„Früher war es hier noch viel ruhiger“, begrüßt Karl Heyer. Er steht vor drei Vogelkäfigen, aus denen es wild durcheinander zwitschert. Heyer ist 73 Jahre alt, trägt einen weißen Bart und ein schwarzes Sakko. Die Umgebung wirkt alles andere als unruhig, solange einen der Gesang der Vögel nicht stört. Heyer beginnt ohne Anlauf über ein Problem zu reden: „Die Jugendlichen werfen manchmal Flaschen auf das Dach oder zerren am Zaun und der muss dann nachbearbeitet werden.“
Es geht also nicht nur um Vögel, wenn man Vorsitzender eines Vogelvereins ist.
Heyer wurde im April auf der Jahresversammlung der Vogelfreunde Saalegrund im April zum neuen Vorsitzenden. Er erhielt zehn der elf Stimmen. Die einzige Enthaltung stammte von ihm selbst. Er sagt: „Ich wähle mich doch nicht selber.“ Vorgänger Peter Gehring gab sein Amt aus gesundheitlichen Gründen auf.
Zweimal am Tag füllt Heyer nun das Wasser auf – für die zwei Papageien und dreißig Vögel in dem kleinen Gehege, darunter befinden sich Kanarienvögel und mexikanische Karmingimpel.
Heyer hat eine aufregende Jugend hinter sich. Er wurde in Griechenland geboren, wuchs in China auf und kam erst mit fünfzehn Jahren nach Deutschland, da kam er direkt in die schwierige Nachkriegszeit. Schon als kleiner Junge hielt er in China Raupen und zirpende Heuschrecken in Käfigen, anfangs bannte ihn die Faszination für Insekten. Den ersten Vogel schaffte er sich 1957 an. Ein Kanarienvogel, er hieß Seppi, den Namen hat er nicht vergessen.
Mittlerweile kann Heyer nicht mehr allen seinen Vögeln Namen geben. Es sind einfach zu viele. Rund 250 der Tiere zwittschern bei ihm daheim. „Die Hauptaufgabe besteht darin, die Vögel so zu halten, dass sie alt werden“, sagt Heyer, der auch schon für seine treue Mitgliedschaft in einem internationalen Vogelliebhaber-Verein mit einer Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet wurde. Er trägt sie nun stolz am Sakko.
Nachwuchs werben
Heyer plant, in seiner Amtszeit verstärkt den Nachwuchs für Vögel zu begeistern. Denn die Vogelfreunde Saalegrund – die 36 Mitglieder und sieben aktive Züchter zählen – haben mit einem Mitgliederschwund zu kämpfen. Vor zwei Jahrzehnten hatte man noch doppelt so viele Züchter.