Das neue Zelt-Schullandheim in Maria Bildhausen ist noch nicht einmal aufgebaut – und schon trudelt die erste Buchung für den Sommer 2019 ein. Offensichtlich sind die Verantwortlichen des Dominikus-Ringeisen-Werks (DRW) mit ihrer Idee, jungen Menschen in einem Schullandheim unter freiem Himmel bei der Erweiterung ihrer sozialen, kulturellen und religiösen Kompetenzen Unterstützung anzubieten, auf dem richtigen Weg.
Das einstige Kloster Maria Bildhausen als „lebendigen Ort“ zu erhalten, ist dabei die große Aufgabe der Zukunft, sagt stellvertretender Gesamtleiter Michael Nowotny. Diesem Kredo voraus gingen in den vergangenen Jahren zunächst denkmalpflegerische Untersuchungen an allen Gebäuden und die Erstellung eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts für die weiträumige Anlage, in der einst die Zisterzienser mehrere Blütezeiten durchlebten.
Einzelprojekte abklären
Der Maßnahmen-Katalog, den man anschließend aufstellte, ist lang und umfasst Ideen für die kommenden 20 Jahre, sagt Nowotny. Natürlich müsse man die einzelnen Vorhaben zunächst mit den zuständigen Behörden abklären, unter anderem auch wegen möglicher Fördermittel. Das Projekt „Mensch, Biene, Bildung“ zum Beispiel wurde 2016 als eines der ersten mit Leader-Mitteln auf den Weg gebracht. Umweltbildung und Inklusion sind dabei Kernthemen. Menschen mit Behinderung werden zu Bienenhirten ausgebildet, führen Besucher durch den Bienengarten und klären über die Insekten, sowie deren große Bedeutung für das Ökosystem auf.
Das gerade im Schwesterngarten entstehende Zelt-Schullandheim zielt inhaltlich in die selbe Richtung: Kinder und Jugendliche treffen hier Menschen mit Behinderung, sehen, wie sie leben und arbeiten und dass sie, neben ihren Handicaps, auch Stärken haben. Eigentlich dachte man zunächst daran, eines der Gebäude als klassisches Schullandheim zu nutzen, schildert Nowotny den Werdegang. Doch dann meldete sich der Landkreis Bad Kissingen zu Wort und machte klar, dass er schon seit langem auf der Suche nach einem weiteren Zeltplatz ist. Da lag es nahe, Erlebnispädagogik unter freiem Himmel und klassische Bausteine des Schullandheims zu kombinieren, sagt der stellvertretende Gesamtleiter.
Jetzt im Schwesterngarten
Zunächst sollte das Ganze im Umgriff der Scheune angesiedelt werden, nicht weit vom bisherigen Jugendzeltplatz entfernt, den es seit 2014 gibt. Doch dann wurde plötzlich eine neue Entwicklung in Gang gesetzt, als die letzten Franziskanerinnen im Sommer 2017 Maria Bildhausen verließen und dem Dominikus-Ringeisen-Werk ihre Gebäude und Flächen als Zustiftung überließen, sagt Nowotny. Zum 1. Januar 2018 ergab sich so eine völlig neue Situation. „Wir fingen noch einmal ganz von vorn an zu planen.“
Denn dann standen plötzlich auch das Wohngebäude der Schwestern und der dahinter liegende weiträumige Garten zur Verfügung. Es zeigte sich, dass das wunderschön gelegene Areal weitaus besser für das Zelt-Schullandheim geeignet ist, sagt Nowotny. Weil die Pläne verändert werden mussten, musste man auch mit dem Antrag auf Leader-Mittel noch warten. Der Förderbescheid über knapp 100 000 Euro trudelte dann im Juli 2018 ein. Die Gesamtkosten für das Projekt belaufen sich auf 190 000 Euro.
Drei Module
Sozialpädagogin Lina Klinger hat im Oktober 2017 das Projektmanagement übernommen und ein Konzept für die neue Einrichtung entworfen. Jedes Schullandheim hat Schwerpunkte, sagt sie. Maria Bildhausen soll künftig mit eigenen Prioritäten punkten. Klinger entwickelte drei Module, an denen sich Schüler und Lehrer orientieren sollen. Erstens geht es um die Geschichte der früheren Zisterzienserabtei und des späteren Klosterguts, die man den Jugendlichen nahebringen könnte.
Zweitens könnten die Schülerinnen und Schüler in der Begegnung mit den Heimbewohnern, aber auch zum Beispiel in der Auseinandersetzung mit dem Euthanasie-Mahnmal ihre religiösen und ethischen Werte überprüfen und erweitern. Die dritte Säule beinhaltet das soziale Miteinander. Konkret würde das bedeuten, dass die jungen Leute während ihres Aufenthalts immer wieder mit den Heimbewohnern in Kontakt kommen, zum Beispiel in der Gärtnerei, in der Kerzen-Manufaktur oder in der Werkstatt. Dabei würden sie erkennen, was Menschen mit Handicaps alles bewerkstelligen können. Umgekehrt ist es für die Heimbewohner schön, wenn sie ihre Stärken zeigen und Respekt dafür ernten, sagt Klinger.
Die Berufsfindung beeinflussen
Der Aufenthalt im Zelt-Schullandheim in Maria Bildhausen könnte manch einen vielleicht auch bei der Berufsfindung beeinflussen, hofft Nowotny. Denn im Alter von 14 oder 15 Jahren wisse man so langsam, was man will. Vielleicht könne man Schülerinnen und Schüler für einen sozialen Beruf begeistern. Denn der Fachkräftemangel in den pflegerischen Berufen ist laut Nowotny inzwischen „dramatisch“.
Im Schwesterngarten begann man mit den ersten Vorbereitungen für die Anlage. Bislang wurden die Fundamente für die Sanitär-Container hergerichtet, welche in den kommenden Wochen geliefert werden sollen. In einem Kellerraum des ehemaligen Wohngebäudes der Schwestern wird gerade eine Spülküche eingerichtet, in der auch Waschmaschinen und Kühlschränke Platz finden sollen.
Mobiles Heim für Lehrer
Zudem soll es ein mobiles Heim für die Lehrkräfte geben. Einiges an Inventar wird auch gebraucht, sagt der stellvertretende Gesamtleiter. Schließlich gilt es dann, Marketingmaßnahmen zu entwickeln und Kontakte zu den Schulen herzustellen.
Nach den Leader-Förderrichtlinien ist das Projektmanagement auf zwei Jahre angelegt. „2020 werden wir nachjustieren“, sagt Nowotny. Spätestens dann muss das Zelt-Schullandheim soweit institutionalisiert sein, dass es zehn Jahre Bestand haben kann.