Bei einem Besuch in ihrem Hammelburger Atelier erklärt Sylvie Scherpf, dass sie immer auf der Suche ist und Ausschau hält nach Formen, Stoffen und Glitzersteinchen, die sie inspirieren, ihre heiteren Unikate zu fertigen. Aus einer hohlkreuzig gebogenen Pflanzenschote wuchs der keck dreinblickende kleine Bischof. Drei verholzte Palmenrispen verwandelten sich in orientalisch aussehende, langköpfige Mitra tragende Kardinäle. Und ein besonders wichtig dreinblickendes dickbäuchiges aufgeplustertes Wesen trägt eine pelz- und strassbesetzte Wanstjacke und scheint direkt E.T.A. Hoffmanns poetischen Erzählungen entsprungen zu sein.
Keine Massenware produziert Sylvie Scherpf, sondern Originale, bestückt mit edlen Details. Neben kostbaren handgefertigten Brokatstoffen, Litzen, Borten, Kordeln, Epauletten, Quasten und Knöpfen von einem Würzburger Posamentier verwendet Sylvie Scherpf auch Dinge, die andere achtlos wegwerfen. Ein aus der Mode gekommener Holzarmreif ist die Krone eines afrikanischen Charakter-Königskopfs, den Sylvie Scherpf aus Ton modellierte. Ein kleiner blauer verbeulter Trichter, umwickelt mit goldschimmerndem Stoff, ist der Leib eines stolzen Stammesfürsten, sein abstehender Haarzopf ein einstiger Gehstockkopf. „Ich finde auf jedem Flohmarkt etwas, das meinen Figuren Leben einhaucht“, sagt Scherpf.
Die Materialien, aus denen die Objekte hergestellt werden, sammelt Sylvie Scherpf sorgfältig sortiert in ausgedienten Schuhschachteln und Kisten. Schillernde Knöpfe, teure Stoffreste, getrocknete Pflanzenteile, ausgediente Drechselarbeiten oder Fitzelchen von Goldbordüren finden sich da. Wie ein Bildhauer im unbehauenen Felsbrocken die noch verborgene Figur ahnt, hat die Kunsthandwerkerin einen Riecher für Gegenstände, die sich unter ihren Händen mit Hilfe einer Heißkleberpistole in aparte Gestalten verwandeln. Zum Beispiel die zwei silberbärtigen dekorativen Nikolausköpfe, die auf einstigen hölzernen Kerzenständer thronen.
„Manchmal scheint es, als würden meine Persönchen miteinander reden“, sagt Sylvie Scherpf und deutet auf den kleinen Dickwanst, der augenscheinlich in ein staatstragendes Gespräch vertieft scheint mit dem hochgewachsenen, in edle Stoffe gehüllten Königsmann. Es sind die markanten Gesichtsausdrücke, die vielen kleinen witzigen Details und die wertbeständig verarbeiteten Materialien, die den unverwechselbaren Charme der Figuren ausmachen.
Neben Sylvie Scherpf sind auf dem Kunsthandwerkermark in Wechterswinkel weitere 21 Aussteller aus der Region zu finden. Gleichzeitig kann der Rhöner Krippenweg besichtigt werden. Geöffnet sind die Krippenausstellung und der Kunsthandwerkermarkt am Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr.