Rot, Blau, Grün, Schwarz – das Regal, in dem die Stoffe säuberlich aneinander gereiht sind, verleiht dem Raum eine farbenfrohe Optik. Auf dem Kleiderständer daneben prangen Lederhosen und Dirndl. Auch Westen, mal einreihig, mal doppelreihig. Und Kleider mit Spitze oder ohne. In einem weiteren Raum der Schneiderei Fröhlich schmücken historische Nähmaschinen – teilweise noch funktionstüchtig – die Arbeitstische. Hier sitzt Schneidermeister Herbert Fröhlich und näht an einem Kostüm für das Bad Kissinger Rákoczi-Fest.
Schon seit 1986 ist Fröhlich selbstständig, hatte zuvor in der elterlichen Schneiderei gelernt und gearbeitet. Als er merkte, dass er sich allein mit der Maßschneiderei sein Geld nur schwer verdienen konnte, spezialisierte er sich auf Trachten. In den 80er Jahren habe es einen Boom gegeben. Viele Vereine, darunter die Schützen, die Sänger oder auch Tanzgruppen, hätten sich auf historische Trachten rückbesonnen. Viele Leute hat Fröhlich seitdem eingekleidet. Anfragen kamen mit der Zeit auch aus den Nachbarlandkreisen Rhön-Grabfeld, Kitzingen und Schweinfurt. Durch das Internet stoßen nun auch bundesweit Interessierte auf die kleine Schneiderei in Frankenbrunn.
Für das Anfertigen der bodenständigen Trachten gibt es einen Zuschuss vom Bezirk Unterfranken. Das Brauchtum sollte erhalten bleiben, hält auch Fröhlich diese Förderung für sinnvoll. Oft habe er mit dem Bezirksheimatpfleger und der Trachtenberaterin zusammengesessen und über die Optik der Trachten diskutiert. Angefertigt hat Fröhlich viele Trachten auf der Grundlage von alten Fotos oder auch gut erhaltenen historischen Trachten. Faszinierend sei, dass wirklich jedes Dorf oder jeder Verein seine eigene Tracht mit eigenen Details habe. Dadurch könne man leicht erkennen, wer zu wem gehöre.
Auch für das Rákoczi-Fest fertigen Fröhlich und seine Frau Gabriele, die ebenfalls Schneiderin ist, jedes Jahr viele Kostüme. Bis Ende März will der Schneidermeister dem bayerischen König Maximilian und dem Prinzregenten Luitpold eine neue Uniform verpasst haben. Auch Fürst Rákoczi und König Ludwig wurden schon von ihm eingekleidet. Mit viel Liebe zum Detail. „Die Rákoczi-Festbesucher sind immer besonders kritisch, was die historischen Gewänder angeht“, sagt Herbert Fröhlich lachend.
Einen Namen gemacht hat sich die Schneiderei auch mit ihren fränkischen Lederhosen, deren Look vom typisch bayerischen Stil mit Stickereien und dem Quersteg an den Hosenträgern abweicht. „Sie müssen aus Wildbock- oder aus Hirschleder sein.“ Stolz fügt Fröhlich hinzu: „Ich glaube, ich bin der einzige, der fränkische Lederhosen anfertigt.“
Vorbild waren zwei Ausstellungsmodelle, die im Mainfränkischen Museum in Würzburg zu sehen sind. Ein Kunde aus Bayreuth habe sich zum Oktoberfest in München extra die fränkische Lederhose nähen lassen und sei begeistert gewesen. Ansonsten gäbe es nur vereinzelt Anfragen, die das Oktoberfest betreffen. Wahrscheinlich „weil es genügend günstige Dirndl in Kaufhäusern im Angebot gibt“, vermutet Fröhlich. Dafür präsentierten sich seine beiden Töchter in stilechten, fränkischen, maßgeschneiderten Dirndln auf der Wies'n und ernteten viel Lob.
Aber was hat sich in den vergangenen Jahrzehnten an der Trachtenauswahl verändert? „Die Trachten sind farbenfroher geworden, früher war alles sehr dunkel gehalten“, erklärt der 58-Jährige. Heutzutage darf es schon mal ein glänzendes Grün, ein sanftes Lila oder ein kräftiges Rot sein. „Es ist gut, dass sich das geändert hat, warum sollten junge Menschen dunkle Trachten tragen und aussehen wie ihre eigenen Großeltern? Man muss doch mit der Zeit gehen.“
Zwischen 20 und 30 Stunden sitzt Fröhlich an einem Kostüm. Manchmal muss es auch schnell gehen. „Wie vor kurzem, als ein Musiker mit verschlissener Weste kurz vor seinem Auftritt auftauchte.“ Auch zur Faschingszeit mehren sich die Aufträge. „Wir statten Garden oder auch die Elferräte verschiedener Faschingsklubs aus.“
Der Scheidermeister fotografiert alles, was er anfertigt, damit bei weiterer Nachfrage schnell klar ist, um welche Tracht es sich handelt. „Es kommt häufig vor, dass ein Verein Zuwachs bekommt und dieser ausgestattet werden muss.“
Zu Knöpfen hat Fröhlich ein besonders Verhältnis: So werden zum Beispiel Ochsenfurter Trachten mit besonders vielen Knöpfen auf dem Revers versehen, denn dies war frühere eine „reichere Gegend“. Und im 18. und 19. Jahrhundert, so erzählt eine Anekdote, seien Silberknöpfe als Zahlungsmittel benutzt worden. „Im Zweifel sind Rechnungen dann mit den Knöpfen bezahlt worden, die an einem Lederbändchen festgemacht waren“, weiß Fröhlich.
Ebenso begeistert ist er von traditionellen Hüten, zum Beispiel dem Fränkischen Dreispitz. Dieser sei früher bei Regen aufgebunden und ausgeklappt worden. „Das wird auch heute noch so gemacht, wenn er zum Aufbinden gefertigt wird.“
Für die Zukunft wünscht sich Fröhlich, dass das Trachtenbewusstsein weiterhin bestehen bleibt. Dass sich die Menschen – wie in früheren Zeiten – wieder in die Alltagstracht, die Arbeitstracht und die Festtagstracht begeben, glaubt er nicht. Aber gerade Vereine könnten gewährleisten, dass bodenständige Trachten nicht aussterben. Den Musikverein „Frohsinn“ in Frankenbrunn, dem Fröhlich angehört, hat er jedenfalls schon mit einer fränkischen Tracht ausgerüstet.
Mehr Informationen online unter www.der-trachtenschneider-aus-der-rhoen.de