Inzwischen sind sie in fast jedem Supermarkt zu finden: Vitaminwasser. Das Mineralwasser mit zugesetzten Vitaminen wird von verschiedenen Herstellern und in diversen Geschmacksrichtungen angeboten. Die Getränke sollen den Körper mit wichtigen Nährstoffen versorgen und die Gesundheit verbessern. Für diese Wirkung müssen Interessierte teils tief in den Geldbeutel greifen. Einem Bericht von foodwatch.org zufolge liegt der Literpreis für die Vitamindrinks je nach Hersteller bei 1,72 bis 4,50 Euro. Ist Vitaminwasser aber wirklich gesund? Oder sollte man die Nährstoffe lieber über die Ernährung zu sich nehmen?
Vitaminwasser: Ist der Trend gesund oder gefährlich?
Während Hersteller sowie diverse Influencer auf Social Media die positive Wirkung von Vitaminwasser bewerben, sehen Experten die Getränke eher kritisch. Friederike Schmidt, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, erklärte im Foodwatch-Test: „Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist es wirtschaftlicher und gesünder, Wasser sowie Tee zu trinken und eine ausgewogene Ernährung mit frischem Obst und Gemüse zu verfolgen, um den Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen zu decken.“ Insbesondere bei einem Nährstoffmangel sollte dieser besser gezielt mit Nahrungsergänzungsmitteln ausgeglichen werden und nicht über Vitaminwasser, rät die Ernährungsexpertin.
Viola Andresen hält die Getränke sogar für gefährlich. In einem Bericht von SWR Marktcheck erklärt die Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin, dass Verbraucher durch die versprochenen Gesundheitseffekte in die Irre geführt werden könnten. „Das ist ja gerade das Gefährliche daran, dass man das Gefühl bekommt, man kann sich ganz schlecht ernähren, aber man trinkt dann einfach so ein Wasser und dann ist alles in Ordnung.“ Dabei wisse man aus Studien, dass Vitaminzusätze nicht den gleichen Effekt wie Vitamine aus einer gesunden Ernährung hätten – „weil einfach auch viele andere Pflanzenbestandteile relevant sind“, erklärt Andresen.
Auch die Experten vom Medizinportal doccheck.com sehen das mit Vitaminen zugesetzte Wasser eher kritisch. Dem Portal zufolge handele es sich bei Vitaminwasser eigentlich um aromatisierte Erfirschungsgetränke, denen oftmals Pflanzenextrakte, Mineralstoffe, Koffein und Vitamine zugesetzt seien. Zumeist würden sich letztere auf B-Vitamine und Vitamin C beschränken, da diese Verbindungen wasserlöslich sind. Aber: In Deutschland leiden die wenigsten Menschen an einem entsprechenden Mangel. Ein gesundheitlicher Nutzen bleibe daher meist aus. Denn eine Mikronährstoff-Überversorgung – also eine besonders hohe Vitamin-Zufuhr – habe größtenteils keinen „Viel-hilft-viel-Effekt“.
Auch Jana Fischer von der Verbraucherzentrale erklärt bei SWR Marktcheck, dass im Marketing für Vitaminwasser häufig ein starker Mangel vieler Menschen suggeriert werde. „Das ist aber eigentlich nicht der Fall, der Industrie bringt das aber eine ganze Menge Geld ein.“ Die gute Nachricht ist laut doccheck.com, dass B-Vitamine sowie Vitamin C bei einem Überschuss in der Regel wieder aus dem Körper ausgeschieden werden. In den allermeisten Fällen würden die zugesetzten Vitamine im Trend-Wasser daher kein Gesundheitsrisiko darstellen.
Zu viel Zucker im Vitaminwasser? Darum kann der Trend ungesund sein
Obwohl von den Vitaminzusätzen im Vitaminwasser in der Regel keine Gefahr ausgeht, ist den DocCheck-Experten zufolge trotzdem Vorsicht geboten. Der Grund: Viele Vitaminwasser haben einen hohen Zuckergehalt. Selbst bei weniger als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter würden Verbraucher mit nur einem halben Liter bis zu 25 Gramm Zucker zu sich nehmen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt für Erwachsene maximal 50 Gramm Zucker pro Tag. Diese Grenze wäre bei manchem Vitaminwasser bereits nach einem Liter erreicht.
Wer im Supermarkt zum Trend-Wasser greift, sollte also auf den Zuckergehalt achten. Denn laut doccheck.com kann ein hoher Zuckerkonsum über längere Zeit die Entstehung von Übergewicht, Typ-2-Diabetes und einer Fettleber begünstigen sowie sich negativ auf die Blutlipide auswirken.
Vitaminwasser: Kann der Körper die Vitamine aufnehmen?
Auch in Sachen Verpackung und Aufbereitung gibt es viel Kritik am Trend-Getränk Vitaminwasser, das zumeist in durchsichtigen Plastikflaschen verkauft wird. Ein Problem, denn einige B-Vitamine wie Vitamin B6 oder auch Vitamin B12 sind laut dem SWR Marktcheck sowie doccheck.com lichtempfindlich. Wenn die transparenten Flaschen bereits länger im Supermarkt standen, könne der tatsächliche Vitamingehalt im Wasser von den deklarierten Werten abweichen.
Ist dem Vitaminwasser hingegen Vitamin D oder Vitamin E zugesetzt, kann die Aufnahme an sich schwierig werden. Hierbei handelt es sich laut Viola Andresen nämlich um fettlösliche Vitamine. Der Körper benötigt also Fett, um diese Vitamine optimal verwerten zu können. Die Medizinerin erklärt: „Es macht keinen Sinn, sie einfach nur in Wasser gelöst einzunehmen, es sei denn, man isst zusätzlich ein Butterbrot. Dann hat man die Butter dabei, aber wenn man nur das Wasser zwischendurch trinkt, wird das Vitamin quasi nicht aufgenommen.“
Das Urteil zum Vitaminwasser fällt bei den Testern von foodwatch.org, den Experten bei doccheck.com sowie dem SWR Marktcheck ähnlich aus: Wem das Trend-Getränk schmeckt und wer das nötige Kleingeld hat, kann Vitaminwasser trinken, sollte jedoch auf den Zuckergehalt achten. Der gesundheitliche Mehrwert sei allerdings begrenzt bis nicht vorhanden. Und um den eigenen Nährstoffbedarf zu decken, sollten Verbraucherinnen und Verbraucher nicht auf Vitaminwasser, sondern auf Vitamine aus einer abwechslungsreichen und gesunden Ernährung setzen.
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