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Spiegelbild von Kultur und Gesellschaft

Hammelburg

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    Traditionell bis modern sind die Gasthausnamen in Hammelburg.
    Traditionell bis modern sind die Gasthausnamen in Hammelburg. Foto: FOTOS IS

    Woher die Gasthausnamen kommen und welche Bedeutung sie haben, das wissen die meisten Gasthausbesitzer im Altlandkreis Hammelburg selbst nicht. Dr. Gunther Schunk von der Universität Würzburg ist diesen Fragen jedoch nachgegangen und kommt dabei zu dem Schluss, dass die Benennung der Gasthäuser in gewisser Weise dem Modetrend unterworfen ist. Dominierten vor 1900 noch die Tiernamen (Zum Hirschen, Zum Strauß, Schwarzer Adler), so kamen im 20.  Jahrhundert Namen in Mode, die eine lokale Komponente erhielten wie beispielsweise Zum Schondratal oder Waldcafé. In den 70er Jahren tauchten dann ausländische Namen auf, die Zeuge der gesellschaftlichen Veränderungen waren. Beispiele in Hammelburg und Umgebung sind die Restaurants Rhodos, Korfu und Akropolis.

    In jüngerer Zeit hat Dr. Schunk dann bei der Wahl des Gasthausnamens einen erheblichen Einfluss der "kulturellen Amerikanisierung" festgestellt. In Hammelburg belegen das Namen wie Steakhaus Black Bull oder Bistro Tabasco. "Lifestyle und Wortwitz spielen heute zunehmend eine Rolle und es sind viel mehr Namen im Umlauf als früher", so Schunk, was darauf zurückzuführen sei, dass die Gaststätten heute durchschnittlich viel schneller ihre Besitzer wechseln und deshalb mit auffälligen Namen auf sich aufmerksam machen müssen.

    In Hammelburg und Umgebung überwiegt allerdings noch das Herkömmliche. Ja viele Gasthausbesitzer werben gerade mit ihren traditionellen Namen, die grundsätzlich in jedem Ort nur einmal vorkommen, bundesweit aber recht geläufig sind. So gibt die Internetsuchmaschine Google beispielsweise beim Suchwort "Goldene Krone" und "Gasthaus 13 800 Treffer an. 109 000 sind es sogar beim Stichwort "Zur Sonne".

    Die Entstehung von Gasthausnamen steht den Recherchen von Dr. Schunk zufolge in engem Zusammenhang mit den bereits im 12.  Jahrhundert in deutschen Städten aufkommenden Häusernamen, die zum Zwecke der besseren Orientierung vergeben wurden. Die Gasthausnamen sind laut Schunk erst zweihundert Jahre später belegt und fanden im 15. und 16. Jahrhundert Einzug in sämtlichen Städten Deutschlands und der Schweiz. Die Namen waren meist identisch mit denen des Hauses, in dem sich die Gaststätte befand.

    Gasthausnamen wie "Grüner Kranz" in Oberthulba, "Goldener Stern" in Elfershausen oder "Goldene Krone" in Obereschenbach deuten allerdings auf einen alten mittelalterlichen Brauch hin. So durfte zur Weinernte nur derjenige Most oder Wein ausschenken, der an seinem Haus ein entsprechendes Symbol wie einen grünen Kranz oder einen aus zwei kreuzweise übereinander gelegten Dreiecken gebildeten Stern, den Drudenfuß, angebracht hatte. In Unterfranken habe man dann oft eine hohe Tanne vor dem Gasthaus aufgestellt, deren Äste bis auf eine kleine Krone gestutzt waren. Diese starke symbolische Kennzeichnung der Gasthäuser führt Schunk auch darauf zurück, dass ein Großteil der Bevölkerung ja nicht Lesen und Schreiben konnte. Deshalb empfahlen sich Motive, die eindeutig erkennbar waren.

    Eine ebenso wichtige Rolle spielte bei der Benennung der Gasthäuser die Entstehung der Wappen ab Mitte des 12. Jahrhunderts. Ihr Einfluss ist allerdings erst zwei Jahrhunderte später spürbar, wie Schunk festgestellt hat. So wurden im 15. und 16. Jahrhundert die Gasthäuser oftmals mit Wappen geschmückt, die reisende Fürsten an den Herbergen anbrachten. Zu den häufigsten Wappentieren gehören der Löwe, der Bär und der Adler. So geht wohl auch der Name des Gasthauses "Schwarzer Adler" in Oberthulba auf diese Tradition zurück. Später kamen Farbattribute hinzu, am populärsten waren die heraldischen Farben Rot und Gold.

    Gasthäuser mit Tiernamen wie Adler oder Hirsch können laut Schunk allerdings auch einen religiösen Hintergrund haben. So gilt der Hirsch in der christlichen Religion als Sinnbild für Jugendkraft und der Adler als Sinnbild Christi.

    Schunk hat noch weitere Namenstypen ausfindig. Da sind zum einen die Brauereinamen wie "Zur Alten Brauerei" in Aura, die auf die frühere Nutzung des Hauses hindeuten. Oder die patriotischen und ideologischen Namen wie das "Deutsche Haus" in Hammelburg, die auf eine deutsch-nationale Ideologie hinweisen. Im 20. Jahrhundert werden Gasthäuser dann oft auch nach Personen benannt, entweder nach dem Gasthausbesitzer oder nach einer bedeutenden Persönlichkeit, so geschehen in Hammelburg beim Soldatenfreizeitheim, das nach dem 1980 verstorbenen nordrhein-westfälischen CDU-Politiker Heinrich Köppler benannt worden ist. Populär sind auch Berufsbezeichnungen wie Jägermühle, Vereinsnamen wie Kolpingheim oder Zwecknamen wie Schützenhaus. Der Fantasie sind keine Grenzen mehr gesetzt, was moderne Gasthausnamen wie die Fuchsstädter Nachteule oder Hammelburger T-Stube beweisen.

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    "Es wird deutlich, dass die Gasthausnamen die kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen widerspiegeln", ist das Fazit von Dr. Schunk. Vor allem in größeren Städten sei das herkömmliche heute nicht mehr ausreichend, sondern viel eher der Verstoß gegen ein bekanntes Muster.

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