Seit Herbst 2018 ist Petra Riedel mit ihrem eher unscheinbaren Antiquariat in der Spitalgasse präsent. Das beschauliche Umfeld lässt kaum globale Geschäftstätigkeit vermuten. Lange handelte sie von daheim aus. Jetzt stemmt sie sich mit dem Laden einem Trend entgegen. "Das klassische Laden-Antiquariat hat es schwer", weiß sie.
Nur nach Vereinbarung geöffnet
Ihr Ansatz ist anders: "Wenig Kosten, wenig Personal und globaler Vertrieb über das Internet". Diese Strategie hat Konsequenzen. Wer von den liebevoll verzierten Büchern in den kleinen Schaufenstern mehr sehen möchte, zieht vergeblich an der Ladentür. Sie steht nur nach Vereinbarung offen. Das hat seinen Grund. Historische Lektüre kauft man kaum im Vorbeigehen und Laufkundschaft mit Faible für die Materie macht sich in der Seitengasse eher rar – zumal für die gedruckten Schätze bis zu fünfstellige Beträge aufgerufen werden.
Das schnelle Geld ist denn auch kaum zu machen. "Wert sind die Sachen das, was jemand bereit ist, dafür auszugeben", beschreibt Petra Riedel die Zusammenführung von Werk und Käufer. Der Rückgang der Sammelleidenschaft geht auch an historischen Druckwerken nicht vorbei. Entsprechend werden die Auktionen weniger, auf denen sie fündig wird. Zu den Beschaffungsquellen gehört auch die Auflösung von privaten Bibliotheken. Hoffnung macht eine gegenläufige Entwicklung: Die Heimatliebe boomt. Und so gibt es in der ganzen Welt Menschen, die ihre Kenntnis über ihre Region vertiefen wollen.
Die Homepage macht neugierig

Hier knüpft die Antiquarin an. Der Schwerpunkt ihres Angebotes dreht sich um historische Schilderungen von Reisen in ferne Länder, um Geschichte und Geographie, um alte Landkarten und Stadtansichten. Das Angebot auf der Homepage weckt die Neugier von Kunden. Als Beispiel nennt sie einen Polen in New York, der mehr von der Historie seiner Heimat wissen möchte. Oder zwei chinesische Studenten, die auf ihrer Europareise mit dem Zug spontan von Nürnberg kamen, um in Hammelburg zwei alte Landkarten aus ihrer Heimat zu kaufen.
Die gebotene Preisspanne ist riesig. Sie reicht von einem Schweinfurter Stadtführer von 1928 für 40 Euro bis zu einer Dresdner Stadtansicht von Bernardo Bellotto aus dem 18. Jahrhundert. 25 000 Euro sollte man dafür übrig haben. Zum Kundenkreis gehören inzwischen auch Antiquariate, Museen und Universitätsbibliotheken in der ganzen Welt. Auch die Botanik werde immer stärker nachgefragt. 2018 habe sie ein Herbarium von Leonhard Fuchs aus dem Jahr 1543 an eine Universitätsbibliothek vermittelt.
Internet sorgt für mehr Transparenz
Das alte Hammelburg findet sich in dem Angebot ebenfalls wieder. Schließlich fing Riedels Leidenschaft 1997 mit dem Kauf einer Stadtansicht von Sebastian Münster aus dem 17. Jahrhundert an. "3000 Mark haben wir dafür bezahlt", schmunzelt Petra Riedel. Aus heutiger Sicht war das viel zu teuer. Internet sei Dank, ist der Markt viel transparenter geworden. Das betrifft auch die Preisgestaltung. Je nach Zustand sei für den Stich ein Preis von 300 bis 400 Euro realistisch. Ähnlich verhalte es sich mit der etwas später entstandenen Stadtansicht von Merian.
Vor 20 Jahren gegründet
Gegründet hat Petra Riedel das Antiquariat vor etwa 20 Jahren. Seine Ursprünge hat es in einem selbstständigen Versandbuchhandel, der auch den Handel mit Fachliteratur für Schulen und Institutionen, wie Handwerkskammern beinhaltete. Inzwischen ist der antiquarische Handel die Haupterwerbsquelle.

Fast kein Buch in den Regalen ist wie das andere. Manchmal machen aufwändige Ledereinbände oder Verzierungen ein Buch richtig wertvoll. Das Drumherum ist dann teurer als der Inhalt. Auch die Komplettheit spielt eine Rolle. So auch bei einer elf Bände umfassenden Reisechronik von Ritter von Lang (1764 bis 1835). Darunter ist auch ein Buch mit dem wenig schmeichelhaften Titel "Fortgesetzte Reise nach Hammelburg oder meine harten Schicksale im Kautzen-Land". Zehn Bände besitzt Riedel. Mit dem elften Band würde der Wert noch einmal steigen.
Bei aller Sammelleidenschaft wird man einen Kulturfrevel aus aus den 1960er und 1970er Jahren nie mehr ganz gut machen. Seinerzeit wurden viele Bücher zerschnitten, um mit einzelnen Seiten Geschäfte zu machen. Nur vereinzelt findet wieder zusammen, was literarisch zusammen gehört.
Auch von Hammelburgs wohl berühmtesten Sohn hatte Petra Riedel schon ein Werk im Angebot. Johannes Froben (1460 bis 1527) war in Basel ein anerkannter Pionier des Buchdrucks. Der widmete sich hauptsächlich sakraler Literatur. Diese Richtung mit der erforderlichen Expertise aufzunehmen, würde den Rahmen sprengen.