Die Verwaltung soll unter Beteiligung der Öffentlichkeit ein ganzheitliches Konzept für den Lohrer Friedhof erarbeiten. Diesen Auftrag hat der Haupt-, Finanz- und Bauausschuss des Stadtrates am Montag nach einem Ortstermin einstimmig erteilt. Wesentlicher Bestandteil soll die Reaktivierung leerer Grabfelder im alten Friedhofsteil sein.
Der Lohrer Friedhof sei immer wieder ein Thema, meinte Bürgermeister Mario Paul und verwies auf leere Gräber, den unklaren Bedarf wegen der Weiterentwicklung der Bestattungskultur und die Konkurrenz durch andere Bestattungsformen wie Friedwälder. Nach Ansicht Pauls hat die Stadt „immer wieder und klug“ auf die Veränderungen reagiert.
Dennoch erreichten die Stadt Mahnungen, sie müsse wegen des Friedhofs „mehr in die Kommunikation gehen“. „Das wollen wir tun“, versicherte der Rathauschef. Es gehe um die „zukunftsfähige Weiterentwicklung“ nicht nur des Lohrer, sondern aller städtischen Friedhöfe.
Nur 13 Erdbestattungen
Eine Bestandsaufnahme lieferte Martina Strauß, Sachgebietsleiterin im Amt Bürgerdienste. Nach ihren Angaben waren im vorigen Jahr die herkömmlichen Erdbestattungen mit 13 Fällen gegenüber mehreren Formen der Urnenbestattung (39 im Erdgrab, 27 in Urnenwand, fünf in einem Urnengrabfeld) deutlich in der Minderheit.
Die Folgen sehe man im alten Friedhofsteil: Viele Grabstellen mit teilweise denkmalgeschützten Grabmälern seien leer. Die Idee aus der Bürgerschaft, den gesamten alten Friedhofsteil in einen Park umzuwandeln, ist nach ihren Worten nur schwer umzusetzen. Hauptproblem wäre dabei laut Strauß, dass es im alten Friedhofsteil noch aktive Grabstellen gibt. Für einen Park müsste der alte Teil entwidmet werden. Einnahmen für die Stadt fielen dann weg.
Lieber möchte sie leere Grabstellen reaktivieren, wie sie in der Nähe der Aussegnungshalle demonstrierte. In einem leeren Altgrab ließen sich acht Urnenerdröhren unterbringen. Das Problem sei höchstens, „dass die Lohrer immer in der ersten Reihe liegen wollen“. Dieses Problem mit Hilfe der Gebührenordnung zu regulieren, wie von Brigitte Riedmann (FW) vorgeschlagen, hielt sie für möglich.
Aus anderen Kommunen gebe es eine ganze Reihe sehenswerter Beispiele für Urnensammelgräber, am besten mit Urnenerdröhren, die man laut Strauß in aufgelassenen Grabstellen vor erhaltenswerten Grabmalen einrichten könnte. Allerdings müsse man dabei konsequenter vorgehen als beim bestehenden Urnengrabfeld an der Aussegnungshalle.
Die Realität dort sehe anders aus als der Plan, so Strauß. Denn eigentlich sollte es keine Dekorationen, Kerzen und Pflanzen an den beigesetzten Urnen geben, sondern nur eine Sandsteindeckplatte mit den relevanten Angaben. Blumen sollten spätestens drei Wochen nach der Bestattung entfernt werden. Gut angenommen werde das Feld auch nicht.
Arbeitskreis geplant
Die Sachgebietsleiterin brachte einen Generalplaner für ein Gesamtkonzept ins Spiel. Haushaltsmittel stünden dafür aber derzeit nicht zur Verfügung. Das wäre laut Bürgermeister Mario Paul eine Idee, aber nur unter Beteiligung der Bürger. Damit rannte er bei Christiane Werthmann (Bürgerverein) offene Türen ein: Ihre Fraktion schlage die Einrichtung eines Arbeitskreises vor.
Der Bürgerverein sei mehrfach darauf angesprochen worden. „Ein Generalplaner kostet gleich wieder viel Geld“, so Werthmann. Paul gab zu bedenken, dass es auch fachlicher Expertise bedarf. Das sah Zweiter Bürgermeister Dirk Rieb (CSU) ähnlich. Wegen der Komplexität des Themas brauche man wenigstens einen fachlichen Berater.
Ob die Kosten für ein Gesamtkonzept auf die Friedhofsgebühren umgelegt würden, wollte Clemens Kracht (Grüne) wissen. Strauß bejahte: Diese Kosten flössen in den Ausgabentopf, der auf die Friedhofsnutzer umgelegt werden müsse. Nach Angaben Riebs gibt es vom Landesamt für Denkmalpflege Förderungen, zumal die Behörde an der Erhaltung vieler Grabmale interessiert sei.
Frank Seubert (CSU) erinnerte an Harmonisierungsbemühungen in der EU. In Spanien sei es üblich, Urnen zu Hause aufzubewahren. Das konnte sich Strauß hierzulande nicht vorstellen: „Bayern ist in dieser Hinsicht sehr konservativ, ich glaube nicht, dass das bei uns kommt.“
Bürgermeister Paul fasste zusammen: Die Bürger müssten eingebunden werden. Das schaffe Identifikation. Der Arbeitskreis solle schrittweise vorgehen und zunächst Ideen sammeln. Die finanzielle Seite solle bei den Haushaltsberatungen besprochen werden.
Neue Baumgräber
Ein weiteres Thema, das beim Ortstermin auf der Tagesordnung stand, war die Ausweisung neuer Baumgräber, also Bestattungsmöglichkeiten für Urnen an Bäumen. Nach Strauß' Angaben sind derzeit fast alle Baumgrabstellen im Lohrer Friedhof vergeben. Im neuen Friedhofsteil habe man bereits einige mittelalte Bäume ausgesucht, wo sich etwa 20 weitere Baumgräber ausweisen ließen.