil in Transportverpackungen begrenzt werden. Dieser darf das Produkt in Sachen Größe nicht mehr als 40 Prozent übertreffen. Wasser- und Bierkästen, die aktuell in Deutschland im Umlauf sind würden der von Brüssel geplanten Regulierung laut dem Brauer-Bund dementsprechend zum Opfer fallen.
- Rücknahmepflicht: Zur Rücknahme von Pfandflaschen sind in Deutschland aktuell die sogenannten "Letztvertreiber" verpflichtet, also Supermärkte und Co.. In der geplanten Regelung soll diese aber durch den "Systembetreiber" erfolgen. Eine Instanz, die es dem Brauer-Bund zufolge in Deutschland gar nicht gibt.
- ZentraleVerwaltung: Der Deutsche Brauer-Bund kritisiert zudem die "einheitliche und zentralistische Verwaltungsbürokratie", die der EU-Vorschlag vorsehe. In Deutschland würde es eine Vielzahl "höchst unterschiedlicher, aber erfolgreicher und umweltfreundlicher Mehrwegsysteme" geben und die Rücklaufquoten von Mehrwegflaschen und -kästen lägen bei nahezu 99 Prozent. Das aktuelle System umzustellen, würde dem Verein zufolge Kosten in Milliarden-Höhe verursachen und keinen ökologischen Mehrwert bieten.
Der Deutsche Brauer-Bund hat sich in einem Schreiben mit seinen Bedenken an das Europäische Parlament gewandt und fordert: "Erfolgreich etablierte und funktionierende Mehrwegsysteme in den Ländern Europas müssen durch einen garantierten unbefristeten Bestandsschutz gesichert werden." Denn: "Gefährdet die Europäische Union durch eine unbedachte Umweltpolitik ausgerechnet die Zukunft von Mehrweg, macht sie sich unglaubwürdig."