Die Schule beginnt um 8 Uhr und endet spätestens um 13 Uhr – so war es zumindest bis zur Mittelstufe über Jahrzehnte üblich. Doch in den vergangenen Jahren hat sich viel getan und die Eltern, die in den kommenden Wochen ihre Kinder zur Schule anmelden, haben eine viel größere Auswahl an Betreuungsmöglichkeiten: Offene und gebunde Ganztagsbetreuung sowie erweiterte Mittagsbetreuung heißen die Schlagworte der neuen Flexibilität.
Mehr als ein Viertel aller Schüler
An der Sinnberg-Schule in Bad Kissingen gibt es in allen vier Jahrgangsstufen eine Ganztagesklasse: 86 der insgesamt 307 Grundschüler sind vier Tage die Woche bis 16 Uhr da. „Ich find's super, weil wir keine Hausaufgaben haben, und die Projekte machen ganz viel Spaß“, sagt die achtjährige Fiona, die die 2 c besucht. Von einem der Projekte berichtet ihr Mitschüler Jascha (7): „Bei Entspannung pur haben wir uns gegenseitig massiert.“ Und Nils (ebenfalls 7) schwärmt vom Waldforschungsprojekt, bei dem die Schüler den Sinnberg erkundeten. „Ich finde die Mittagsbetreuung hier sehr schön“, sagt auch die achtjährige Sandra.
Andreas (8) gefällt es zwar auch gut in der Ganztagesklasse, aber er hat auch jede Menge Freunde in anderen Klassen: „Anders könnte ich die mehr sehen“, verweist er auf eine der Kehrseiten des Unterrichts bis 16 Uhr. Bei einem sind sich aber alle einig: In der Ganztagesklasse ist es einfacher, Freunde zu finden.
Das ist auch Lehrerin Julia Lenhart wichtig, die seit vier Jahren Ganztagesklassen betreut: „Man hat mehr Zeit für Zwischenmenschliches“, berichtet sie aus dem Alltag. Auch weil sie ausschließlich in ihrer eigenen Klasse unterrichtet, erfahre sie viel mehr über die 22 Kinder, kenne ihre Sorgen, wisse um die Stärken. Sandra und Jascha beispielsweise hätten nach einem Umzug schnell Kontakt aufbauen können. Deshalb legt Lenhart im Unterricht auch viel Wert auf die soziale Kompetenz: „Wir halten zusammen, streiten aber auch viel“, weiß sie vom Alltag. Es sei einfach ein Unterschied, ob Schüler fünf oder acht Stunden zusammen sind. „Natürlich ist es Mehraufwand“, nennt die Lehrerin aber auch Kehrseiten wie die Absprachen mit externen Kräften oder dem Küchen-Team.
Großes Interesse der Eltern
„Ich bin dankbar, dass das so gut läuft, da ist viel mehr Eigen-Initiative notwendig“, freut sich Schulleiter Karl-Heinz Deublein über den Einsatz seiner Lehrkräfte, und: „Ich habe Respekt davor, weil die Arbeit nochmal eine andere ist.“ Vor sechs Jahren wurde das Konzept an der Sinnberg-Schule eingeführt. Bislang wurde eine von vier Klassen pro Jahrgangsstufe ganztags unterrichtet, heuer ist es zum ersten Mal eine von drei ersten Klassen, also 22 von 69 Schülern. Und: „Das Interesse war heuer besonders groß“, berichtet Deublein vom jüngsten Elternabend. Mitte April führe die Schulleitung dann Gespräche mit allen Eltern, die Kinder für eine Ganztagesklasse anmelden.
„Bei der gebundenen Ganztagesklasse steht immer die Förderung der Kinder im Mittelpunkt“, verweist Schulamtsleiter Josef Hammerl auf die Entscheidungsgrundlage. „Hier findet ja auch Unterricht am Nachmittag statt.“ Dafür stellt der Staat zusätzliche Lehrerstunden und pro Klasse 6100 Euro für externe Kräfte zur Verfügung. Vor allem könne damit dem unterschiedlichen Lerntempo der Schüler Rechnung getragen werden. „Da geht es um ein ganz anderes Lernverständnis“, betont Hammerls Stellvertreter Rupert Kestler. Ist der Bedarf nachgewiesen, könne ein Kind ausnahmsweise einer Ganztagesschule außerhalb des eigenen Schulsprengels zugewiesen werden – samt Übernahme der Fahrtkosten durch die Kommune.
Gestaltete Freizeit und Förderung
Bei den beiden anderen Lösungen, der offenen Ganztagesbetreuung an Mittelschulen und der Erweiterten Mittagsbetreuung an Grundschulen gehe es eher um „gestaltete Freizeit“ plus Förderangebote, sagt Hammerl. Weitere Unterschiede seien, dass die Kinder nicht von Montag bis Donnerstag durchgehend länger bleiben müssen, sondern einzelne Tage buchen können, und dass ein Teil der Kosten für das pädagogische Angebot auf die Eltern umgelegt wird. Sowohl bei der offenen, als auch bei der gebundenen Variante müssen sich Kommunen mit 5000 Euro pro Klasse oder Gruppe beteiligen.
Betreuungsmöglichkeiten
Gebunden Der gebundene Ganztageszug ist in Grund- und Mittelschulen möglich. Dabei hat bei mehreren Klassen pro Jahrgangsstufe eine Klasse von Montag bis Donnerstag regulär bis 16 Uhr Unterricht hat. Diese Lösung gibt es im Landkreis an sechs Grund- und vier Mittelschulen, nämlich an den Grundschulen Bad Brückenau, an der Sinnberg-Schule, in Garitz, Hammelburg, Langendorf und Oberthulba (nur 1. Klasse) sowie an den Mittelschulen in Bad Kissingen, Hammelburg, Bad Brückenau und Münnerstadt.
Offen Die offene Ganztagsbetreuung wird bislang nur an Mittelschulen angeboten, dabei werden Schüler verschiedener Klassen tageweise nach Unterrichtsende pädagogisch betreut. Das Angebot reicht von Hausaufgabenbetreuung über Projekte bis zu Sport. Die neun Mittelschulen, die keine gebundene Ganztagsbetreuung anbieten, haben alle eine offene Ganztagsbetreuung.
Mittagsbetreuung Ausschließlich für Grundschulen gibt es noch das Konzept der erweiterten Mittagsbetreuung, bei der die Schüler ein Mittagessen bekommen und von Montag bis Donnerstag bis 15.30 oder 16 Uhr in der Schule bleiben können. Angeboten wird es aktuell in fünf Grundschulen: Bad Bocklet, Euerdorf, Oberthulba, Oerlenbach und Wartmannsroth.