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Geschichte: Gedenken an erste jüdische Gottesdienste nach Kriegsende

Geschichte

Gedenken an erste jüdische Gottesdienste nach Kriegsende

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    Anna Zisler, Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Straubing-Niederbayern, hofft auf eine starke Teilnahme bei der Gedenkfeier am 18. Mai in Straubing.
    Anna Zisler, Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Straubing-Niederbayern, hofft auf eine starke Teilnahme bei der Gedenkfeier am 18. Mai in Straubing. Foto: Armin Weigel/dpa

    Mit einer Gedenkfeier erinnert die Israelitische Kultusgemeinde Straubing-Niederbayern an ihren ersten jüdischen Gottesdienst nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Synagoge war als eines der wenigen jüdischen Gotteshäuser von den Nationalsozialisten nicht zerstört - aber geschändet - worden. Am 18. Mai um 14 Uhr lädt die jüdische Gemeinde in Straubing zu einer Gedenkfeier ein. Juden und Nicht-Juden sind willkommen.

    Anna Zisler, Vorsitzende der Israelitische Kultusgemeinde Straubing-Niederbayern, wünscht sich, dass wie damals etwa 700 Teilnehmer zusammenkommen. Auch Mitglieder der jüdischen Gemeinden in Regensburg, Bayreuth, Augsburg und Nürnberg hätten sich angekündigt.

    Zwischen Trauer und Hoffnung

    Die Gottesdienst-Teilnehmer seien vor allem Überlebende der umliegenden KZ-Außenlager gewesen, sagt Zisler. Sie seien traumatisiert gewesen und hätten einen Ort gesucht, an dem sie trauern und zugleich Hoffnung schöpfen konnten. Zelebriert habe die Feier ein Rabbiner der US-Armee.

    Es dürfte einer der ersten jüdischen Gottesdienste in Bayern nach dem Krieg gewesen sein, sagt sie. Ihr sei rätselhaft, wie es den Menschen damals ohne Handy gelungen sei, sich zu dem Gottesdienst zu verabreden. Nun hofft sie, dass es wieder gelingt.

    Ihr Vater Israel Offmann habe ihr von dem Gottesdienst erzählt, selbst teilnehmen habe er nicht können, berichtet Zisler. Denn nach seiner Befreiung aus dem Außenlager Ganacker des Konzentrationslagers Flossenbürg sei er zuerst ins Krankenhaus gekommen. Der Auschwitz-Überlebende Offmann (1925-2018) war später Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Straubing-Niederbayern.

    Zeichen der Solidarität mit Juden

    Anna Zisler macht sich für den Dialog zwischen Juden und Nicht-Juden stark, führt regelmäßig Besuchergruppen durch die Synagoge. In einer Zeit des wiedererstarkten Antisemitismus sei das wichtiger denn je, sagt sie. Sie hofft, dass auch viele nicht-jüdische Bürger zu der Gedenkfeier kommen. Diese ist zugleich als Solidaritätsaktion zu verstehen.

    Stellvertretend für Josef Schuster, den Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, werde Direktoriumsmitglied Ilse Danziger teilnehmen. Zugesagt haben den Angaben nach auch Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) und Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle.

    Spaenle zufolge war Straubing 1945 ebenso wie München ein zentraler Ort, an dem jüdisches Leben nach der NS-Diktatur und dem Holocaust neu belebt worden sei. Die Straubinger Synagoge sei zwar verwüstet, aber nicht wie Synagogen an vielen anderen Orten, völlig zerstört worden. «Deshalb ist dieser Termin für das Judentum in Bayern von zentraler Bedeutung.»

    Historisches Bekenntnis in Stein gemeißelt

    Der Straubinger Historiker und Bürgermeister Werner Schäfer erinnerte an den früheren Vorsteher der jüdischen Gemeinde, der bei der Einweihung der Synagoge 1907 von einem über alle religiösen Bekenntnissen hinweg «gemeinsamen Geist wahren Menschentums» gesprochen habe. Der damalige Bürgermeister Franz von Leistner habe an der Synagoge ein Bekenntnis einmeißeln lassen: «Es sei meine und all meiner Nachfolger heiligste Pflicht, dieses Gotteshaus in ihre Obhut zu nehmen.»

    Dass die Straubinger Synagoge in der Pogromnacht 1938 nicht niedergebrannt worden ist, lag Schäfer zufolge vor allem an umliegenden Gebäuden, die von einem Feuer möglicherweise ebenfalls zerstört worden wären.

    In Bayern gibt es den Landesverband Israelitischer Kultusgemeinden, dem zwölf jüdische Gemeinden mit rund 7.000 Mitgliedern angehören, sowie die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern, die alleine etwa 9.500 Mitglieder zählt.

    Vor dem Portal der Synagoge will die Israelitische Kultusgemeinde Straubing-Niederbayern mit ihrer Vorsitzenden Anna Zisler an den ersten jüdischen Gottesdienst nach Kriegsende erinnern.
    Vor dem Portal der Synagoge will die Israelitische Kultusgemeinde Straubing-Niederbayern mit ihrer Vorsitzenden Anna Zisler an den ersten jüdischen Gottesdienst nach Kriegsende erinnern. Foto: Armin Weigel/dpa
    Die Synagoge Straubing ist 1907 gebaut und eingeweiht worden.
    Die Synagoge Straubing ist 1907 gebaut und eingeweiht worden. Foto: Armin Weigel/dpa
    Die Israelitische Kultusgemeinde Straubing-Niederbayern hat etwa 800 Mitglieder.
    Die Israelitische Kultusgemeinde Straubing-Niederbayern hat etwa 800 Mitglieder. Foto: Armin Weigel/dpa
    Die Synagoge in Straubing ist in der Pogromnacht 1938 von den Nationalsozialisten zwar geschändet, aber nicht abgebrannt worden. Hintergrund war die Nähe zu umliegenden Gebäuden, die möglicherweise mit zerstört worden wären.
    Die Synagoge in Straubing ist in der Pogromnacht 1938 von den Nationalsozialisten zwar geschändet, aber nicht abgebrannt worden. Hintergrund war die Nähe zu umliegenden Gebäuden, die möglicherweise mit zerstört worden wären. Foto: Armin Weigel/dpa
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