Innovativ wirkt das Banner am Eingang der Wandelbar. Eine junge, stilisierte Frau hält die rechte Hand mit dem gekippten Victory-Zeichen in der Party-Pose der Jugend vor dem rechten Auge. Nicht in blauweißen, nein in orangeroten Farbtönen ist es gehalten. Der Schriftzug CSU fällt kaum auf.
Seit rund einem Jahr tourt die CSU durch die bayerischen Lande und lädt Frauen zu After-Work-Partys ein. In München, Nürnberg und Würzburg war sie schon, jetzt war Hammelburg an der Reihe. Eingeladen zu dieser „Lounge in the City – Ladies After Work Party“ hatten die Kreisvorsitzende der Frauen-Union, Nikola Renner-Knopp, und die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär. Der CSU-Ortsverband hatte zusätzlich an alle Mitglieder Einladungsmails verschickt. Im letzten Satz wurden darin alle Männer aufgefordert, ihre Frauen zum Besuch der Party zu motivieren und zu „bekleiden“. Das haben sie im Großen und Ganzen gut gemacht, die CSU-Modezaren. Viele Damen glänzten in netten Outfits. Damit wird auch klar, warum relativ wenige Männer zur Party kamen. Sie wollten ihre Frauen einfach mal unbegleitet ausgehen lassen.
Die meisten der rund 150 Gäste sind CSU-Mitglieder, darunter eine gute Handvoll Männer. Und unter ihnen anscheinend nur einer, der kein Parteimitglied ist. Der Mittvierziger lehnt an der Theke und wird mit vielen neugierigen Blicken bedacht. „Hier kennen sich wohl alle“, erklärt er auf Nachfrage. Er hatte von der Einladung in der Zeitung gelesen, wollte einfach mal wissen, was hier so abgeht.
Er bemerkt auch, dass auf den meisten Tischchen Saftschorle statt Aperol steht. Das passt auch besser zur Lesung der Berliner Kinder- und Jugendbuchautorin Christine Fehér. Sie liest aus ihrem neusten Buch „Wir vom Brunnenplatz“ – zum Auftakt quasi eine kleine Gute-Nacht-Geschichte. Dorothee Bär ist davon sehr angetan. Pardon, Frau Bundestagsabgeordnete: Die vorgelesene Geschichte ist wirklich nett, aber als Eröffnung zu einer Ladies-after-Work-Party vielleicht doch nicht so passend. Das zeigt auch die Unruhe in den hinteren Reihen an den Stehtischchen. Einige jüngere Frauen wagen es, miteinander zu tuscheln und ernten missbilligende Blicke älterer Damen, die gerne der Gute-Nacht-Geschichte lauschen.
„Sonst lese ich hauptsächlich vor Grundschulklassen oder Jugendlichen“, räumt die Autorin ein. Viele Gäste lassen sich das Buch, das zum Welttag des Buches 2012 verschenkt wird, anschließend signieren, um es ihren Enkeln mitzubringen.
Das Buch ist erst vor drei Tagen erschienen. Am selben Tag wie das Buch „Danke, emanzipiert sind wir selber“ von Familienministerin Kristina Schröder, merkt Bär an. „Und ihr Buch, Frau Fehér, gefällt mir sehr viel besser.“ Wumms, das sitzt. Schröder ist bekannterweise gegen die Frauenquote und gegen das Betreuungsgeld ohne Auflage. Dorothee Bär, die gerade mit dem dritten Kind schwanger ist, ist für die Quotenfrau und für das Betreuungsgeld.
