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REITH: Martin Schmitt in 3D

REITH

Martin Schmitt in 3D

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    Mehrdimensional: Martin Schmitt verknüpft den Blues mit seinem bayerischen Dialekt und entführt sein Publikum in diverse Dimensionen.Foto: Winfried Ehling
    Mehrdimensional: Martin Schmitt verknüpft den Blues mit seinem bayerischen Dialekt und entführt sein Publikum in diverse Dimensionen.Foto: Winfried Ehling

    Wer musikalische Dimensionen neu erleben will, sollte sich das Örtchen Reith mal merken. Erst kürzlich wieder durften Jazz-Fans durchmessen, welch wunderbare Wucht aus zehn Fingern, 88 Tasten und einem völlig entspannten Musiker-Gehirn entspringen kann. Martin Schmitt war wieder da. Der bayerischste unter allen Konzert-Pianisten und Potenz-Kabarettisten.

    Schon beim ersten Sprung auf die Bühne hat der 47-Jährige alles im Blick – und im Griff. Sein Publikum, den Flügel, den Hocker (na ja!), gar die große grüne Pflanze im hintersten Winkel der Kleinhenzschen Pianobühne. „Nett“ – natürlich eine Eigenkomposition! – fängt er das Spielen an. Was heißt spielen? Er hasardiert kontrolliert mit seinen flinken Fingern über die Tasten, rutscht auf dem Hocker hin und her, stakkatisiert mit links den Takt auf die Bretter des Podiums. Sein Publikum im sonst so ruhigen Örtchen Reith wird mitgerissen von diesem aberwitzigen Tempo.

    Und das versprüht der Mann aus München nicht nur eindimensional über die Klaviertasten; als lyrisches Schmiermittel zwischen den Boogie-Woogie-, Jazz- und Balladen-Stücken reimt er sich locker durchs Leben. Getreu seinem Programm von Kopf bis Blues. Gedichte aus dem Zyklus „Viecher, die die Welt nicht braucht“ fordern in der zweiten Dimension die Aufmerksamkeit seines Publikums, zumal er den bayerischen Dialekt bestens parliert, ob er nun in Pinneberg, Itzehoe, Bad Kötzting oder in Reith bei Oberthulba auftritt. Was aber auch zu Nachfragen, vor allem der zahlreichen Hessen im Publikum, führt.

    Schmitt hat sie alle antizipiert, diese Fragen. Und natürlich mit Blickkontakt beantwortet. Ein Pläsier! Speziell für Elmar und Heike. Beide drangen in die Schmittschen Dimensionen vor, als er nach einem Viech fragte und Elmar die Zecke als Erster im mit 230 Leuten dicht besetzten Saal dechiffrierte.

    Noch höher einzustufen ist die Leistung von Heike. Im Literatur-Boogie verarbeitet der Kabarett-Musiker unzählige Buch- und Filmtitel, lässt Felix Krull hochstapelnd bis nach Siddhartha reisen – und fragt, wie viel Hochkultur er im Song versteckt hat. Bei 36 hat der Chronist aufgehört zu zählen. 53 ist Heikes Antwort, und damit die richtige. Schmitt prämiert dies mit einer CD.

    Gewonnen haben aber an diesem Abend alle, selbst der charmante Entertainer Schmitt. Obschon seine Witze ab und an bayerische Bärte tragen, trägt er sie so locker-flockig vor, dass die Oberschenkel-Klopfer fast zwangsläufig folgen. Seine spezielle Art, Jazz, Boogie-Woogie, Blues und Piano-Entertainment zu präsentieren, reißt einfach mit. So, dass ein vielstimmiger Publikumschor ein grell-quietschendes „Das ist der Ohrwurm“ hingebungsvoll in den Saal flötet. Oder bei der Zugabe ein inbrünstiges: „Da musst du aufbassn!“ Das alles wird begleitet von Schmitts unerreichter Mimik, seiner dritten Dimension.

    „Aufbassn“ sollte man wirklich, und zwar dann, wenn dieser 3D-Schmitt wieder angekündigt wird, in der Piano-Kleinhenz-Bühne im Dörfchen Reith. Michael Nöth

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