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Die laszive Stimme aus Portugal

Bad Kissingen

Die laszive Stimme aus Portugal

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    BAD KISSINGEN (KUP) Cristina Branco hat die Lider fast geschlossen. Mit samtweicher Stimme hebt die 34-jährige Portugiesin an zu singen. Ihrem Mund entströmt der erste Ton. Für Sekundenbruchteile wirft sie einen funkelnden Blick über die mit 243 Besuchern gut besetzten Zuschauerreihen des Rossini-Saals.

    Mit schlafbefangenem Timbre formt sie eine plastische Melodielinie nach der anderen. Sie umfasst das Mikro mit beiden Händen und hebt die Brauen. Da öffnet sie die Augen. Sie reißt sie auf, bis sie so groß sind wie bei den Mädels in japanischen Comics. Ihre Stimme ist noch immer sanft. Sauber und klar verleiht sie einer verhaltenen Leidenschaft musikalische Gestalt. Ihre schweren Wimpern berühren ihre Wangen, als sie allmählich die emotionale Mittellage verlässt. Mit immer elegischeren Tonfolgen nimmt sie einen gesanglichen Aufschwung in Angriff. Einen Moment lang hält sie die Expression noch zurück. Dann lässt sie ihr freien Lauf. Schließlich folgen auf eine glitzernde Arabeske drei Spitzentöne. Und als die Sängerin den Höhepunkt des Liedes erreicht, schauen manche Zuhörerinnen besorgt auf ihre Begleiter, von denen einige auf ihrem Klappsitz nach vorne auf die Kante gerutscht sind und deren Augen an den Lippen der Sängerin hängen.

    Der biedere Rossini-Saal ist von der Magie des Fado erfüllt. Was Cristina Branco hier macht, ist mehr als eine brave Vorführung traditioneller portugiesischen Gesangskunst. Jetzt fängt sie an, sich lasziv zum Rhythmus ihrer vierköpfigen Begleitband in den Hüften zu wiegen. Ein halbe Minute lang bezirzt sie schweigend und tänzelnd Custódio Castelo, ihren Ehemann und Komponisten, der sie auf der portugiesischen mandolinenartigen Gitarre begleitet. Schließlich stimmen Alexandre Silva und Fernando Maia mit ihren Gitarren und Ricardo Dias am Flügel in eine Art iberischen Swing ein, den endlich Cristina Branco mit ihrer hellen, unbeschwerten Stimme krönt.

    Ihre anfängliche Anspannung - die sicher vom Teilausfall der Tontechnik herrührte - ist verflogen. Sie gibt sich ganz dem Fado hin, jener Musik, die mal wehmütig, mal zärtlich und dann wieder trotzig nur von einem Thema spricht: dem Schicksal. Auf Lateinisch Fatum. Und auf Portugiesisch natürlich Fado.

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