LOHR. Vier Kandidaten wird es bei der Lohrer Bürgermeisterwahl im März 2026 nach heutigem Stand geben. Seit Donnerstagabend ist der erste offiziell nominiert: Clemens Kracht. Der Grüne will Mario Paul ablösen. Dieser war 2014 und 2020 jeweils als Kandidat der Grünen ins Amt gewählt worden. 2026 will er jedoch als unabhängiger Kandidat antreten. Aus den Reden der Nominierungsversammlung wurde recht unverhohlen deutlich, weswegen die Grünen Kracht für den den besseren Kandidaten halten.
Die Nominierung war, wie zu erwarten, eine klare Sache. Die Grünen hatten schließlich schon im Dezember angekündigt, mit Kracht ins Bürgermeisterrennen gehen zu wollen. Bei der gut zweistündigen Nominierungsversammlung in der Alten Turnhalle war der 54-Jährige dann auch einziger Bewerber. Er erhielt in geheimer Wahl alle 57 gültigen Stimmen. Dieses Votum sei für ihn Auftrag, sagte Kracht. Er sei »froh, jetzt endlich loslegen zu können«.
Kracht benennt Schwerpunkte
Wie er die Wähler von sich überzeugen will, hatte Kracht zuvor in seiner Rede deutlich gemacht. Er hob dabei einerseits seine Priorität eines Gefahrenabwehrplans für die Stadt hervor, beispielsweise für Hochwasser oder Stromausfälle. Vor allem aber skizzierte Kracht seine »Vision der fünf Säulen für die Stadt der Zukunft«.
Eine der Säulen sei der Umwelt- und Klimaschutz, wobei das angepeilte Biosphärenreservat im Spessart eine »Riesenchance« sei. Als zweite Säule nannte Kracht ein gerechtes Miteinander in der Stadt. In Lohr müssten »alle Menschen zu Hause sein können«, wofür es bezahlbaren Wohnraum brauche. Aus diesem Grund wolle er als Bürgermeister eine Stadtbaugesellschaft gründen, nannte Kracht eines seiner Ziele für den Fall seiner Wahl.
Zur dritten Säule bestehend aus Wirtschaft und Infrastruktur sprach sich Kracht dafür aus, Flächen wie das in wenigen Jahren frei werdende Krankenhausareal, das ehemalige Postareal oder das Parkdeck »endlich innovativ zu nutzen«.
Für junge Menschen und Familien - die vierte Säule - forderte Kracht neue Angebote für Jugendinitiativen. Ziel müsse es sein, das die Jugend »nicht nur in Lohr wohnt, sondern sich auch wohlfühlt«.
Als fünfte und letzte Säule nannte der Kandidat eine verstärkte Bürgerbeteiligung, die »nicht nur Floskel« sein dürfe. Er wolle Lohr als Bürgermeister »zu einer Stadt machen, auf die alle stolz sein können«, erklärte Kracht.
»Dienend, nicht herrschend«
Das Bürgermeisteramt selbst verstehe er als eine »dienende und nicht herrschende Rolle«. Für effektives Arbeiten im Rathaus sei es wichtig, dem Personal Verantwortung übertragen und Vertrauen schenken zu können. »Das ist mein Führungsstil«, sagte Kracht.
Wie man ein Team führe, habe er vor allem in 33 Jahren im Dienst der Lohrer Feuerwehr gelernt, darunter etliche Jahre als federführender Kommandant. Als solcher habe er Menschen motivieren, in kritischen Situationen kühlen Kopf bewahren und notfalls Entscheidungen treffen müssen, die über Leben und Tod entscheiden.
»Ich bin ein Brückenbauer«, sagte Kracht über sich und hob mehrfach hervor, dass es ihm ein Anliegen sei, das Gemeinschaftsgefühl in der Stadt zu stärken.
Bärbel Imhof, Ortsvorsitzende der knapp 60 Mitglieder zählenden Grünen in Lohr, sprach davon, dass Kracht jemand sei, der »das Wir in der Stadt entfesseln« könne. Lohr brauche als Bürgermeister »endlich einen Pragmatiker und Macher«, der »nicht nur Geschichten und akademische Vorträge produziert« oder sich »mutlos hinter Workshops versteckt«, ritt Imhof recht deutliche Attacken gegen den ehemaligen Grünen-Kandidaten und derzeitigen Amtsinhaber Mario Paul.
Für die Stadtratsfraktion der Grünen erklärte Lena Werner, dass Kracht die Fähigkeit habe, Menschen unter einen Hut zu bringen - »selbst die diskussionsfreudigen Grünen«. Sebastian Schwenker sprach als Vertreter des Ortsverbandes davon, dass Kracht mit seiner Kompetenz und Erfahrung für die Bürgermeisterwahl »der richtige Mensch zur richtigen Zeit« sei.
Der Bezirksvorsitzende Volker Goll nannte Kracht eine »authentische Persönlichkeit, die anpackt«. Die Kreisvorsitzende Verena Frey bezeichnete den Kandidaten als »Lohrer durch und durch« mit der richtigen Kombination aus Weitblick und Bodenhaftung.
Fragen aus dem Publikum
Zwischendurch stellte sich Kracht in der von einer Band um seine Frau Ingrid musikalisch umrahmten Versammlung Fragen aus dem Publikum. Dabei sprach er sich unter anderem für Verbesserungen für den Radverkehr in der Stadt und für die Reaktivierung des Stadtbahnhofes aus.
Auch das Schaffen einer hauptamtlichen Stelle für die Unterstützung der Integration von Geflüchteten könne er sich »grundsätzlich vorstellen«, sagte Kracht, wobei man eine solche Stelle womöglich auch schon vor der Wahl anstoßen könne.
Bei der Bürgermeisterwahl am 8. März 2026 werden neben Kracht nach derzeitigem Stand noch Amtsinhaber Mario Paul als unabhängiger Bewerber sowie Marc Nötscher für die SPD und Dirk Rieb für die CSU antreten. Die Nominierungsversammlung der CSU ist für diesen Freitagabend angesetzt. Beginn ist um 19 Uhr ebenfalls in der Alten Turnhalle.