Der Beat wummerte unaufhörlich, die vorwiegend jungen Menschen tanzten ausgelassen, feierten eine fröhliche und bunte Party auf dem Sportgelände der DJK Waldberg. Irgendwie wirkte die Szenerie auch unwirklich. Grüne und blaue Haare und Gesichter, die ehemals weiße Kleidung in einem bunten Mix. Ein wenig erinnerten die einheitlich farbigen Gesichter an den Science-Fiction-Film „Avatar“.
Wenn zu jeder vollen Stunde der DJ aufrief die Farbbeutel in die Luft zu werfen, dann kannte der Farbrausch schier keine Grenzen mehr. Farbe flog in die Höhe, vermischte sich zu einer dichten Staubwolke, die sich auf alles in der Umgebung legte. „Yeah“, der Farbrausch war gelungen. Und wo noch Farbe fehlte wurde mit den Fingern nachgeholfen. Freundinnen bemalten sich die Nasen, andere warfen Farbe wahllos auf die Umstehenden. Keiner störte sich daran, im Gegenteil je bunter desto besser, je mehr Farbe desto mehr Party.
Indien trifft auf die Rhön. Holi-Farbrausch am Fuße des Heiligen Berg der Franken. Dass die Tradition des Holi-Festivals seine Wurzeln im Norden Indiens und in Nepal hat, dort als fröhliches und alle gesellschaftlichen Schranken überwindendes Frühlingsfest gefeiert wird, das interessierte beim Waldberger Event wohl kaum jemand. „Party, Saufen, Frauen und alles“, lautete der Slogan einer Gruppe Jugendlicher aus Bad Neustadt. „Geil mit Farbe werfen“, kommentierten andere ihre Teilnahme.
Holi, soll eines der ältesten Feste überhaupt sein. Nach hinduistischem Glauben wird nicht nur der Wechsel vom Winter zum Frühling begrüßt, sondern der Sieg des Guten über das Böse. Als Zeichen der Freunde bewerfen sich die Menschen daher an diesem Tag mit buntem, gefärbtem Puder, dem sogenannten Gulal. Wichtig ist auch der Versöhnungsaspekt, denn der Überlieferung zufolge, werden an diesen Tagen auch alte Streitigkeiten begraben. Unterschiede zwischen Kasten, Religion oder Herkunft sind während des Holis nicht mehr sichtbar. Gesellschaftliche Grenzen zwischen den sozialen Schichten, Jung und Alt, Arm und Reich verschwimmen. An diesem einen Tag sind alle Menschen gleich. Um Mythologie oder Spiritualität ging es in Waldberg definitiv nicht, es war die kommerzielle Ausprägung eines Festes aus einem fernen Land, einer anderen Religion und wichtigstes Utensil war der Farbbeutel. Eine Gruppe junger Mädchen war noch nie auf einem Farbfestival gewesen und von der Atmosphäre in Waldberg ganz begeistert. Allerdings bedauerten sie, dass nicht so viele Besucher, wie auf Facebook angekündigt, zum Event gekommen waren. „Schade, aber wir haben trotzdem unseren Spaß. Sicher gehen wir auch mal auf ein größeres Farb-Event in Würzburg oder so“.
Dass weniger Teilnehmer als ursprünglich erwartet nach Waldberg gekommen waren, bestätigte der Geschäftsführer von ba promotion, Nürnberg, Benjamin Akinci. „Es zeigte sich schon im Vorverkauf, dass nicht so viele Fans nach Waldberg kommen, wie im vorigen Jahr in Mellrichstadt waren“. Im Sommer 2014 fand da erste Holi-Rhön-Festival auf dem Hainberg-Areal in Mellrichstadt statt. Von über 2000 Besuchern wurde berichtet. „Mehrere Hundert“, waren es nach Angaben von Akinci in Waldberg. Den Grund sieht der Organisator an der etwas abseits gelegenen Location. Alle anderen Farbfestivals, die er organisiert, finden in größeren Städten, wie Fulda, Bamberg, Bad Kissingen, Schweinfurt und Würzburg statt. „Trotzdem sind wir zufrieden. Den Leuten gefällt es, wir haben ein gute Stimmung. Wir werden auch im nächsten Jahr wieder in Waldberg ein Holi-Festival ausrichten“. Übrigens: Beim Farbpulver handelte es sich um gefärbtes Maismehl. Die Farben seien in Deutschland hergestellt und unterlägen strengen Kontrollen, versicherte Akinici.
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Weitere Bilder im Internet: rhoengrabfeld.mainpost.de