Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bad Kissingen
Icon Pfeil nach unten
Hammelburg
Icon Pfeil nach unten

HAMMELBURG: Doktorwürde mit 81 Jahren

HAMMELBURG

Doktorwürde mit 81 Jahren

    • |
    • |
    Dem 81-jährigen Hammelburger Winfried Leipold wurde für seine Dissertation der Doktortitel verliehen.
    Dem 81-jährigen Hammelburger Winfried Leipold wurde für seine Dissertation der Doktortitel verliehen. Foto: Foto: Winfried Ehling

    Ziel vieler Studierenden ist es, nach Ende eines Studiums zu promovieren, ein eigentlich „normaler“ Vorgang. Je nach Fachbereich fällt die Promotion in das Lebensalter zwischen Mitte und Ende 20. Doch wie kommt es dazu, dass ein Bewerber mit 81 Jahren die Doktorwürde anstrebt – und erhält?

    Diese erstaunliche Leistung gelang Winfried Leipold in Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen): Vor einigen Wochen verlieh ihm die Philosophische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg den akademischen Grad Doktor der Philosophie (Dr. phil.) für seine 200 Seiten umfassende Doktorarbeit mit dem Titel „Der deutsch-französische Krieg von 1870/71. Die Konfrontation zweier Kulturen im Spiegelbild von Zeitzeugen und Zeitzeugnissen“.

    Andere Perspektive

    Aha, glaubt jetzt mancher, ein strategisch-taktisches Werk militärischer Prägung. Mitnichten. Denn Leipold sieht diese Auseinandersetzung zwischen Frankreich und dem damaligen von Preußen dominierten Deutschen Reich aus anderer Perspektive. „Das war kein Krieg der Waffen, sondern der Kulturen“, behauptet Leipold in seiner Dissertation. „Die preußisch-deutschen Streitkräfte wurden unterschätzt, während die Franzosen zur Überheblichkeit neigten, was ihnen die Niederlagen einbrachte“, meint er.

    Eine solche Behauptung braucht ein Fundament, das sich der 1934 in Würzburg geborene Leipold autodidaktisch erarbeitete. „Mein Urgroßvater, Nikolaus Eglau, kämpfte in diesem Krieg gegen die Franzosen. Dies war für mich die Initialzündung für Nachforschungen, die mich zu meinen Erkenntnissen führten“, führt er aus.

    Leipold besuchte nach der Versetzung seines Vaters als Schulleiter im Lager Hammelburg das so genannte Pro-Gymnasium in Hammelburg – eine harte Zeit, wie er sagt – und legte das Abitur am Kissinger Gymnasium ab. Danach studierte er Romanistik, Anglistik, Amerikanistik und Journalistik an der Uni München. Zunächst Lektor und Übersetzer für namhafte Verlage wie Droemer Knaur, Piper oder Hanser, schlug Leipold den pädagogischen Weg ein und unterrichtete an verschiedenen, unterfränkischen Gymnasien als Fachbereichsleiter Französisch, bildete Referendare aus und leitete den internationalen Schüleraustausch.

    Recherchen an Kriegsschauplätzen

    Nach seiner Pensionierung begann er mit seinen Recherchen an den Kriegsschauplätzen in Frankreich und fand Gesprächspartner, deren Großeltern noch Zeitzeugen dieses Krieges waren. Schon als Student hatte Leipold sein Interesse an diesem geschichtlichen Thema erkannt, in Archiven gestöbert und sich mit französischen Freunden ausgetauscht. Darüber hinaus nahm er an Veranstaltungen einer einschlägigen Universitätsstudiengruppe in Frankreich teil.

    „Ein Pfarrer, ein Landvermesser, ein Laienschauspieler gehörten zu meinen Informanten, durch die ich auch an Antiquariate gelangte. Das waren Aussagen aus erster Hand durch französische Freunde, mit denen ich sehr gute Beziehungen pflege. Und die Gesprächspartner bestätigten meine Theorie in großen Teilen“, sagt der Wahl-Hammelburger.

    „Beim Aufräumen fand ich eines Tages meine ganzen Uni-Scheine, was mich auf die Idee brachte, eine Dissertation zum Thema zu schreiben“, lächelt er leicht amüsiert. „Vor fünf Jahren entschloss ich mich diese Aufgabe anzugehen“, erinnert sich Leipold. Betreut von den Würzburger Universitätsprofessoren Brigitte Burrichter (Romanistik) und Wolfgang Altgeld (Geschichte) gelang Winfried Leipold seine mit dem Prädikat „magna cum laude“ (sehr gut) bewertete Doktorarbeit.

    Das belegt – auch wenn es die Ausnahme sein mag – dass ein Mensch im fortgeschrittenen Alter durchaus zu geistigen Hochleistungen fähig ist. Erfolgsgaranten sind der Wille und das Interesse an einem Thema, eine gründliche Recherche und der Mut ein solches Projekt in Form einer Doktorarbeit zu realisieren.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden