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Liebeskummer und Einsamkeit

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Liebeskummer und Einsamkeit

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    Davon ist selbst Uwe Holschuh überrascht. Der Diakon, der in Ebenhausen lebt, nutzt dieses Medium für einen Bereich, der früher eigentlich dem direkten Gespräch zwischen Seelsorger und Christ vorbehalten war. Doch inzwischen bevorzugen die Menschen mehr die Anonymität, und erst recht, wenn es um ihre Probleme geht. Hemmschwellen braucht man beim Internet nicht zu überwinden, denn jeder, der sein Herz bei kummernetz.de ausschüttet, kann dies, ohne Angaben zur eigenen Person machen zu müssen. Die ideale Form also?

    Eigentlich nicht, doch das ist charakteristisch für unsere Zeit. Und irgendwo auch ein Armutszeugnis, wenn Menschen unzugänglich geworden sind, sich scheuen, um Hilfe und Rat zu bitten und die Geistlichen und Seelsorger zunehmend überbelastet sind, weil immer mehr Stellen auch in der Kirche gestrichen werden.

    Eigene Erfahrungen brachten Uwe Holschuh auf die Idee der elektronischen Seelsorge. Als er Anfang der 90er Jahre in Nürnberg versuchte, als Seelsorger Kontakt mit Menschen aufzunehmen, die Hilfe brauchten, wurde abgeblockt. Er hatte den Eindruck, alles geht an seinen Idealen vorbei. "Ich konnte nicht so arbeiten, wie ich wollte."

    So entstand die Idee der elektronischen Seelsorge, doch damals sei das noch zu teuer gewesen. Erste Versuche startete er über Bildschirmtext, später bot er über E-Mail die "Ein-Mann-Lebensbegleitung" an. Der Diplom-Theologe beobachtete, ob man auf sein Angebot überhaupt reagiert. Etwa zehnmal im Monat wurde die Seite im Internet angeklickt. Heute sind es 2000 Versuche am Tag. Natürlich war das ein Wagnis, sagt Holschuh rückblickend.

    Ist es überhaupt möglich, Kontakte auf diesem Weg herzustellen? Kann man schriftlich über Probleme reden, erst recht, wenn man sich nicht sieht? Inzwischen hat sich gezeigt: Es geht. Immer mehr Menschen suchten diesen Weg, und für Uwe Holschuh wurde die Belastung, zeitlich und finanziell, immer größer. Er konnte es nicht mehr allein bewältigen, also suchte er sich Mitstreiter. Erst waren es fünf, nun sind es bereits 23, die in der Beratung tätig sind. Davon sind sechs aus dem Bistum Würzburg. Es ist keine Therapie, betont der Theologe. Es geht letztendlich um Hilfe zur Selbsthilfe. Auch bei schweren Fällen wie Suizid, Ehekrisen oder Berufsärger. Das Wichtigste sei Zuhören, unterstreicht der Diakon.

    Anfangs betrieb Holschuh das Kummernetz privat, inzwischen hat die Diözese Würzburg ihn mit 50 Prozent für die elektronische Seelsorge beauftragt. Um die Finanzierung einigermaßen abzusichern, wurde der gemeinnützige Verein Kummernetz e.V. gegründet, der inzwischen zirka 50 Mitglieder zählt.

    Die Akzeptanz von kummernetz weist eine erstaunliche Entwicklung auf. Bei den Erst-Einträgen beispielsweise wurde im Oktober 2000 mit 171 die bisherige Spitze markiert. Interessant ist auch, dass von Klienten rund 70 Prozent Frauen sind. Auch die Altersstruktur ist auffällig: Über 50 Prozent sind im Alter von elf bis 20 Jahren, 28 Prozent zwischen 21 und 30 Jahren, 14 Prozent zwischen 31 und 40 Jahren, nur sechs Prozent machen die 41- bis 50-Jährigen aus. Die Kummer-Bereiche sind sehr unterschiedlich: Sie umfassen Angst, Einsamkeit, Partnerschaftsprobleme, Depression, Sexualität, Trennung und anderes. An der Spitze steht der Liebeskummer.

    Was sich Uwe Holschuh für die Zukunft seines kummernetzes wünscht, bringt er schnell auf den Punkt: Finanzielle Unterstützung, einen ökumenischen Ansatz und mehr Mitarbeiter, wobei Letzteres gar nicht so einfach ist. Zum einen sei die Mitarbeit ehrenamtlich und auf eigene Kosten, zum anderen müssen die Bewerber Qualitätskriterien erfüllen. Auch hofft Holschuh, dass sich andere Diözesen in sein Projekt mit einklinken werden.

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