Mit den Temperaturen steigt auch die Wanderlaune. Wer dabei neue Gegenden erkunden möchte, sucht womöglich nach einer preiswerten Unterkunft, etwa einer Jugendherberge.
In Hessen öffneten zuletzt zwei von ihnen nach Modernisierungsarbeiten wieder für Besucher. Andere Einrichtungen hatten sich dagegen nicht über Wasser halten können: Drei der Jugendherbergen in Hessen mussten laut Angaben des Landesverbands des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) aufgrund der Corona-Pandemie schließen.
Grund dafür ist etwa die Konkurrenz von Hostels und Billighotels. Es besteht der Druck, attraktiv zu sein. Die Jugendherberge Wetzlar setzt unter anderem auf Firmen und Familien als Gäste, sagte Paul Sarges, Leiter der Herberge. Darum seien nun 40 Prozent der Betten Einzel- oder Doppelbetten und nicht länger mehrstöckig.
In Zukunft: Nicht nur Schulklassen
Denn die Herbergen sind nicht nur für Schulklassen gedacht. «In allen Jugendherbergen sind alle Gäste willkommen», sagte Knut Stolle vom DJH-Vorstand. So auch Familien, Freundesgruppen, Einzelreisende sowie Menschen mit Behinderung. Zwar sei nicht jedes historische Gebäude rollstuhlgerecht, aber etwa in Wetzlar gebe es auch barrierefreie Zimmer.
Wer in einer Herberge unterkommen will, benötigt jedoch eine Mitgliedschaft beim DJH und einen speziellen Ausweis. Für Menschen bis 27 Jahren kostet dieser 7,50 Euro, für Familien und ältere 22,50 Euro und für Gruppen 25 Euro im Jahr.
Alle sind willkommen, viele sparen lieber
Dennoch sei der Konkurrenzdruck und Einfluss von Dumpingpreisen spürbar, sagte Stolle. Die unsichere gesellschaftliche Lage merke man beim DJH deutlich. Die Menschen würden ihr Geld zusammenhalten und sehr kurzfristig buchen. Bei der kürzlich renovierten Herberge Burg Hessenstein sei die Nachfrage kurz nach der Wiedereröffnung jedoch wieder hoch, sagte Hannah Wallner, die neue Herbergsleiterin.
Der Landesverband hatte nach Insolvenz des Vorgängers die Trägerschaft übernommen. Gepunktet wird hier nicht mit Dumpingpreisen: Besonders die ländliche Lage der ältesten Jugendherberge Hessens mache den Unterschied zur Konkurrenz: «Wir sind nicht in der Stadt, sondern mitten in der Natur.»
Danach richte sich auch das pädagogische Konzept der Herberge. Sie steht laut Stolle für das Thema Burg, Umwelt und Natur. Andere Unterkünfte setzen etwa auf Kunst und Kreativität oder Wissenschaft und Luft- und Raumfahrt. Man wolle damit im gesellschaftlichen Trend bleiben.
Für die Zukunft auf Nachhaltigkeit setzen
Mit dem Trend ging man auch bei den Sanierungen. Dabei habe man beispielsweise recycelte Fußböden und moderne Heizanlagen gewählt, hob Stolle hervor. Man habe auch auf faire Lieferketten bei Möbeln geachtet. In Wetzlar gebe es jetzt zudem Photovoltaikanlagen.«Wir haben seit vielen Jahren ausschließlich Ökostrom in allen unserer Jugendherbergen», betonte das Vorstandsmitglied. «Unseren Fuhrpark haben wir schon zu über 50 Prozent auf reine Elektrofahrzeuge umgerüstet.»
Corona-Folgen noch spürbar
Doch auch wenn sich der Landesverband heute auf die Zukunft vorbereitet, von Corona habe sich die Branche bislang nicht komplett erholt. Die Preissensibilität ist laut Stolle sehr hoch, gleichzeitig müsse man jedoch aufpassen, nicht aus der Wirtschaftlichkeit zu fallen.
Dies sei besonders mit Blick auf einen potenziellen Mindestlohn von 15 Euro sehr schwierig. «Kurzfristig hatten wir im Nachgang einen Nachholeffekt bei den Klassenfahrten, langfristig hat sich insbesondere das Tagungsgeschäft noch nicht wieder normalisiert.»
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