Die Feier war einer Person mit historischer Bedeutung für Deutschland und Europa angemessen. Mit einem Festakt zum 200. Geburtstag Ottos von Bismarck würdigte die Stadt Bad Kissingen jetzt ihren Eisernen Kurgast.
Oberbürgermeister Kay Blankenburg und Bayerns Finanzstaatssekretär Albert Füracker beschrieben eine beeindruckende Figur mit nachhaltender Bedeutung für die Kurstadt. Kissingens Kulturreferent Peter Weidisch sowie Prof. Ulrich Lappenküper, der Geschäftsführer der Otto-von-Bismarck-Stiftung, und Prof. Lothar Machtan, der Kurator der Ausstellung, skizzierten die „Jahrhundertgestalt“ Otto von Bismarck aus historischer Sicht und ordneten seine politische Bedeutung ein.
Kissingens Entwicklung habe in Bismarcks Lebenszeit quasi einen Quantensprung vollzogen, erklärte der OB. Bei seiner Geburt 1815 war es ein Provinzbad, bei seinem Tod 1898 Weltbad. Die Kurgastzahlen hätten sich in dieser Zeit verhundertfacht.
Weidisch stellte die Kissinger Ausstellung, die bis 25. Oktober dauert, in den Zusammenhang mit parallelen Ausstellungen in zwei anderen Stätten des Gedenkens an Bismarck. In Friedrichsruh bei Hamburg wird der Mythos Bismarck beleuchtet, Schönhausen (Sachsen-Anhalt) bearbeitete das Stichwort Familie. Kissingen betrachtet Bismarck unter dem Blickwinkel seiner Außenpolitik: Gegenstand der Ausstellung in der Oberen Saline ist das Kissinger Diktat von 1877, in dem der Reichsgründer Grundlinien seiner Außenpolitik skizzierte.
Für Weidisch ist der Reichsgründer nach wie vor aktuell. Der heutige Bismarck sei allerdings vom Mythos befreit. Das biete die Chance zur neuen Auseinandersetzung mit allen Facetten der Persönlichkeit, mit ihrem Licht und ihren Schatten.
Die Quintessenz der außenpolitischen Leitlinien, die Bismarck seinem Sohn Herbert in der Oberen Saline diktierte, beschrieb Machtan so: Durch ausgleichende Diplomatie alle Großmächte in Europa an Deutschland binden, ohne dass diese sich gegen Deutschland zusammenschließen. Bismarcks auswärtige Politik sei sehr von seiner Persönlichkeit geprägt gewesen, sein Geheimnis war „die Geschmeidigkeit seiner Diplomatie“. Bismarck, sagt Machtan, „besaß ein tiefes Verständnis seiner Gegner und Mitspieler, die er wie kein Zweiter durchschaute“.
Machtan widersprach aber der Vorstellung, das Kissinger Diktat könne eine „Blaupause“ für die Außenpolitik der Bundesrepublik sein. In der heutigen Außenpolitik Deutschlands fänden sich nur wenige Spuren des Reichsgründer. Bismarcks Gedankenwelt des 19. Jahrhunderts ist aus Sicht des Bremer Professors auch nur schwer auf das 21. Jahrhundert zu übertragen. Von seinem furchtlosen, staatsmännisch nüchternen Blick und seinem strategischen Denken könne man aber nach wie vor lernen.
Die weit verzweigte Familie des Reichsgründers war bei der Ausstellungseröffnung vertreten durch Maren von Bismarck. Glanz trug auch Max-Georg Freiherr von Eltz-Rübenach bei. Aus seiner Sammlung stammen die Diplomatenuniform und der Diplomatenkoffer vom Berliner Kongress, die in der Ausstellung zu sehen sind.
ONLINE-TIPP
Weitere Informationen zum Programm des Bismarck-Jubiläumsjahres unter www.bismarck2015.com