„Wir wollen Frauen Lust auf Politik machen, ihnen die Möglichkeit geben, sich zu vernetzen, zu treffen und mit Politikerinnen und Politikern ins Gespräch zu kommen“, erklärt Bär den Sinn der „Lounge in the City – Ladies Party“. Der amerikanische Mottoname sei entstanden, als sie gerade in Mutterschutz war. Der pinkfarbene Schriftzug auf schwarzem Hintergrund prangt sowohl auf den Give-away-Tüten (Mitbringseltaschen) als auch auf den hochformatigen Fahnen, die die Bühne schmücken. Dorothee Bär hätte lieber einen griffigen deutschsprachigen Titel gehabt. Das amerikanische Motto amüsiert auch die einstige CSU-Stadträtin Zita Zeier, die die Party mit einer Freundin besucht. Die 83-Jährige steht in Schick und Eleganz kein Deut hinter der Bundestagsabgeordneten. Beide tragen raffinierte Kleider und Pumps mit Stilettoabsätzen. Die meisten anderen Frauen sind eher kleinstädtisch praktisch gekleidet.
„Was macht die Junge Union, um Frauen hinter sich zu scharen, außer dass sie einen extrem gutaussehenden Vorsitzenden gewählt hat“, fragt Bär keck zum Auftakt der Podiumsdiskussion den Junge-Union-Chef Martin Wende. Locker lacht der Sohn von CSU-Stadträtin Elisabeth Wende, die auch auf dem Podium mitdiskutiert, über das Kompliment hinweg. Die Junge Union überzeuge mit ihren Werken und Taten, fügt er an. Und der Ortsvorsitzende der Hammelburger CSU, Detlef Heim, pflichtet ihm kopfnickend bei.
Die beiden Männer scheinen sich inmitten der Frauen so wohl zu fühlen, dass sie sich gleich mit ihnen für das Pressefoto ablichten lassen wollen. Kaum zückt man die Kamera, schwupps, scharen sie sich schon um das Motiv. So geschehen beim Foto für diese Berichterstattung vor dem Banner der CSU-Frauen-Union mit der kessen jungen Frau in orangerot. Da es sich jedoch um eine Woman-Party handelt, sollen nur Frauen aufs Bild. Das sehen die beiden CSU-Männer Heim und Wende auch ohne Diskussionen ein. Charmant lächelnd räumen sie das Feld und überlassen dieses den Frontfrauen des Abends.
Das Banner der Frauen-Union sorgt übrigens auch für Gesprächsstoff unter den weiblichen CSU-Mitgliedern. Dorothee Bär übt deutliche Bildkritik. Sie stört sich an den Piktogrammmotiven der Frauen, die sich nicht trauen aus der Reihe zu tanzen. Die vier Frauen erinnern sie nämlich an das Wegweisermotiv zur Damentoilette. Und diese Bildassoziation missfällt der Bundestagsabgeordneten.
Frauen-Union-Vorsitzende Nikola Renner-Knopp dagegen bewertet die Botschaft des Logos positiv. Sie steht an diesem Abend Rede und Antwort. „Familie, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen ist eben nicht leicht“, begründet sie den Mangel an Frauen in Führungspositionen. Nach der kurzen Diskussion wird die Stimmung unter den Partygästen lockerer. Jetzt wird kreuz und quer diskutiert. Die beiden CSU-Frauen aus Ramsthal, Gertrud Weisensel und Mery Lohfink, nippen an einem Cosmopolitan-Cocktail, während die parteilose Elke Müller aus Zeitlofs über Scheidungsreformen und die Gefahr der Altersarmut von Frauen durch das Betreuungsgeld redet. Alle bekommen sie zum Abschied eine Tüte gefüllt mit Wahlbroschüren, Geschenkchen und einem Mitgliedsantrag für die CSU. Toll, ein Spielplan für die Fußball-EM ist auch dabei, da hat Frau doch gleich das passende Mitbringsel für den zuhause wartenden Mann.
Termin: Nächste Station der Frauen-Union mit ihrer „Lounge in the City – Ladies After Work Party“ ist am 16. Mai in Schweinfurt. Eine weitere Veranstaltung ist im September in Bad Neustadt geplant. Immer ist ein DJ mit von Partie. In Hammelburg sorgte DJ El Butre alias Udo Geier für ausgelassene Partystimmung.