68 hochrangige Offiziere aus 25 Nationen verfolgten im Gelände, wie durch das Visier von Gewehren und Maschinenkanonen selbst aus großen Entfernungen eigene Soldaten identifiziert werden können. "Das System ist unverzichtbar", betonte der Kommandeur der Infanterieschule, Brigadegeneral Johann Berger, bei einem abschließenden Pressegespräch und verwies auf die Zwischenfälle an US-Kontrollposten im Irak.
Auch die Bundeswehr wertet ihre Erfahrungen mit Soldaten in Stresssituationen aus. Übungsszenarien an der Infanterieschule im Häuserkampf hätten im Ernstfall bis zu 50 Prozent Tote in den eigenen Reihen gefordert, weiß General Berger. Besonders bei Dunkelheit werde die Lage in Einsatzgebieten kritisch, weil Nachtsichtgeräte auf größere Entfernungen Personen nur noch schemenhaft abbilden und kaum eine Zuordnung mehr erlauben. Geforscht wird zu elektronischen Erkennung eigener Soldaten seit 1993. Ausgangspunkt war der erste Golfkrieg, als die US-Streitkräfte in Gefechtssituationen bis zu 30 Prozent der Opfer durch "friendly fire" (befreundetes Feuer) verloren.
Während die Identifizierung von Fahrzeugen mit der Elektronik schon weiter fortgeschritten ist, steckt die sichere Erkennung einzelner Soldaten noch in den Kinderschuhen. Seit 1998 entwickelt die deutsche Industrie zusammen mit der Bundeswehr und dabei besonders mit der Abteilung Weiterentwicklung an der Infanterieschule.
Einen ersten Durchbruch gab es vor zwei Jahren, als sich die NATO-Staaten auf gemeinsame Standards verständigten, damit künftig die Komponenten unterschiedlicher Einsatzländer miteinander kommunizieren können.
Nach rund sechs Monaten Forschung in der Praxis ist die Technik an der Infanterieschule demonstrationsreif. "Wir sind weltweit führend", betont Oberstleutnant Wolfgang Althoff, Leiter der Abteilung für Weiterentwicklung. Man habe eine Erkennnungsquote nahe bei 100 Prozent, die zum Teil sogar durch Fensterglas erreicht werde.
Projektleiter Kosak vom Heeresamt rechnet mit einer Einsatzfähigkeit des Systems 2009, wobei die Komponenten noch kleiner werden sollen und die Reichweite auf 3000 Meter anwachsen soll. Auch eine Einigung über eine gemeinsame Funkfrequenz stehe noch aus.
Die Kosten für ein Set für einen Soldaten werden mit 6000 Euro veranschlagt, bei der Bundeswehr wird zunächst die Beschaffung von 3800 Geräten ins Auge gefasst.
Sinn mache die Technik nur, wenn sie in Einsatzländern von möglichst vielen Alliierten genutzt werde, betont Brigadegeneral Berger. Er sieht in der bunt gemischten Besuchergruppe auch eine politische Dimension, die seine Eindrücke von der Teilnahme am fünften Sicherheitspolitischen Kongress in Berlin vom Anfang dieser Woche bestätigten. Ein Fazit Bergers: Um eine optimale Ausstattung der Soldaten zu gewährleisten, müssten die nationalen Industrieinteressen der einzelnen Staaten in den Hintergrund treten. Unter den Offizieren sei man beim Interessensaustausch viel weiter, gibt Berger zu erkennen.
Viele der anwesenden Offiziere zeigten sich noch skeptisch gegenüber der neuen Technik. Besondere Aufgeschlossenheit verzeichnete Entwickler Althoff seitens der osteuropäischen Offiziere.
Den Einwand eines britischen Generals, dass bei dem Einsatz der Elektronik die Einsatzgrundsätze (Rules of Engagement) überarbeitet werden müssen, teilte die Mehrheit nicht. Weiterhin dürfe der Soldat nur bei klarer Identifizierung des Gegners oder in Notwehr schießen. Die letzte Entscheidung liege immer noch beim einzelnen Soldaten.

Das Erkennungsgerät für "abgeses- sen kämpfende Kräfte" besteht aus einem Abfragegerät an der Waffe und einem Kenngerät am Helm oder Fahrzeug. Abgefragt wird die Zugehörigkeit zur eigenen Truppe bei allen Wetter- oder Sichtverhält- nissen über einen Laserstrahl, die Antwort kommt sekundenschnell per Funk. Bislang arbeitet das System über eine Entfernung von 900 Metern, gearbeitet wird an einer Ausweitung auf 3000 Meter.