Es war nur ein Klaps auf den Po, wohl ohne sexuelle Absicht und vor Kameraden. Doch weil er sich dafür nur halbherzig bei dem weiblichen Oberfeldwebel entschuldigt hatte, landete ein männlicher Hauptfeldwebel der Bundeswehr in Hammelburg dafür vor Gericht. Dieser Klaps, so befand die Richterin, war erniedrigend. Deshalb verurteilte sie den 38-jährigen Berufssoldaten zu einer saftigen Geldstrafe von 7875 Euro (105 Tagessätze).
Oktober 2011, Kaserne Lager Hammelburg: Grade mal 27 Tage kennen sie sich. Der Hauptfeldwebel ist abkommandiert zur Ausbildung, der 29-jährige Oberfeldwebel, weiblich, zu seiner Unterstützung. Bis dahin wird das Verhältnis in dieser Führungsgruppe als freundlich beschrieben, kollegial, locker. Man duzt sich.
Zwei weitere Feldwebel-Dienstgrade sind mit im Zugführerbüro, als der Hauptfeldwebel von seinem Schreibtisch zu einem Schrank gehen will. Die Kameradin steht mitten im Raum. Im Vorbeigehen gibt ihr der Hauptfeldwebel einen Klaps auf den Po. „Was soll das?“, wehrt sie sich. „Schreib doch!“, erwidert er. Sie verlässt den Raum.
So schilderten die Zeugen weitgehend übereinstimmend die Szenerie – auch der Hauptfeldwebel selbst. Er sei einer mit einer starken Persönlichkeit, sagte der Inspektionsfeldwebel in der Verhandlung. Den Schlag auf den Po versucht der Hauptfeldwebel abzuschwächen. Er habe sie an der Hüfte berührt, glaubt er sich zu erinnern. Doch das nimmt ihm das Gericht aufgrund der Aussagen der Zeugen nicht ab.
„Schreib doch!“, das ist eine Anspielung auf: Mach doch eine Eingabe, beschwer dich. Für den Angeklagten eine Floskel. Für den Staatsanwalt eine Unverschämtheit. Für die Richterin ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Hauptfeldwebel sich sofort darüber im Klaren war, dass der Klaps nicht in Ordnung gewesen war, wie sie in der Urteilsbegründung ausführte. Zumal er, als seine Kameradin wieder ins Zimmer kam, nachfragte: „Und, hast Du schon geschrieben?“
Unangemessene Anspielung
Doch noch am selben Tag folgt eine weitere Situation, die der 29-Jährigen ebenfalls recht unangenehm ist. Diesmal in größerer Runde, auch vor Mannschaftsdienstgraden. Der Hauptfeldwebel lädt sie zum Essen ein. Er habe schon einen Tisch für zwei bestellt, sagt er. Und: Sie solle sich „was Hübsches“ anziehen.
Eine solche Anspielung sei für einen Vorgesetzten „unangemessen“, sagte der Staatsanwalt in der Verhandlung. Damit habe der Angeklagte sie „degradiert auf ein Objekt, das zu folgen hat“, machte er schon fast in der Rolle eines Frauenrechtlers deutlich. Für ihn stehe außer Frage, dass beide Vorfälle als „entwürdigende Behandlung“ im Sinne des Wehrstrafgesetzes zu bewerten sind.
„Darf ich Sie anfassen?“ Jeder Rekrut kennt diese Frage eines Ausbilders, auch wenn dieser nur den Kragen der Uniform eines Rekruten richten möchte. Das Berühren eines Untergebenen ist bei der Bundeswehr grundsätzlich verboten – es sei denn zu Ausbildungszwecken. Das bestätigte auch der Hauptfeldwebel, der seinen Führungsstil als nicht autoritär bezeichnete und die Richterin darüber aufklärte, dass sich da „im Zuge der modernen Menschenführung“ bei der Bundeswehr „schon etwas geändert“ habe.
Bevor der Oberfeldwebel den Fall tatsächlich meldete, vergingen einige Tage. „Ich hab mich nicht mehr wohlgefühlt,“ sagte sie als Zeugin vor Gericht. Ein klärendes Gespräch scheiterte offenbar. Der Angeklagte erklärte zwar, er habe sich fünf Tage später entschuldigt und sie dies auch akzeptiert.
Die 29-Jährige aber, vor Gericht ganz ruhig und abgeklärt, kam zu einem anderen Ergebnis: Ihr Vorgesetzter habe „nicht verstanden, worum es mir ging“. Sie habe eine ernsthafte Entschuldigung erwartet und hätte diese auch angenommen. Er aber habe das Ganze als einen Scherz betrachtet und „keinen Handlungsbedarf“ gesehen. „Das war ja normal für ihn.“
Der Inspektionsfeldwebel hatte noch versucht, zu vermitteln. Vor Gericht erklärte er, er habe den Hauptfeldwebel „weich gekocht“, damit sich dieser entschuldige. Doch das angestrebte Sechsaugengespräch mit den beiden Beteiligten hatte sie dann strikt abgelehnt.
Zeugen versuchten zu entlasten
Die 29-Jährige habe die Vorfälle nüchtern, „ganz ohne Belastungseifer“ geschildert, wertete der Staatsanwalt. Den drei als Zeugen geladenen Berufssoldaten, allesamt Feldwebel-Dienstgrade, hingegen hielt er „bestenfalls Verwässerungstendenz, bis hin zu Entlastungstendenz“ vor.
Dem Antrag des Staatsanwalts auf Verurteilung folgte die Richterin. Nicht jedoch dem Strafmaß. Fünf Monate auf Bewährung und 4000 Euro Geldstrafe hatte der Staatsanwalt gefordert. Angesichts dessen, dass die Straftat sich „am untersten Rande der denkbaren Vorgänge“ bewegt habe, plädierte der Verteidiger für eine geringe Geldstrafe.
Die Richterin suchte die Mitte und verurteilte den Berufssoldaten zu 105 Tagessätzen. Ficht er das Urteil nicht noch an, ist er vorbestraft. Der Gang zum Truppengericht steht dem verheirateten Vater so oder so noch bevor.