Sie kommen aus der Schweiz, aus Belgien und aus Heidelberg. Aus Würzburg, Fulda, Finnland und Russland. Mal mit dem Wohnmobil oder Zelt, mal direkt ins eigene Ferienhaus. Selbst aus Slowenien gab es schon eine Anfrage. Und sie alle haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind Mitglieder im Rassezuchtverein für Hovawarte (RZV). Und: Ihre Hovawarte wollen sie nur an einem Ort ausbilden: auf dem Hundeplatz in Völkersleier.
Warum? Weil sie hier die Möglichkeit haben, mit einem selbst ernannten Hundeflüsterer zusammen zu arbeiten. Einem großen Psychologen, sowohl gegenüber dem Hund als auch dem Hundehalter. Einem, der selbst denken kann wie ein Hund. So jedenfalls beschreiben ihn Florian und Ulla Vogler, die regelmäßig aus dem Allgäu nach Völkersleier reisen.
Hundeplatzbetreiber Paul Heck kann sich bei dieser Charakterisierung ein Schmunzeln nicht verkneifen. Der 75-Jährige wirkt ruhig und bedächtig, nimmt sich Zeit, auf Fragen zu antworten und Erklärungen zu geben. Dass er in der Hundebranche inzwischen international bekannt ist, ist kein Wunder: „Mit meinen Hovawarten bin ich sechsmal Deutscher Meister in der Vielseitigkeitsprüfung des RZV geworden“, verrät er bescheiden. Beim sechsten Mal holte er sich mit seinem Rüden Alan von Erftgrund sogar die Rekordgesamtpunktzahl von 298 bei 300 möglichen Punkten.
Doch nicht nur mit seinen eigenen Hunden ist Heck erfolgreich: Alleine bei der Meisterschaft 2001 standen vier von ihm mit ausgebildete Hovawarte in der Endrunde. Sein Erfolgsgeheimnis? „Die Erfahrung“, sagt Heck, der seit 1969 als Hundetrainer aktiv ist und oft schon nach wenigen Sekunden Beobachtung sieht, was bei Hund und Halter schief läuft. Für eine gute Mensch-Hund-Beziehung komme es vor allem darauf an, Vertrauen aufzubauen. Ein Choleriker etwa sei als Hundebesitzer völlig ungeeignet, da man in der Hundeerziehung nichts Schlimmeres tun könne, als seinen Hund grundlos zu bestrafen.
Seine Leidenschaft für Hunde entdeckte Heck schon in frühester Jugend. Damals jedoch fand sein Wunsch bei seinen Eltern kein Gehör, stattdessen stand für den Sohn Kühe hüten auf dem Programm. Nach seiner Hochzeit mit Anneliese Heck stand sein Entschluss fest: Ab jetzt nur noch mit Hund. Und so trat 1969 mit Dehla seine erste Hovawart-Hündin in sein Leben; Heck hatte sich auf Anhieb in sie verliebt. Dem Hovawart ist er seitdem immer treu geblieben. Das Besondere an ihm? „Vor allem sind Hovawarte gesund. Die Zucht-Ausschlusskriterien sind sehr streng“, erläutert Heck. So seien Vorab-Untersuchungen auf Hüft-Dysplasie (HD) und genetisch bedingte Augenerkrankungen vorgeschrieben. „Außerdem wirst du von einem Hovawart gefordert, da musst du bei der Ausbildung schon mit Herzblut dabei sein“, schwärmt er. Dass sie hier alle, Hunde wie Menschen, mit Herzblut dabei sind, merkt man spätestens, wenn man ihnen bei der Arbeit zusieht. Wie fast jedes Wochenende sind Klaus und Ulrike Pracht auch heute mit ihren Hovawarten Sari (8) und dem bald zweijährigen Yellow aus Arnstein angereist. Für Sari steht heute Schutzdienst auf dem Programm: Sie muss einen von Hundetrainer Tobias Frey gemimten Verbrecher stellen. Dessen linker Arm steckt in einem robusten ledernen Armschutz, dem sogenannten Hetzarm. „Schutzdienst genießt in der Bevölkerung einen schlechten Ruf. Viele Hundebesitzer glauben, dass ihre Tiere dabei aggressiv werden und den Kopf verlieren“, weiß Paul Heck. Die Realität sieht anders aus. Während Sari sich mit aller Kraft im Hetzarm des „Verbrechers“ verbeißt, wedelt sie mit dem Schwanz, unmittelbar nach der Übung lässt sie sich in aller Ruhe von einer Fremden streicheln. „Unsere Hunde sind einfach gutmütiger als andere“, sagt Heck mit Stolz. Neben Schutzdienst stehen Fährtenlesen, Unterordnung und Verkehrstauglichkeit der Hunde auf dem Plan. Dabei geht es nicht nur um das „gute Benehmen“, sondern auch um exaktes Arbeiten. Aber auch jeder, der seinem Hund das Ziehen an der Leine abgewöhnen oder das Bei-Fuß-Gehen beibringen möchte, ist willkommen. Übrigens nicht nur als Hovawart-Besitzer. Auf dem Hundeplatz wissen nicht nur Paul Heck und seine Trainerkollegen, sondern auch jeder, der regelmäßig dort ist, wie man mit Hunden umgeht. „Alle helfen sich gegenseitig, jeder gibt seine Erfahrung gerne weiter“, betont Heck. „Wir sind wie eine WG,– eine wilde Gruppe“, lacht Ulrike Pracht.
Trainernachwuchssorgen braucht Heck also wohl nicht zu haben. Wobei er noch lange nicht ans Aufhören denkt. „Hunde sind mein Hobby“, sagt er und streicht seinem Rüden Baldo über den Kopf. „Der Hund ist dein bester Freund, er lügt dich nie an und lässt dich nie im Stich.“ Oder, wie Franz von Assisi es ausdrückte: „Dass mir der Hund das Liebste sei, sagst du, o Mensch sei Sünde. Ein Hund bleibt dir im Sturme treu, ein Mensch nicht mal im Winde.“ Fotos: Nicole Sollfrank