Die Flexible Grundschule Wartmannsroth hat einen neuen Fan. Ein gut gelaunter Regierungspräsident Paul Beinhofer machte sich bei einer Stippvisite ein Bild von jenem Schulmodell, das es in Unterfranken seit der Einführung vor zwei Jahren erst zweimal gibt. Es folgen heuer bezirksweit elf weitere Schulen. In einer dritten Einführungswelle 2013 will sich das Schulamt für den Landkreis mit weiteren Klassen um eine Flexibilisierung bewerben, so Schulrat Josef Hammerl am Rande des Besuchs.
„Das will ich gerne unterstützen“, sagte Paul Beinhofer nach seinen Eindrücken vor Ort zur weiteren Ausbreitung der Flexiblen Grundschule. Er zeigte sich begeistert von der launigen Begrüßung durch selbstbewusste Schüler in der Turnhalle mit Musik, Gesang und Schauspiel. Auch die entspannte Gruppenarbeit in den Klassen gefiel Beinhofer.
Markenzeichen der Flexiblen Grundschule ist das jahrgangsübergreifende Lernen in den Klassen eins und zwei sowie drei und vier. Die Schulanfänger können die Eingangsstufen a und b in zwei Jahren passieren, sich aber auch drei Jahre Zeit lassen oder bei besonderem Lerntalent auch nur ein Jahr. Das Frusterlebnis Durchfallen zum Auftakt der Schullaufbahn gibt es nicht mehr.
Wissenschaftliche Erkenntnisse über die Auswirkungen gibt es nicht, sagt Gustav Eirich, Bereichsleiter Schulen an der Regierung von Unterfanken. „Die Rückmeldung ist aber positiv“, weiß er von bisher 20 bayerischen Schulen.
Schulleiter Karl-Heinz Deublein ist begeistert von den offeneren Lernformen in seiner Schulfamilie mit 73 Kindern. Die Flexible Grundschule könnte zum Standard werden, wenn die Schulen freiwillig aus Überzeugung starten. Deublein berät weitere Schulen bei der Einführung.
Nach seinen ersten Erkenntnissen erhöhe sich die Quote der Schüler, die für die Eingangsstufe drei Jahre in Anspruch nehmen, auf rund acht Prozent. Vorteil dabei: Die solide Grundlage für höhere Klassen werde im gewohnten Verband gelegt. Gering bleibt jener Anteil an Schülern, der ein Schuljahr überspringt. Gefördert werden besondere Talente allemal. Wer etwa bei Zahlen eine gute Auffassungsgabe hat, kann bei den Älteren mitrechnen.
„1959 waren wir 50 Jungs in der ersten Klasse und mussten jeden Tag alle das gleiche lernen“, erinnerte sich der Regierungspräsident an fatale Wissenslücken etwa nach Krankheit. Bürgermeister Jürgen Karle hat die Volksschule Heiligkreuz von 1964 lebhaft im Gedächtnis. Acht Jahrgänge mit einem Lehrer in einem Raum, das sei Flexibilisierung der anderen Art gewesen.
Jetzt ist alles anders: „Es macht den Kindern Spaß, alles hat sich eingespielt“, so Elternbeiratsvorsitzende Renate Sapper. Anfangs habe es allerdings Bedenken auf Elternseite gegeben, gibt sie zu.
Engagiert begleiten die Lehrer das Projekt, auch wenn die Differenzierung höhere Anforderungen stellt. Ihr Appell: Schon im Studium sollten angehende Pädagogen darauf vorbereitet werden. Bislang spielt sich dies nur im Rahmen der Lehrerfortbildung ab.