Manche Prognosen malen das Aussterben des ländlichen Raumes an die Wand. Ein ganz anderes Problem haben Wohnungssuchende derzeit im Raum Hammelburg. Eine freie Wohnung zu finden, ist ein Glückstreffer.
„Wir haben aktuell keine Wohnung frei“, bedauert Marco Lummel von der Wohnungsbaugenossenschaft. Besserung lässt auf sich warten. Denn es gibt eine gehörige Warteliste. Erschwerend kommt hinzu, dass der Neubau von 28 Wohnungen neben dem Friedhof hinter dem Zeitplan herhinkt. Weil sich das Baugenehmigungsverfahren so lange hingezogen hat, können die Arbeiten erst im Laufe des Oktobers ausgeschrieben werden. Entsprechend rechnet Lummel als geschäftsführender Vorstand mit Fertigstellung der ersten neuen Wohnungen im Frühjahr 2019.
Die insgesamt 323 Genossenschaftswohnungen sind auch begehrt, weil sie im Bestand einen durchschnittlichen Mietpreis von 3,90 Euro je Quadratmeter aufweisen. Dies ist möglich, weil die Genossenschaftswohnungen steuerbegünstigt sind. Der Zuzug von Flüchtlingen sei für die Knappheit bei der Genossenschaft übrigens nicht verantwortlich. Höchstens zehn Wohnungen sind an diesen Personenkreis vermietet.
In den Neubauten der Genossenschaft ist mit einer höheren Miete zu rechnen. „Es ist noch zu früh, einen Betrag in den Raum zu stellen“, sagt Lummel.
Kein offizieller Mietpreisspiegel
Einen offiziellen Mietpreisspiegel für Hammelburg gibt es nicht. Lummel geht aber auf dem Markt von einer Durchschnittsmiete von etwa sechs Euro pro Quadratmeter aus. Wobei sich die Knappheit in steigenden Mieten niederschlage.
Auch im Umland von Hammelburg sieht er eine teils ungedeckte Nachfrage nach Wohnraum. Junge Paare würden heute häufig vor dem Bau eines Eigenheimes zurückschrecken. Zahlreiche Auflagen, unter anderem für den Umweltschutz, hätten die Kosten derart erhöht, dass potenzielle Bauherren davon Abstand nehmen: „Da helfen auch die niedrigen Zinsen nichts, wenn ich weiß, dass ich es zurückzahlen muss“, folgert Lummel.
Seltener gehen inzwischen Nachfragen nach Wohnungen bei der Stadt Hammelburg ein. „Es hat sich langsam herumgesprochen, dass wir fast keine Wohnungen mehr haben“, findet André Danz, der im Rathaus für das Thema zuständig ist.
Nachdem die Stadt jetzt auch ihr Haus gegenüber dem Postamt verkauft hat, verfügt sie gerade noch über drei Wohnungen. Einst waren es über 25. Der bestehende Sanierungsstau hatte immer wieder für Diskussionen im Stadtrat gesorgt.
Für Investoren ist es angesichts des Mietenniveaus schwierig, beim Wohnungsbau aktiv zu werden. Zuletzt hatte sich der angekündigte Bau von Wohnblocks in der Berlin Area zerschlagen, obwohl die Stadtverwaltung dafür den Bebauungsplan geändert hatte.
Marco Lummel kennt einen Grund für die Zurückhaltung von Investoren. „Die reinen Baukosten sind in Hammelburg ähnlich hoch, wie zum Beispiel in Würzburg. Davor könne später aber in Würzburg mit den doppelten Mieteinnahmen gerechnet werden. Und das bei deutlich günstigeren Prognosen bei der Bevölkerungsentwicklung.“
So erfreulich die günstigen Mieten in Hammelburg auch für die Wohnungsnehmer sind: Die Auswahl an Objekten dürfte mangels zu erwartender Bauprojekte wohl kaum zunehmen.
Besonders trifft dies auch den Verein für Niederschwellige Hilfen (Kidro). „Es gibt zu wenig Singlewohnungen“, beschreibt Vorsitzender Christian Fenn das Problem für seine Zielgruppe mit sozialen Handicaps. Zwar vermutet er im privaten Bereich den einen oder anderen Leerstand. Dann aber bei betagteren Vermietern, die oft nicht mehr vermieten wollen.