Angefangen hat es 1978. Herta Hey war zum ersten Mal schwanger. "Ich konnte einfach nicht mehr sitzen", erzählt die Mutter von vier Kindern. Zunächst habe sie das als eine Beschwerde in Zusammenhang mit der Schwangerschaft gesehen, "denn danach war es wieder vorbei." Doch nur vorübergehend. Die Phasen mit Kribbeln, Zucken oder Ziehen in den Beinen "nehmen schleichend zu" und werden im Lauf der Jahre schlimmer. "Als ob Würmer oder Ameisen in den Beinen krabbeln", beschreibt die Frau ihr Empfinden.
Herta Hey kann nicht mehr mit ihrem Mann ins Kino oder Theater gehen, weil sie nicht in Ruhe sitzen bleiben kann. Sie kann nicht mehr einschlafen, obwohl sie todmüde ist. Gerade nachts bekommen ihre Beine "ein Eigenleben". Sie traut sich zunächst nicht, darüber zu reden.
Irgendwann liest sie in einer Zeitschrift einen Artikel über das Phänomen der unruhigen Beine. Die Symptome kommen ihr mehr als bekannt vor. "Das müsste es sein, habe ich mir gedacht", erinnert sich Hey. Der Hausarzt verschreibt ihr ein so genanntes L-Dopa-Präparat, das ihr aber nicht hilft. Eine Ärzte-Odyssee beginnt. Hey probiert, angefangen vom Neurologen über eine Heilpraktikerin bis hin zum autogenen Training alle Behandlungsmethoden aus. Nichts davon hat wirklich Erfolg. "Ich habe nächtelang Kerzen verziert. Das hat mich abgelenkt."
Heute hat Hey neben der medikamentösen Therapie einen Weg gefunden, mit ihrer Krankheit besser leben zu können. "Seit ich über meine Probleme sprechen kann und nichts mehr zu verheimlichen versuche, komme ich ganz gut zurecht."
Hey ist nicht alleine mit ihrem Problem. Die Deutsche Restless Legs Vereinigung schätzt die Zahl der Betroffenen in Deutschland auf etwa vier Millionen Menschen. Umgerechnet auf den Landkreis Bad Kissingen bedeutet dies, dass allein hier mehr als 5000 Menschen mit diesem Problem zu tun haben. Kein Wunder also, dass Hey im Lauf der Zeit weitere Leidensgenossen unterschiedlichen Alters kennen gelernt hat. Mittlerweile hat sie eine Selbsthilfegruppe mit sieben Männern und Frauen gegründet.
Diese war zum ersten Mal bei den diesjährigen Kissinger Gesundheitstagen mit einem Stand vertreten. "Viele haben uns angesprochen und von ihren Beschwerden erzählt." Hey möchte ein Forum bieten, "wo man sich austauschen und aus den Erfahrungen der anderen lernen kann. Denn RLS äußert sich bei jedem anders."
Dass sie in ihrer Familie und im Bekanntenkreis mittlerweile auf großes Verständnis trifft, darüber ist die Elfershausenerin sehr erleichtert. Ab und an kann sie auch wieder ins Kino oder ins Theater gehen. "Aber nur nicht irgendwo in der Mitte sitzen, wo man nicht schnell raus kommt. Das ist Horror."
Im Blickpunkt
Restless Legs (RLS)
Das Syndrom der "Unruhigen
Beine" wurde schon im Mittelalter
von einem englischen Arzt be-
schrieben. Seit 1945 ist RLS als
eigenständiges Krankheitsbild an-
erkannt. Als Ursache der Beschwer-
den gilt eine Dysfunktion des
Botenstoffs Dopamin. Die Selbst-
hilfegruppe von Herta Hey lädt
alle Interessierten am Samstag,
den 20. Mai um 15 Uhr ins Katho-
lische Gemeindezentrum in der
Hartmannstraße ein. Kontakt:
Tel. (09704) 5373. Infos im Internet
unter www.restless-legs.org