Denn bis zum gemeinsamen Konzert mit dem Rundfunkblasorchester (RBO) Leipzig am kommenden Sonntag im Bad Kissinger Regentenbau gibt es noch viel zu tun für die jungen Musizierenden. Schließlich sind sie keine Profis, sie spielen an zwei oder drei Wochenenden gemeinsam und dürfen - meist Anfang September - Erfahrungen bei einer Projekt-Woche sammeln.
Doch auch wenn der Probentag lang ist, er beginnt früh um 9 Uhr und endet abends, so ist die Freude der jungen Leute bei der Arbeit nicht zu übersehen. Da wird mal kurz gelacht, ein Augenzwinkern zum Nachbarn, dann ist man wieder voll dabei. Denn Jochen Wehner reißt mit seinem Temperament die jungen Leute mit.
Den Taktstock bei der Probe schwingen abwechselnd Bundesdirigent Ernst Oestreicher und Jochen Wehner, Dirigent des RBO, der auch die künstlerische Leitung hat. Vor drei Jahren, erzählt Oestreicher, sei dieses Projekt gedanklich entstanden. Er ging auf Wehner zu und fragte ihn: "Wollt ihr nicht mal zu uns kommen?" Denn die Mitglieder des Rundfunkblasorchesters Leipzig, das einzige professionelle Blasorchester Deutschlands in ziviler Trägerschaft, engagieren sich außerdem an der 1995 gegründeten Bläserakademie Sachsens. Hier wird Nachwuchsarbeit groß geschrieben.
Fünf Tage lang haben die Musikerinnen und Musiker des Nordbayerischen Jugendblasorchesters nun Gelegenheit, Tipps von professionellen Bläsern zu bekommen und auch Orchesterdisziplin zu lernen, beschreibt Oestreicher das Ziel dieser Projektwoche. Und Wehner ergänzt: Methodische, stilistische und dynamische Fortbildung anhand der aufzuführenden Werke stehen außerdem im Mittelpunkt.
Dafür sind am Dienstag eigens zehn Dozenten des RBO angereist, um mit den jungen Leuten in kleinen Gruppen zu proben und auch die räumliche Aufteilung beim Konzert zu besprechen. Denn am Sonntag werden annähernd 100 Bläser vereinigt sein, sagt Oestreicher. Dabei wird man mit speziellen Effekten überraschen: Einige Gruppen werden zum Teil außerhalb des Konzertsaales postiert, auch die Königsloge wird vielleicht mit Musikern belegt.
Während das Nordbayerische Jugendblasorchester im Jahre 1998 im Regentenbau in Bad Kissingen sein zehnjähriges Bestehen feierte, kann das RBO auf eine über 50jährige Tradition zurück blicken. Ursprünglich war es eines der sechs Klangkörper des Rundfunks Leipzig, erläutert Wehner. Nach der Wende habe sich das RBO selbständig gemacht. Die Finanzierung läuft über den Freistaat Sachsen und das Kulturraumgesetz. Dieses Gesetz ist allerdings nur noch bis zum Jahre 2004 festgeschrieben. Bis dahin müsse man ein Modell finden, um auf eigenen Beinen zu stehen. Daran werde derzeit gearbeitet, sagt Wehner, der über sieben Jahre das RBO geleitet hat.
Wenngleich mit der Wende die Finanzierung schwieriger geworden ist, umso erfreulicher sei hingegen die künstlerische Arbeit, sagt Wehner rückblickend. Das RBO gebe nun auch Kirchen- und Schlosskonzerte, neben einer Serenadenbesetzung treten Mitglieder des RBO auch als Bläser-Quintett und Klarinetten-Quartett auf. Und was manchen Musikfreund vielleicht überraschen wird: Auch die Volksmusik wird vom RBO gepflegt, und der eine oder andere kennt vielleicht die Rosenthaler, die Scherbelberger oder die Pleißethaler.
Am Sonntag allerdings wird ein klassisches Programm geboten: Richard Wagners Huldigungsmarsch, Verdis Triumpfmarsch, Tschaikowskys Szene am Richtplatz aus der Oper Mazeppa, Frank Tichelis Blue Shades und Franz Berwalds Die Schlacht bei Leipzig 1828 werden unter anderem zu hören sein.