"Die Kompaktkur entwickelt sich zum Renner bei Deutschlands Kurpatienten", schwärmt Medizin direkt, ein Informationsblatt, das die Arbeitsgemeinschaft Medizin und Rehabilitation (Sinzing) herausgibt. Ausgangspunkt der Euphorie ist eine Befragung von Kompaktkur-Patienten in Bad Füssing, die das dortige Johannesbad in Auftrag gegeben hat. Demnach stellen sie der Mitte der 90-er Jahre entwickelten Intensiv-Therapie Bestnoten aus.
Auch bei den Krankenkassen, behauptet Medizin direkt, finde die Kompaktkur zunehmend Akzeptanz. 1999 sei die Zahl der bewilligten Kompaktkur-Anträge ungeachtet der Einsparungen im Gesundheitswesen auf 3800 gestiegen. Das entspreche einer Steigerung von 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Kompaktkuren werden inzwischen in über 100 deutschen Kurorten angeboten. Marktführer mit großem Abstand ist Bad Füssing. In dem niederbayerischen Kurort scheint die Kompaktkur einen Siegeszug anzutreten. Im Januar 2000 lagen laut Medizin direkt bereits viermal mehr Kompaktkur-Anträge vor als im Rekordjahr 1999.
Davon ist die Kurstadt Bad Kissingen weit entfernt. Hier gibt es seit 1996 die Kompaktkur, die noch von der früheren staatlichen Kurverwaltung initiiert worden war. Heute sind es fünf Angebote: Parkinson, chronische Venenleiden, Frauenleiden, Morbus Bechterew und Psoriasis. Doch der Durchbruch ist dieser Kurform nicht gelungen. "Für Bad Kissingen haben Kompaktkuren nur eine minimale Bedeutung", sagt Kurdirektor und Geschäftsführer der Staatsbad GmbH, Sigismund von Dobschütz.
Noch schlimmer: Aus kaufmännischer Sicht rentieren sich die Kompaktkuren in Bad Kissingen nicht. "Da legen wir drauf", sagt Erika Beck von der Staatsbad GmbH. Lediglich die Kompaktkur Parkinson rechnet sich. Aber deren Erlöse, so Beck, "gehen bei den anderen wieder raus."
Die Zahlen belegen, dass Kompaktkuren in Bad Kissingen eher ein Nischen-Dasein fristen. Im vergangenen Jahr zählte die Staatsbad GmbH gerade mal 71 Teilnehmer. 1998 waren es 66 Gäste. Die meisten Patienten vereinigt noch die Kompaktkur Parkinson auf sich. 47 Personen im vergangenen Jahr, 57 Männer und Frauen im Jahr 1998. Und die anderen? Zwischen null und elf Teilnehmer in den beiden letzten Jahren.
Die Zukunft von Bad Kissingen jedenfalls lässt sich nicht auf die Kompaktkur bauen. "Eigentlich ist es schade um diese Kurform", sagt Erika Beck. Doch von dem Angebot für Parkinsonkranke abgesehen, sei es schwierig, an die Betroffenen heranzukommen. Auch gebe es wenig Aufklärung von Krankenkassen und Ärzten über die Kompaktkur.
Das Ziel, das sich die frühere Kurverwaltung mit der Einführung des neuen Kur-Angebots gesteckt hatte, ist weit verfehlt: "Eigentlich wollte man damals mit der Kompaktkur gerade die kleinen Betriebe stärken", sagt Erika Beck. Das ist gründlich misslungen.