Fast genau drei Jahre ist es her. Da sorgten Sven Brüggemann und Christian Balling, die Begründer von Nes-Cars, beim „Bike and Music Weekend“ auf dem Autohof in Geiselwind für Aufsehen. Im August 2008 traten sie mit ihrem Citroën 2 CV, einer Ente, beim Burn-Out-Wettbewerb an. Dabei geht es darum, so showmäßig wie möglich, möglichst viel Gummi der durchdrehenden Reifen zu verbrennen. Das schafften sie damals am besten und gewannen überraschend den Wettbewerb.
Natürlich nicht mit einer normalen 28-PS-Ente. Nach unzähligen Arbeitsstunden in Heustreu für Umbauten und vor allem für den Einbau eines rund 320 PS starken Motors und Investitionen von gerade einmal 1800 Euro war das Low-Budget-Projekt fit für den Sieg gemacht.
Neben dem Spaß an schnellen Autos, am Schrauben an der Power-Ente, tun die Jungs von Nes-Cars auch Gutes. Da sie inzwischen in der Szene ziemlich bekannt sind, wollen sie diese Bekanntheit nutzen, um einer Sechsjährigen mit spastischer Behinderung zu helfen. Kendra heißt das Mädchen, das mit seiner Mutter Eva Lewis in Ramsthal wohnt.
Eine Delfintherapie in den USA soll helfen, den Gesundheitszustand von Kendra zu verbessern. Nach Sauerstoffmangel bei der Geburt sind das Sprachzentrum und die Körperkontrolle des Mädchens stark eingeschränkt. Sprechen und Gehen sind ihr unmöglich. Doch Kendra versteht nach Auskunft ihrer Mutter alles und kann sich per Sprachcomputer mitteilen.
Doch eine Delfintherapie ist teuer. Rund 10 000 Euro wären mit Anreise, Wohnen vor Ort und für die Therapie selbst nötig, erklärt Eva Lewis. Weil das die Krankenkasse nicht zahlt, hat sich Nes-Cars dazu entschlossen, bei der Suche nach Sponsoren für die Therapie mitzuhelfen. Künftig wird ihre Power-Ente mit einem entsprechenden Hinweis versehen. Und bei Auftritten der Ente soll auf Kendra aufmerksam gemacht werden und auf die für sie gedachte Delfintherapie. Schon bei der Veranstaltung in Geiselwind Anfang August kam erstes Geld für Kendras Therapie zusammen.
Auch der Mann von Eva Lewis, Simon Lewis, versucht, über den Dragstersport Geld für die Therapie von Kendra zusammenzubringen. Dragracing, das sind die Rennen über eine Viertelmeile, die auch Nes-Cars mit ihrer flott gemachten Ente fahren. Über diese Schiene kam der Kontakt von Christian Balling, Sven und Björn Brüggemann sowie Jochen König zu Kendra zustande.
Allerdings fährt Simon Lewis kein Auto, er hat ein Motorrad so flott gemacht, dass es die Viertelmeile in etwa neun Sekunden schafft. Der Ramsthaler informiert bei den Rennen unter anderem mit Flyern über Kendra und die Absicht sie mit Delfinen schwimmen und damit therapieren zu lassen. Und versucht so, Geld dafür zusammenzubringen. Zusammen mit seiner Frau Eva ist er zuversichtlich, dass das Beispiel von Nes-Cars Schule macht und sich vielleicht noch andere für die Delfin-Therapie von Kendra einsetzen und helfen, Geld dafür zusammenzutragen.
Die Power-Ente hilft dabei, weil sie als Exot ein Blickfang bei Wettbewerben wie Viertelmeilen-Rennen oder bei Burn-Out-Wettbewerben ist, erzählen Christian Balling, Sven und Björn Brüggemann sowie Jochen König. Wenn die vier von Nes-Cars mit ihrer weißen Ente auf dem Hänger unterwegs sind, kann es ihnen schon mal passieren, dass sie auf ihr letztes Rennen angesprochen werden oder dass sie gefragt werden, ob ihre Ente nach dem letzten Ausfall wieder fit ist.
Das ist sie derzeit offensichtlich, denn wie die vier mit Stolz erzählen, haben sie in diesem Jahr am ersten Wochenende im August in Geiselwind gerade wieder abgeräumt. Erster Preis beim Burn-Out-Wettbewerb – in zwei Durchgängen und gut 90 Sekunden waren die Hinterreifen vom Profil befreit und fast bis aufs Gewebe durch – und erster Preis als „Best European Custom Car“, als bestes selbst zusammengebasteltes Auto also. Darauf sind die vier von Nes-Cars ziemlich stolz. Schließlich hatten sie im vergangenen Jahr mit Motorschaden im Training aufgeben müssen.
Inzwischen, nach unzähligen weiteren Arbeitsstunden und nach Investitionen, „die weit weg sind von den 1800 Euro vom Anfang“, verfügt die Ente nach Ansicht von Sven und Björn Brüggemann, Christian Balling sowie Jochen König über derart standfeste Power, dass es irgendwann vielleicht sogar möglich sein könnte, die Viertelmeile in zehn Sekunden zu schaffen. 12,8 Sekunden waren bisher die Bestzeit. „Aber bei knapp unter zwölf dürften wir mit den neuen Umbauten inzwischen schon liegen“, so Björn Brüggemann. Die Umbauten, das sind unter anderem eine neue Schaltung und eine verbesserte Luftansaugung. Die Vorderräder kommen jetzt ohne Kotflügel aus.
Auch wenn von der Ursprungs-Ente aus dem Jahr 1983 nicht mehr viel übrig ist, auch mit dem auf 320 PS aufgemotzten Calibra-Motor ist sie immer noch als Studenten-Kultauto aus der Hippie-Zeit zu erkennen. Und sie bleibt auf den Viertel-Meile-Rennpisten immer noch exotisch. „Wir waren halt die Ersten, die auf die Idee mit der Ente kamen.“
Nicht ohne Stolz zeigt Sven Brüggemann ein Videofilmchen, auf dem zu sehen ist, wie die Ente einen Hubraum- und PS-stärkeren Ami-Schlitten ganz souverän abhängt. Das nächste Viertelmeilenrennen steht bereits fest, dann wird Fahrer Christian Balling in Aalen die Power-Ente über die gut 400 Meter einer Viertelmeile jagen.
Bisher haben die Jungs von Nes-Cars praktisch alle Investitionen in die Power-Ente selbst getragen. Sie könnten sich aber vorstellen, dass bei Unterstützung von Sponsoren die Ente noch früher die zehn Sekunden auf der Viertelmeile schaffen könnte.
Dragracing
Beim so genannten Dragracing kommt es darauf an, mit seinem Fahrzeug eine relativ kurze Strecke aus dem Stand so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Normalerweise treten zwei Fahrzeuge im direkten Vergleich gegeneinander an. Das geschieht in der Regel in drei Kategorien: Autos, Motorräder und Fantasie-Fahrzeuge – wie zum Beispiel die fahrende Bierbank oder der motorisierte Streitwagen.
Die Beschleunigungsrennen kommen aus den USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden sie zunächst illegal statt. Jugendliche traten mit ihren frisierten Wagen verbotenerweise auf normalen Straßen gegeneinander an. Wer den Film „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ mit James Dean gesehen hat, kennt diese Art der Rennen. Später dann wurden sie legal auf abgesperrten Plätzen ausgetragen. Der Flugplatz in Santa Anna in Kalifornien war der erste Platz, der speziell dafür hergerichtet und ausgebaut wurde. Eine genormte Renndistanz ist die Viertelmeile. Das sind 402,34 Meter.