Vom friedlich gurgelnden Klingenbach zwischen brennende Häuser in London: So spannungsreich wie dieses Jahr erlebten Susanne und Stephan Gelhard ihren Wandel zwischen den Kulturen selten. Die Leiterin des ZDF–Studios in London und der Kameramann erholen sich regelmäßig im Saaletal. Beide bilden seit 2009 in Großbritannien ein flexibles Reporterteam.
Vor knapp zehn Jahren haben sie in Windheim ein Ferienhaus gebaut: „Das kleinste Haus im Ort“, schmunzelt die 53-Jährige, „kleiner als die Garage des Nachbarn“. Ihr Mann hat die in Mainz geborene ZDF-Studioleiterin auf den Geschmack des Landlebens gebracht. Der gebürtige Wiesbadener hat hier schon in der Jugend Ferien verbracht und von der Oma ein Grundstück geerbt.
Bodenständig geht es zu, wenn Gelhards für mehrere Wochen in Windheim abschalten. Auch Weihnachten wird schon mal schon gefeiert. „Ein bisschen Gaga ist das schon“, sagt Susanne Gelhard ganz ohne Starallüren. Abends noch im Heute-Journal vor Londoner Kulisse im Fernsehen und am nächsten Tag im Publikum bei einem Konzert zum Saale-Musicum in Windheim: Diesen Spagat schätzt die Familie. „Wir fühlen uns hier richtig zuhause.“
Natürlich kommt Neubürgerin Gelhard um Fragen über ihren Berufsalltag nicht herum. Doch auch umgekehrt fließen Informationen. Nicht nur Rezepte für Holundersaft oder Marmelade. Schwer mit Naturalien bepackt ist das Auto, wenn es bei Urlaubsende in neun Stunden unter dem Ärmelkanal hindurch wieder nach London geht.
Die Stadt ist mit der spannendste Standort, den das ZDF zu bieten hat: Drehscheibe der Finanzwelt, Sitz der Royals und des Commonwealth. Da muss die Journalistin in geselliger Runde schon mal aus dem Nähkästchen plaudern. Etwa über Spielregeln der Hofberichterstatttung. „Fragen an die Queen sind nicht erlaubt“, weiß Gelhard. Wer sich nicht an die Etikette hält, ist schnell weg vom Fenster. Damit hat die Naturliebhaberin kein Problem: Ihr Team ist eines der wenigen, die für den königlichen Tross akkreditiert sind und heuer mit nach Asien reiste.
Das Windheimer Kontrastprogramm vergeht wie im Flug. „Wem hier nichts einfällt, der ist fantasielos“, beschreibt Susanne Gelhard das Freizeitangebot. Die Familie fährt Mountainbike und wandert. Geschätzt ist auch ein Bad in der Saale oder ein Kinobesuch mit der Vespa in Bad Kissingen. Kissinger Sommer, Scherenburgfestspiele, gutes Essen und Trinken auch in den Weingütern der Mainschleife, da gibt es keine Langeweile. „Zum Erholen braucht es keine große Ideologie“, findet Susanne Gelhard. Und dann sind da ja noch die Arbeiten um Haus und Hof. Dafür besitzt die Familie eine Ape, ein italienisches Roller-Dreirad. Aber: „Es fehlt was für junge Leute“, bemängelt die weitgereiste Journalistin. Die weiten Wege im Nachtleben findet die Mutter ähnlich risikobehaftet wie das Großstadtleben. Ihre Kinder Katja (23) und Fabian (21) kommen nur noch selten mit nach Unterfranken. Sohn Tobias (18) machte heuer in einer Ferienfahrschule den Führerschein.
Wer glaubt, dass Fernsehjournalisten Urlaub von der Glotze machen, der irrt: „Wir sind Nachrichtenversessen.“ Die Nachricht vom sterbenden Papst Johannes Paul II. 2005 erreichte Gelhard als Leiterin des Landesstudios Berlin und vormals Leiterin des Studios in Polen via Heute-Journal auf dem Sofa in Windheim. Spontan fuhr sie los, um Stimmen von Trauernden in Kattowitz einzufangen. Dieses Jahr unterbrach sie ihren Urlaub kurz wegen der Murdoch-Abhöraffäre in London.
Bei aller Weltläufigkeit bleibt das Klingenbachtal ein geschätztes Rückzugsgebiet. „Heimat ist schön, aber es braucht ja auch jemanden, der sie macht“, lässt Susanne Gelhard Dankbarkeit für die Menschen ihres Windheimer Idylls durchblicken.